Als Telekommitarbeiter ausgegeben Als Telekommitarbeiter ausgegeben: Betrüger drohen 15 Jahre Haft
Halle/Merseburg/MZ - „Warum haben sie das gemacht?“, fragt das 85-jährige Opfer . Der Täter Daniel T. sitzt auf der Anklagebank des Landgerichts in Halle, vergräbt sein Gesicht in den verschränkten Armen. Er traut sich nicht, der Seniorin in die Augen zuschauen und antwortet nicht. Die 85-jährige Wittenbergerin wurde von dem 28-Jährigen bestohlen. 4 500 Euro Bargeld ließ er aus ihrer Wohnung im März des vergangenen Jahres mitgehen. Nach Angaben der Zeugin habe sie das Geld für ihre eigene Beerdigung und als Erbe für die Nichte zurückgelegt. Doch sie wird es wahrscheinlich nie wiedersehen.
Die Masche, mit der sich der Betrüger Daniel T. zu der Wohnung Zutritt verschafft hatte, war bis ins Detail durchdacht und mehrfach erprobt (die MZ berichtete). Denn die Zeugin ist nicht das einzige Opfer, auch in Halle, Leipzig, Merseburg, Braunsbedra,Wolfen und anderen Orten schlug Daniel T. gemeinsam mit einem Komplizen zu. Sie gaben sich als Mitarbeiter der Telekom aus und wollten ihre Opfer vor angeblich zu hohen Telefonrechnungen bewahren. Das Ziel war jedoch, EC-Karten und die zugehörigen Geheimnummern zu erbeuten und damit im Anschluss Geld von den Konten abzuheben. Vorher rief Daniel T. bei seinen Opfern an, um sich anzukündigen, zu den Tatorten fuhren sie mit einem weißen Auto mit Telekom-Beschriftung.
25 Taten sind bislang bekannt
„Der junge Mann war so nett, zuvorkommend und gepflegt, ich habe keinen Verdacht geschöpft“, sagt die Seniorin gegenüber der vorsitzenden Richterin Sabine Staron. Den „freundlichen“ Betrügern fielen nach jetzigem Stand mindestens 25 meist ältere Damen zum Opfer. Über 18 Fälle wird derzeit verhandelt, sieben Fälle wurden der Staatsanwaltschaft erst nach dem Prozessbeginn bekannt. Sie sollen jetzt wahrscheinlich an das Verfahren angehängt werden.
Daniel T. und sein Komplize erbeuteten mit ihrer Masche mehrere zehntausend Euro. Oftmals hoben sie gleich mehrmals Geld von den Konten ihrer Opfer ab. Die beiden Männer hatten sich eine Arbeitsteilung überlegt. Der 28-Jährige überredete die Opfer zur Herausgabe der Geldkarten und PIN-Nummern, während sein Komplize für das Abheben des Bargeldes in den Bankfilialen zuständig war. Die Beute wurde dann im Verhältnis 60 zu 40 geteilt. Den Großteil steckte der 28-Jährige ein. „Ich habe mich als derjenige gesehen, der die Hauptarbeit gemacht hat“, begründete der Angeklagte in der Hauptverhandlung die ungleiche Aufteilung.
Abschiebung nach Rumänien?
Im Prozess gab sich der gebürtige Rumäne reuig. Als Grund für seine Taten gab er hohe Spielschulden in Rumänien an. Er selbst sei Siebenbürger Sachse, also Teil einer deutschsprachigen Minderheit in Rumänien. Nachdem sein Komplize geschnappt wurde, er ist inzwischen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, wurde Daniel T. mit internationalem Haftbefehl gesucht. Im drohen nun zwischen vier und 15 Jahren Haft und eine Auslieferung nach Rumänien.