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Arbeitsmarkt Arbeitsmarkt: «Ich war sauer und fühlte mich verhöhnt»

Von Petra Wozny 18.09.2002, 13:58

Merseburg/MZ. - Heike Bryx ist eine glückliche 23-jährige Frau. Ihren Beruf übt sie gern aus. Schon als Kind hat sie die ganze Familie genervt, einmal Frisörin werden zu wollen. Haare frisieren läge bei ihr in der Familie. Die Oma tat es und die Mutter macht es noch immer. Die Krumpaerin hat gut lachen. Doch eine nervige, frustrierende Zeit liegt hinter ihr.

Bis vor wenigen Tagen noch stand für sie alles auf der Kippe. "Unser Frisörladen am Merseburger Brühl befand sich in einem kritischen Zustand", beginnt sie zu erzählen. Kurz nach der Lehre bekam sie Arbeit bei der "SaHair" GmbH, einer Sangerhäuser Firma, die 26 Läden, unter anderem diesen in Merseburg, innehatte. Ein Meister, vier Frisörinnen, eine Kosmetikerin und zwei Lehrlinge waren hier am Ort beschäftigt. Offenbar brachten die Merseburger jedoch nicht den Umsatz wie die Sangerhäuser Filialen. "Es war schon lange von Schließung die Rede. Das war schlimm für uns, denn wir haben alle gerackert. Aber es hat halt nicht gereicht", mutmaßt Heike Bryx. Trotz drohendem Aus entschlossen sich die Frauen bis zum bitteren Ende auszuharren. Die Kündigung kam dennoch mit unerbittlicher Härte. "Tausend Gedanken gehen dir durch den Kopf", sagt Heike Bryx. Was, wenn du nichts findest? Was, wenn du dich einschränken musst? Was, wenn du nur noch aufs Arbeitsamt rennen musst? Die junge Frau nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand, liest die Stellenangebote des Arbeitsamtes und bewirbt sich. In Dürrenberg zum Beispiel, in Roßbach, Großkayna und auch in Merseburg bei Frisörmeisterin Manuela Ludwig im "Blue Moon" (die MZ titelte am 11. September "Will denn hier keiner mehr arbeiten").

"Ich hatte mir gute Chancen ausgerechnet. Meine Kundschaft hätte ich bei der Schließung des Geschäftes mitnehmen können, keine Frage", rechnete Bryx. Sie telefonierte mit der Meisterin und hatte ein gutes Gefühl. Einen Tag später brachte sie ihre Bewerbungsunterlagen persönlich vorbei. Dann vergingen drei Wochen. Bryx hörte keinen Ton von Frau Ludwig. "Frau Ludwigs Frage, ob denn hier keiner mehr arbeiten will, kam mir wie Hohn vor", sagt Heike Bryx. "Ich finde, Arbeitgeber sollten doch Bewerbungen ehrlich behandeln. So hilft es doch den Jobsuchenden in keiner Weise weiter." Bryx würde den Bedingungen, die Manuela Ludwig gestellt hatte - so zum Beispiel, dass eine Förderung der Arbeitsstelle über das Arbeitsamt gewährleistet sei - nicht erfüllen. Das hat sie erfahren.

"So bekommt man doch als frischer Arbeitsloser gar keine Chance", findet die junge Frau. Sie hat ihre Bewerbungsunterlagen nach fast einem Monat mit einer Entschuldigung wieder bekommen. Einen Job hat sie dennoch nach neun Tagen Arbeitslosigkeit. Am 9. September übernahm das Merseburger Haarstudio Richardt, das bereits sieben Geschäfte in Merseburg und je eins in Halle und Mücheln besitzt, den Laden am Brühl.

Das Arbeitsamt ist weiter damit beschäftigt, der Frisörmeisterin Manuela Ludwig eine Mitarbeiterin zu stellen. Mögliche Fachkräfte waren am Mittwoch zu einem Gespräch ins Amt einbestellt worden, ist von Teamleiter Berndt Lampe zu erfahren. "Die Arbeitgeberin Manuela Ludwig hat auch ihr Gesuch präzisiert. Sie ist im Alter der einzustellenden Arbeitnehmerin auf 46 Jahre raufgegangen und bevorzugt eine Teilzeitkraft. Ein Gespräch mit Frau Ludwig gibt es in diesen Tagen."