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Es brodelt, zischt und blinkt Das können Merseburger auf dem Forscherboot „Make Science Halle“ entdecken

Auf den ersten Blick ist die „Make Science Halle“ ein ganz normales Ausflugsschiff. Doch unter Deck wartet die Zukunft auf neugierige Entdecker.

Von Jakob Milzner 29.09.2021, 16:30
Merseburg in Sicht: Lisa Chmarra, Ilka Bickmann und Thomas Martin (v.l.) wollen Menschen für wissenschaftliche Themen begeistern.
Merseburg in Sicht: Lisa Chmarra, Ilka Bickmann und Thomas Martin (v.l.) wollen Menschen für wissenschaftliche Themen begeistern. Foto: Jakob Milzner

Merseburg/MZ - Ganz frisch ist der Anstrich des Kahns nicht mehr, der aktuell am Schiffsanleger unterm Merseburger Schloss in Sichtweite der Neumarktbrücke festgemacht hat. Auf dem Deck ist die Farbe an einigen Stellen abgeblättert, hier und da fressen sich Rostflecken ins Metall. Dennoch wäre die Bezeichnung „Seelenverkäufer“ sicherlich zu heftig. Ein ganz normales Ausflugsschiff für Kaffeefahrten eben. Aber nur auf den ersten Blick.

Forschungsschiff direkt aus einem Roman von Jules Verne

Denn unter Deck brodelt es, zischt und blinkt. So vollgestopft ist der längliche Raum mit wissenschaftlichen Experimenten und Apparaturen, die direkt aus einem Roman von Jules Verne zu stammen scheinen, dass sich die überforderte Wahrnehmung sogleich auf den ersten vertrauten Sinneseindruck stürzt. Ja, es lässt sich nicht leugnen – dort unten riecht es eindeutig nach Popcorn.

Und tatsächlich: Gerade hat eine der anwesenden Wissenschaftlerinnen zu einer Erklärung ihres Versuchaufbaus angesetzt, da poppt es aus der Ecke nur so los. Glücklicherweise steht Thomas Martin, Professor für Verfahrenstechnik an der Hochschule Merseburg, sogleich für eine Erläuterung parat. Sein Popcorn, so erklärt er, solle zeigen, dass „Verfahrenstechnik gut schmeckt“.

Popcorn aus dem Reaktor

Denn nur auf den ersten Blick handelt es sich bei Martins Gerät um eine handelsübliche Popcornmaschine. Tatsächlich sei dies ein kleiner Wirbelschichtreaktor, berichtet der Wissenschaftler. Darin werde die Temperatur der Maiskörner durch einen heißen Luftstrom so weit gesteigert, bis sich das enthaltene Wasser ausdehne und die Körner zum Platzen bringe. Noch ein wenig Zucker oder Salz – fertig ist der Kinosnack.

Martins Popcornmaschine ist nur eine von mehreren Stationen, mit denen die Besatzung der MS Halle das Interesse eines breiten Publikums für die Forschung wecken möchte. Eine weitere Ecke ist dem Projekt „Feminin quer durchs Land“ gewidmet, das Schülerinnen für die sogenannten Mint-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, begeistern soll.

Wissenschaft muss der Öffentlichkeit näher gebacht werden

Denn in diesen Bereichen sind junge Frauen immer noch die Ausnahme. Das möchte Lisa Juhász von der Hochschule Merseburg ändern. Daher hat die Projektkoordinatorin unter anderem einen Workshop veranstaltet, um mit Mädchen kleine CO2-Ampeln zu bauen, die nun an Bord zu sehen sind. In Coronazeiten ein Projekt mit direktem Mehrwert.

Dass die Ampeln auch funktionieren, wird deutlich, als das Ausstellungsstück unvermittelt von Grün auf Gelb springt. Durchaus plausibel, denn unter Deck befinden sich knapp zehn Personen: Neben der Besatzung der MS Halle sind auch Hochschulrektor Jörg Kirbs und Oberbürgermeister Jens Bühligen anwesend. Die lassen keinen Zweifel, dass sie für die Route des Schiffes brennen. Für ihn wäre es eine Freude, wenn so viele Interessierte wie möglich an Bord kämen, sagt Bühligen. Man müsse die Wissenschaft der Öffentlichkeit näher bringen, findet auch Kirbs.

Tag der offenen Bordtür: MS Halle liegt in Merseburg an

Dass die MS Halle selbst ebenfalls ein Forschungsprojekt ist, wissen Crewmitglieder Lisa Chmarra und Ilka Bickmann. Denn das 1976 auf Kiel gelegte Ausflugsschiff soll die längste Zeit mit Diesel gefahren sein: Sie wolle aus der MS Halle das weltweit erste klimaneutral umgerüstete Schiff machen, erzählt Bickmann. Zukünftig solle dieses dann mit grünem Wasserstoff durchs grüne Saalewasser pflügen. „Das ist ein großer Plan“, weiß die Crewleiterin.

Doch sie befinde sich bereits in Absprache mit Organisationen, die bei der Umsetzung helfen könnten. Dazu gehörten auch die Hochschulen entlang der Saale, die an dem Forschungsschiff beteiligt sind. Noch bis Freitag, 1. Oktober, wird die MS Halle in Merseburg liegen, dann soll es weitergehen in Richtung Magdeburg, „wenn der Wasserstand es zulässt“, ergänzt Ilka Bickmann. Vorher haben interessierte Merseburgerinnen und Merseburger noch die Möglichkeit, sich vor Ort ein Bild von dem schwimmenden Labor zu machen: Und zwar am „Tag der offenen Bordtür“ am Donnerstag, 30. September, von 16 bis 19 Uhr.