Braunsbedra Braunsbedra: Pfarrer-Ehepaar verlässt nach zwölf Jahren das Geiseltal
BRAUNSBEDRA/MZ. - Zig Kartons warten darauf, gepackt zu werden. In einem Monat steht der Möbelwagen vor der Tür. Familie Zeller stellt sich neuen Herausforderungen. Von Braunsbedra aus geht es in Richtung Erfurt. Der Abschied fällt nicht leicht. Fast zwölf Jahre hat das Ehepaar hier gelebt und gearbeitet: Bernhard Zeller als Braunsbedraer Pfarrer, seine Frau Almuth als Schulpfarrerin.
Von Umzugsstress ist aber (noch) nichts zu spüren. Pfeifend öffnet der 44-Jährige die Tür, lädt zum Tee in die Küche ein. Man merkt, dass er sich auf neue Aufgaben freut. Vor gut einem Jahr bewarb er sich auf eine Stellenausschreibung des evangelischen Kirchspiels Martini-Luther in Erfurt, lernte dann die Gemeinde kennen, hielt einen Vorstellungsgottesdienst. Seit Ende der Sommerferien weiß die Familie, dass sie in Thüringen willkommen ist.
"Ich sehe das als Chance", sagt Bernhard Zeller. Er werde nicht mehr für eine Landpfarrstelle mit zwölf Kirchen verantwortlich sein, sondern für mehr als doppelt so viele Gemeindemitglieder wie jetzt eben in einer Landeshauptstadt. Einer Stadt zudem, die der Theologe sehr gut kennt. Während einer einjährigen Unterbrechung seines Studiums ("Da fehlte die Motivation.") lebte Bernhard Zeller in Erfurt und baute Schreibmaschinen.
Auch seine Frau Almuth ist als gebürtige Berlinerin eigentlich eine Großstadtpflanze und erlebte beim Umzug ins Geiseltal im Sommer 2000 einen Kulturschock. Jetzt, gesteht die 45-Jährige, geht sie mit zwiespältigen Gefühlen. Das liege einerseits an den Menschen hier, an den vielen Freunden, die man gewonnen habe, erzählt sie. Außerdem liebe sie ihre Aufgabe als Schulpfarrerin. "Das ist mein Ding." Und momentan sei noch unklar, wie es für sie im neuen Zuhause weitergehe.
Beiden ist natürlich besonders wichtig, dass sich Sohn Richard-Salomon auch schnell einlebt. Am Anfang hätten ihm die Pläne seiner Eltern gar nicht gefallen, gibt der Siebtklässler zu. "Jetzt finde ich das alles ganz spannend." Dann zeigt er einen Brief. Seine künftigen Mitschüler eines Erfurter Gymnasiums haben ihm jüngst so zum Geburtstag gratuliert. Alle unterschrieben, manche zeichneten sogar. So ganz fremd wird er ihnen also am ersten Schultag nach den Winterferien nicht sein.
Für Hannah-Sophie, die große Tochter, ist alles ein bisschen einfacher. Sie ist längst aus dem Haus, wohnt in Halle, studiert Theologie und wandelt nicht nur dabei auf den Spuren ihres Papas. Dank ihr und ihrem Freund Florian, der Kirchenmusik studiert, wird es beim von Bernhard Zeller gegründeten und in der ganzen Region berühmten Braunsbedraer Gospelchor "Liquid Voices" weitergehen. Die jungen Leute übernehmen die Leitung des Ensembles.
Ein Nachfolger für die Pfarrstelle ist freilich noch nicht gefunden. Noch laufe die Ausschreibung, ist zu hören. Dass der "Neue" in ein renoviertes und modernisiertes Braunsbedraer Pfarrhaus einziehen wird - die Bauarbeiten sollen demnächst beginnen - macht die Stelle bestimmt attraktiver. Aber was das Gemeindeleben betrifft, da macht sich der 44-Jährige weniger Sorgen. "Die Gemeinden sind gut aufgestellt. Wir haben fitte und engagierte Gemeindekirchenräte."
Noch aber geht für ihn der gewohnte Alltag weiter, die Arbeit mit den Konfirmanden, die Vorbereitung der Gottesdienste. Die Kartons werden nebenbei gepackt.