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Durchblick aus Tradition Durchblick aus Tradition: Merseburger Optiker ist seit 90 Jahren in Familienhand

Von Robert Briest 14.12.2019, 15:00
Die zweite und die dritte Generation: der 80-jährige Heiko und sein Sohn Henryk Weber.
Die zweite und die dritte Generation: der 80-jährige Heiko und sein Sohn Henryk Weber. Katrin Sieler

Merseburg - Die goldene 90 klebt schon am Schaufenster des Ladens an der Merseburger Hölle. Dazu zwei Jahreszahlen 1929 und 2019. 1929 gründete Herrmann Weber in der Domstadt ein Optikergeschäft. Sein Foto steht unter der 90 auf dem Fensterbrett. Wieso es den 1902 geborenen Jenaer, der ursprünglich Physik studiert hatte, damals nach Merseburg verschlug, wissen seine Nachfahren nicht genau. Sein damals gegründetes Optikergeschäft führen sie aber immer noch.

Optiker Familie aus Merseburg: „Es habe sich aber so ergeben"

Mittlerweile ist sein Enkel Henryk Weber am Ruder. Dessen Vater Heiko hilft noch gelegentlich im Verkauf aus, wenn sein Sohn mal während der Öffnungszeiten weg muss. Er ist am Wochenende 80 Jahre alt geworden. Vor 53 Jahren hat er seinen Meister gemacht, nach der Lehre im Laden des Vaters und beim Obermeister in Halle. Auch seine Frau ist Optikermeisterin.

„Der Weg war für mich vorgezeichnet“, sagt Weber senior. Sein Sohn Heiko habe dagegen die Wahl gehabt, was er macht: „Ich habe ihn nicht gezwungen.“ Das bestätigt auch der mittlerweile 52-Jährige: Es habe sich aber so ergeben. Seine Schwester habe einen anderen Berufsweg eingeschlagen.

Seit 90 Jahren im Geschäft: Anlass für einen Rückblick auf das Handwerk

Das Jubiläum ist für die beiden Optiker Anlass für einen Blick zurück auf die eigene Firmengeschichte, aber auch auf ein sich wandelndes Handwerk: „Die Arbeit ist heute kaum noch mit der vor 50 Jahren zu vergleichen“, berichtet Heiko Weber. „Wir haben anfangs noch jedes Brillenglas von Hand geschliffen. Manche Gläser waren da ganz schön dick. Es gab ja noch kein Kunststoff.“

Heute seien fast 90 Prozent der verkauften Brillen aus Kunststoff, erklärt Weber junior. „Das Hauptargument ist das Gewicht.“ Durch die Härtung seien die Kunststoffgläser auch nicht mehr kratzeranfällig. Deswegen rät auch der Optiker zu Kunststoff: „Außer für jemanden, der eine richtig harte Arbeit mit viel Dreck hat. Da ist Glas besser.“

Internet und Onlineangebote machen dem Optiker zu schaffen

Heute werden die Rohlinge von einem Automaten in Form geschliffen: „Da hält man nur noch die leere Fassung hin. Und der tastet die dann ab“, erklärt Heiko Weber. Sein Sohn holt beim Stichwort Fassung ein Fotoalbum und zeigt einen Container. In dem war das Geschäft während des Umzugs von der Bahnhofstraße an die Hölle in den 90er Jahren untergebracht. „Da hatten wir mal einen Einbruch, bei dem alle Fassungen von der Wand gestohlen wurden, bis auf eine. Der Schaden belief sich auf 50.000 Mark.“

Heute machen dem Optiker weniger Kriminelle zu schaffen als das Internet: „Das macht sich bei uns ganz deutlich bemerkbar. Die ganz Schlauen suchen sich hier eine Fassung aus und bestellen dann im Netz.“ Auch das Reparaturgeschäft spiele heute nur noch eine kleine Rolle. So ist Henryk Weber abgesehen von den Aushilfen durch seinen Vater allein im Geschäft. Eine vierte Generation Weber Optik wird es wohl ohnehin nicht geben. Seine Kinder seien in andere Richtungen gegangen, berichtet der Meister. (mz)