Faszination der Ewigkeit
Kötzschau/MZ. - Der 58-Jährige hat die außergewöhnliche Profession in der DDR richtig erlernt. "Es gab damals in den 60er Jahren in Leipzig die Lehr- und Lernmittelwerkstätten von Rudolf Müller, die auch ausbildeten. Das war ein privater Betrieb, der für den Schulunterricht alle Präparate herstellte, die benötigt wurden: Tier-Skelette, Anschauungsmittel zum Betrachten unter dem Mikroskop, ausgestopfte Vierbeiner, Flüssigkeitspräparate von Tieren in verschiedenen Entwicklungsstadien und dergleichen mehr. 1973 wurde daraus ein VEB. Der hieß Biologische Lehrmittelwerkstätten, doch heute gibt es ihn längst nicht mehr." Zwei Jahre von 1965 bis 1967 lernte Kunz alles, was man braucht, um Tiere jeglicher Art so naturgetreu wie möglich zu verewigen. Neben umfangreichen Anatomie-Kenntnissen sind in dem Job vor allem Fingerspitzengefühl und Modellier-Können gefragt, betont er. Wurden früher Holzwolle, Moos und Ton verwendet, um die jeweiligen Körperformen nachzubilden, so sind es heute Schaumstoff und Plaste.
Doch wie kommt man auf solch einen außergewöhnlichen Beruf? "Der Grund dafür ist eigentlich unser ehemaliger Biologe-Lehrer Joachim Sadlek hier in Kötzschau", erinnert sich der passionierte Hundefreund. "Der hat uns damals als
Kinder immer wieder mit hinaus in den Wald und aufs Feld genommen, hat unter anderem Vögel beringt und immer wieder alles erklärt. Da haben wir dann ab der 5. Klasse in einer Arbeitsgemeinschaft mitgemacht. Seither hat mich die Faszination für die Natur nicht mehr losgelassen."
War es früher auch schon mal das Theater, das bei Kunz anfragte, weil es ein ausgestopftes Huhn für eine Aufführung brauchte, so sind es heute ausschließlich Privatpersonen wie Angler, Naturfreunde oder Jäger, die eine Trophäe für daheim anfertigen lassen. So wartet derzeit ein Riesenfisch, der in Norwegen geangelt wurde, ein Papagei, der an Altersschwäche starb und ein Reh auf ihre künftige Besitzer. Das größte Tier, dass Kunz in Originalgröße wieder auferstehen ließ war, übrigens eine Kuh. "Das schwierigste sind immer die Augen. Sie sind aus Glas und entscheidend dafür, ob ein Tier lebensecht aussieht oder nicht."
Auch der Sohn von Herbert Kunz hat inzwischen Interesse für das Metier. Der gelernte Autoschlosser schaut dem Vater bei der Arbeit auch mal über die Schulter, doch als selbständigen Beruf, wie ihn der Vater seit 1977 ausübt, will er den Job doch nicht übernehmen.