Bad Dürrenberg Bad Dürrenberg: Eingespieltes Team in der Kurpark-Gaststätte

Bad DürrENBERG/MZ - Manchmal müssen sie Hände und Füße einsetzen, um sich zu verstehen. Funktioniert das nicht, verständigen sich Astrid Hofmann und ihre Kollegen schriftlich, nur mit einzelnen Worten oder knappen Sätzen. Das bekommen die Besucher gar nicht mit. Meist jedoch flutscht die Kommunikation problemlos, auch wenn die 43-Jährige taubstumm ist. In der Kurpark-Gaststätte Bad Dürrenberg steht sie am Tresen. Sie macht Kuchen, Eis und Getränke für die Gäste anhand der Bestellzettel fertig, trocknet das Besteck ab, poliert die Gläser, füllt die Getränkefächer nach. Managt alles in Eigenregie. Das Klingeln der Küche hört sie allerdings nicht, worauf sich ihre Kollegen schon eingestellt haben. Sie sind ein eingespieltes Team. Die gelernte Bekleidungsfacharbeiterin, die lange Zeit ohne Job war, arbeitet seit fünf Jahren in der Gaststätte, und sie ist glücklich darüber. Die Arbeit macht ihr sehr viel Spaß. Wenn sehr viel los ist, ist es zwar etwas anstrengend. Aber was wäre denn eine Gaststätte ohne Gäste?
Astrid Hoffmann ist eine der insgesamt 18 Mitarbeiter - elf davon sind behindert - der Kurpark-Gaststätte. Die Veranstaltungs- und Dienstleistungszentrum Bad Dürrenberg gGmbH, eine 100-prozentige Tochter des Bildungszentrums für Land-und Hauswirtschaft Bad Dürrenberg, hat die gastronomische Einrichtung für 1,3 Millionen Euro gekauft, umgebaut und betreibt diese jetzt. Die aufwendige Rekonstruktion und Sanierung begann 2007 und wurde 2008 abgeschlossen. Die „Aktion Mensch“ hat für das Vorhaben einen Baukostenzuschuss von 200 000 Euro und einen Lohnkostenzuschuss von 50 000 Euro gewährt, sagt Udo Kanzler, Geschäftsführer beider Einrichtungen. Ein weiterer Partner war das Integrationsamt, es unterstützte mit Mitteln der Ausgleichsabgabe.
„Dennoch haben uns die Kosten fast erschlagen. Und viele waren damals der Meinung, dass wir fünf Jahre nicht überleben werden“, erinnert sich Kanzler. Nun wird die Gaststätte zum diesjährigen 250. Brunnenfest ihren fünften Geburtstag feiern. „Wir sind auf einem guten Weg. Die Gaststätte hat eine positive Umsatzentwicklung genommen, ohne den Saal hätten wir allerdings nicht überleben können. Die Zahl der Gäste ist gestiegen“, unterstreicht Kanzler nicht ohne Stolz. Für ihn ist die Gaststätte ein gutes Beispiel für „gelebte Inklusion“, die derzeit in aller Munde ist.
Die Kurpark-Gaststätte Bad Dürrenberg verfügt über ein Restaurant (65 Plätze), einen Caféraum, ein Vereinszimmer (25 Plätze), einen Saal (50 Plätze) und einen Außenbereich. Den Besuchern wird regionale Küche geboten. Die Backwaren kommen aus der Backstube des Veranstaltungs- und Dienstleistungszentrums.
Regelmäßig finden Kabarett, Theater- oder Tanzabende statt. So steht für Samstag, 8. März, ein Kabarettabend mit den Kiebitzensteinern auf dem Programm. Beginn ist um 19 Uhr.
Mario Vargas Llosas „Der Hauptmann und sein Frauenbataillon“ wird am 22. März geboten. Es liest an diesem Abend Heidrun von Strauch von der Schillerbühne Halle. Beginn ist um 19 Uhr.
Unter Inklusion ist laut Behindertenrechtskonvention der Europäischen Union, die im März 2009 ratifiziert wurde, zu verstehen, dass sich behinderte Menschen nicht nach den Bedürfnissen der Gesellschaft zu richten haben, sondern die Gesellschaft sich mit ihren Strukturen behinderten Menschen anpassen muss; und zwar von Anfang an und sie nicht erst ausgrenzen. Für die barrierefreie Gaststätte heißt das konkret, dass hier behinderte und nichtbehinderte Menschen gleichberechtigt zusammen arbeiten. „Das war von Anfang an so geplant und das funktioniert bestens“, schätzt Kanzler ein.
Das bestätigt auch Restaurantfachfrau Claudia Schkölziger. Die 32-Jährige ist seit 2012 angestellt und hat sich ganz bewusst für die Kurparkgasstätte entschieden. Um hier arbeiten zu können, muss sie innerhalb von fünf Jahren eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation absolvieren. Dieser Abschluss wird für die Ausbildung von behinderten Lehrlingen benötigt. Für Claudia Schkölziger ist das eine Herausforderung und kein lästiges Übel. „Wir kommen hier gut miteinander klar“, unterstreicht die junge Frau. Halt wie in jeder anderen Gaststätte auch.
Sehr zufrieden ist auch Ronald Fischer. Der Koch, der aufgrund eines Herzinfarkts schwerbehindert ist, ist zuständig für Gemüse, Kartoffeln und Klöße. Manchmal keine leichte Arbeit. „Ich mache das, was ich kann“, erzählt der 58-Jährige. „Bei uns wird jeder nach seinen Fähigkeiten eingesetzt. Die Aufgaben werden so verteilt, dass sie zu bewältigen sind“, unterstreicht Daniel Thiele, gastronomischer Leiter des Veranstaltungs- und Dienstleistungszentrums. Gearbeitet wird in Schichten. Unterschiede beim Lohn zwischen behinderten und nichtbehinderten Kollegen gibt es nicht.
Während sich nun die Kurpark-Gaststätte auf ihren 5. Geburtstag vorbereitet, ist der Umbau des ehemaligen Internats des Bildungszentrums zum Sport- und Freizeithotel in Balditz in vollem Gange. Auch dort werden nach der Fertigstellung u.a. sechs behinderte Menschen arbeiten.

