Chorgemeinschaft «Harmonie» Chorgemeinschaft «Harmonie»: Singendes Urgestein
Günthersdorf/MZ. - 82 Jahre und noch kein Ton leiser. Wenn jemand die Chorgemeinschaft Günthersdorf verkörpert, dann wahrscheinlich Anneliese Schmidt. Von Anfang an ist die Seniorin nun schon am Freitag mit einem großen Auftritt immerhin schon seinen 65. Jahrestag.
"Ich singe immer weiter, denn singen ist etwas richtig Schönes", sagt Schmidt. Das sagten sich wahrscheinlich auch damals, im Jahr 1947, die Begründer des Chores, die praktisch aus dem gesamten Dorf kamen.
Die Menschen litten in der Nachkriegszeit. Grund zum Lachen gab es kaum. Ausgerechnet bei einem Umtrunk nach einer Beerdigung schworen sich 39 Männer aus dem Ort darauf ein, dass Singen Abhilfe schaffen und die Tristesse wenigstens für ein oder zwei Lieder vergessen lassen könnte.
Und so wurde der Verein unter dem Vorsitz des Bürgermeisters und örtlichen Friseurs zum Leben erweckt.
Bis heute treffen sich die Mitglieder einmal in der Woche zur gemeinsamen Probe - allerdings mit verkehrten Verhältnissen: 1947 noch als reiner Männerchor gegründet, sind heute die Frauen in der Überzahl. Nur noch drei männliche Singer sind in dem Chor zu finden.
Doch dem Chor mangelt es nicht nur an Männerstimmen. Wie bei vielen Vereinen ist der Nachwuchs knapp. "Das ist schade", sagt Dieter Gansel. "Wenn man bedenkt, dass es früher mal 80 Sänger gab - also in jedem Haus im Dorf ein Vereinsmitglied." Dabei ist der Chor auch über die Landesgrenze hinaus bekannt. Regelmäßig kommen zwei junge Sängerinnen extra aus Leipzig zu den Proben.
Jung und streng noch dazu ist hingegen der musikalische Leiter der Gruppe, Daniel Jakumeit. Als studierter Musiklehrer hört der 37-Jährige jeden falschen Ton, kann aber auch hilfreiche Tipps geben. "Es macht viel Spaß mit ihm", sagt Schmidt. Auch wenn er ständig versucht, seinen Sängern das Sächseln auszutreiben.
Eine Antwort auf das Nachwuchsproblem hat auch Jakumeit nicht. "Ich denke, es gibt zu wenige volkstümliche Chöre, die junge Leute heranführen", sagt er. Außerdem würden viele Jugendliche lieber englische Lieder singen.
Auch deshalb hat sich der Chor jetzt zum ersten Mal an einen englischen Gospel gewagt. Ältere Mitglieder waren davon zunächst wenig begeistert, bereitete ihnen die Aussprache der unbekannten Wörter doch viele Probleme. So auch im Fall von Urgestein Anneliese Schmidt. Die 82-Jährige spricht zwar kein Wort Englisch, kann es aber singen. Grund ist die phonetische Übersetzung, die ihr die Kollegen handschriftlich auf das Notenblatt geschrieben haben. Schmidt wird dabei wohl auch an Josef Geritzen denken. Da es in der Nachkriegszeit kaum Notenmaterial gab, musste alles handschriftlich kopiert werden. Dorflehrer Geritzen überließ dies seinen Schülern - in der Schönschreibstunde.