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Crystal Meth Drogenring Crystal Meth Drogenring: Lief millionenschwerer Drogendeal über Chemiepark Leuna?

Von Tilo Krippendorf Und Dirk Skrzypczak 10.03.2015, 20:52
2,9 Tonnen Chlorephedrin wurden im November sichergestellt.
2,9 Tonnen Chlorephedrin wurden im November sichergestellt. BKA Lizenz

Leuna - Eine unscheinbare Lagerhalle im Chemiepark Leuna war offensichtlich monatelang Ausgangspunkt für ein millionenschweres Drogengeschäft. Hier soll ein Leipziger Chemie- und Pharmahändler im Jahr 2014 zwischenzeitlich über vier Tonnen Chlorephedrin gelagert haben. Darüber hatte „Spiegel TV“ am Sonntag berichtet. Aus der Chemikalie lässt sich in relativ einfachen Arbeitsschritten die Droge Crystal Meth herstellen, sonst wird die Substanz zu Forschungszwecken verwendet.

Mit der Menge Chlorephedrin hätten theoretisch über drei Tonnen der Droge hergestellt werden können, Straßenverkaufswert: 260 Millionen Euro. Im November des vergangenen Jahres war dem Bundeskriminalamt (BKA) ein großer Schlag gegen den internationalen Rauschgifthandel gelungen. Der Geschäftsmann aus Leipzig sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Dubiose Geschäfte hinter seriöser Fassade

Nach MZ-Informationen hatte der Hauptbeschuldigte im Februar 2014 die Lagerhalle mit einer Fläche von 300 Quadratmetern auf dem Chemiestandort angemietet. Seine mutmaßlichen dubiosen Geschäfte verschleierte er hinter einer seriösen Fassade. Mitarbeiter anderer Firmen, die in Leuna ansässig sind, beschreiben den 32-Jährigen als zuvorkommend. Verdacht schöpfte niemand. Dass an einem Chemiestandort auch Chemieprodukte gelagert werden, liegt in der Natur der Dinge. Im November wurde dem Sachsen dann allerdings fristlos der Vertrag gekündigt. Er soll drei Monate mit der Miete im Rückstand gewesen sein. Um die Abwicklung konnte sich der Leipziger übrigens nicht mehr selbst kümmern: Er saß zu diesem Zeitpunkt schon in Untersuchungshaft. Bei der Beräumung der Lagerhalle wurden indes keine Produkte gefunden, die sich zur Herstellung von Drogen eignen, konnte die MZ erfahren.

Den bisher größten Crystal-Fund in Deutschland machen im Februar 2013 Zollbeamte am Münchner Flughafen. Sie beschlagnahmen 19,2 Kilogramm der Droge. Die gefundene Menge Crystal entspricht laut Zoll rund 800 000 Konsumeinheiten.

330 Kilogramm Heroin stellen Fahnder im September 2014 in Essen sicher - versteckt in einem Lastwagen hinter Gurken und Knoblauch aus dem Iran. Es ist die größte Einzelmenge Heroin, die in den letzten Jahrzehnten in Deutschland beschlagnahmt wurde. Am deutsch-polnischen Grenzübergang Frankfurt/Oder spüren im Jahr 1999 Drogenhunde 316 Kilo des Rauschgiftes im doppelten Boden eines türkischen Lastwagens auf.

Eine Rekordmenge von 1,3 Tonnen Kokain entdecken Drogenfahnder im April 2010 im Hamburger Hafen. Das Rauschgift ist in einer Ladung Holzbriketts aus Paraguay versteckt und hat einen Wert von 40 Millionen Euro.

2,9 Tonnen Chlorephedrin stellten Spezialkräfte der Polizei aber bei einer Razzia im Leipziger Norden sicher. „Für das Bundeskriminalamt ist dieser Fall die größte Sicherstellung seit unseren Aufzeichnungen“, so BKA-Sprecherin Jennifer Kailing. Bei der Durchsuchung von 19 Wohnungen und Geschäften nahm das BKA im November insgesamt acht Personen fest, darunter auch den Pharmahändler.

Lesen Sie auf Seite 2, wie der Hauptangeklagte versuchte, den Drogenhandel zu vertuschen.

Spur führt von der Schweiz nach Leuna

Er ist der Hauptangeklagte und hatte das Chlorephedrin offensichtlich in der Schweiz produzieren und anfangs nach Leuna liefern lassen. Die Menge des Drogen-Grundstoffs führte die BKA-Ermittler schließlich auf die Spur des Drogenrings. Erste Nachfragen zur Verwendung der eigentlich legalen Chemikalie soll der 32-Jährige mit harmlosen Vorhaben begründet haben. Später legte er offensichtlich manipulierte Belege vor, die eine Verbrennung des Stoffs beweisen sollten. Doch in der Müllverbrennungsanlage landete stattdessen wohl nur Streusalz. Das Chlorephedrin sei hingegen in großen Säcken in die Tschechische Republik gebracht worden. Dort wurde daraus in illegalen Laboren Crystal Meth hergestellt, zum Teil landete die Droge dann wiederum in Leipzig und so bei den Konsumenten in Mitteldeutschland.

Der Pharmahändler wartet wie die sieben anderen Verdächtigen in Untersuchungshaft auf seinen Prozess. Wann es zur Anklage kommt, ist noch offen. „Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Das liegt vor allem an der sehr komplexen Sachlage des Falles“, sagte Ricardo Schulz, leitender Ankläger der Leipziger Staatsanwaltschaft. (mz)