Cyber-Kriminalität Cyber-Kriminalität: Klinikum Merseburg schützt sich gegen Hacker-Angriffe

Merseburg - Nach diversen Hacker-Angriffen auf die Computersysteme von Krankenhäusern in Deutschland sieht sich das Carl-von-Basedow-Klinikum für etwaige Attacken gerüstet. „Wir haben einen Proxy-Server im Einsatz. Das heißt: Jede Form von Kommunikation führt über diese Zwischenstelle. Einen direkten Kontakt mit dem Internet gibt es nicht“, sagt Detlev Scholz, Leiter der IT-Abteilung im Klinikum. Der Server prüft ein- und ausgehende Mails aber auch Suchanfragen, die Angestellte des Krankenhauses im Internet stellen. Verdächtige Mails etwa werden so durch zwei nachgeschaltete Virenscanner herausgefiltert. „Und sollte doch mal eine Mail mit unklarem Inhalt durchkommen, haben wir die Mitarbeiter angewiesen, diese Post zu löschen“, sagt Scholz. Erst vor acht Wochen habe es dazu eine neue Einweisung gegeben.
Cyber-Attacken auf Krankenhäuser in NRW
Ein erhöhtes Gefährdungsrisiko für das Klinikum sieht er aktuell allerdings nicht. „Wir sind uns in der Branche einig, dass verseuchte Mails nicht gezielt an Krankenhäuser verschickt werden. Vielmehr werden diese Viren nach dem Gießkannenprinzip verteilt. Und da erwischt es eben auch mal die eine oder andere Klinik“, meint Scholz. Das Landeskriminalamt bestätigt diese Auffassung. „Aufgrund der vorhandenen Sicherheitsarchitektur in den Kliniken gab es in Sachsen-Anhalt nicht diese verheerenden Auswirkungen wie in Nordrhein-Westfalen“, sagt LKA-Sprecher Andreas von Koß. Dennoch sei das LKA mit weiterführenden Ermittlungen zu den Vorfällen in Sachsen-Anhalt, zuletzt war Quedlinburg betroffen, beauftragt worden. Diese werden im Cybercrime Competence Center des Landeskriminalamts geführt.
Es geht auch ohne Computer
Derweil beruhigt Scholz jene Gemüter, die die medizinische Versorgung am Tropf der Computer sehen. „Unser Klinikbetrieb würde auch ohne Computer funktionieren. Hier müsste keine Operation abgesagt werden“, sagt der IT-Experte. Bei der medizinischen Versorgung im Krankenhaus, auch auf der Intensivstation, würden Computer bei Behandlungen beispielsweise zur Dokumentation und Überwachung eingesetzt, aber nie eine aktive Rolle übernehmen.
Einen Nachteil hat das verschärfte Sicherheitskonzept freilich auch: Mitunter dauert es lange, eher der Proxy-Server unbedenklichen Mails die Freigabe erteilt. Das ist ärgerlich für Ärzte, die auf wichtige Informationen warten, im Sinne des Eigenschutzes aber ein notwendiges Übel, sagt Scholz.
Übersetzer App erleichtert Diagnose bei kranken Flüchtlingen
Unterdessen nutzt das Klinikum die moderne Technik, um Erstgespräche mit ausländischen Patienten verbessern zu können. Dafür erhalten die beiden Notaufnahmen an den Standorten in Merseburg und Querfurt jeweils Tablet-PC, auf denen eine Übersetzer-App installiert ist. Die App benötigt einen Internetzugang - der über das hausinterne Wlan-Netz möglich ist - und kann dann Texte und Anfragen in 100 Sprachen übersetzen. „Für unsere Mitarbeiter in den Notaufnahmen ist das eine große Hilfe. Auch wenn das Programm hier und da mal nicht korrekt übersetzt, ist es dennoch eine wertvolle Unterstützung“, sagt Klinikums-Sprecherin Bettina Lebek. Die App funktioniert sowohl sprachbezogen als auch über die Texteingabe, kann also auch von Analphabeten genutzt werden. (mz)