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Nach versuchter Vergewaltigung 20-Jähriger muss zweieinhalb Jahre in Haft

16.04.2021, 10:30

Merseburg/Halle (Saale) - „Das Tatgeschehen ist nicht wirklich strittig“, resümierte der Vorsitzende Richter am Landgericht Halle in seiner Urteilsbegründung. Der Angeklagte habe versucht, eine junge Frau zu vergewaltigen. Deshalb verurteilte das Gericht den 20-Jährigen am Mittwoch wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu zweieinhalb Jahren Jugendstrafe.

20-Jähriger versucht Frau in Unterführung zu vergewaltigen

Der Angeklagte hatte zuvor gestanden, im Juli 2020 in der Nähe der Merseburger Dürer-Schule eine junge Frau attackiert zu haben. Sie befand sich nach einer Feier auf dem Heimweg, als sie der Mann in Höhe der Unterführung ansprach und nach dem Weg zur nächsten Sparkasse fragte. Kurze Zeit später hielt er ihr den Mund zu, drückte sie zu Boden, begrapschte sie und sagte immer wieder „ficken“.

Die Frau konnte sich trotz Gegenwehr nicht befreien, aber um Hilfe rufen. Als sich ein Mann näherte, floh der Angeklagte. Erst Monate später konnte die Polizei seine Identität klären, seither saß er in Untersuchungshaft.

Trotz Alkoholkonsums war Angeklagte zurechnungsfähig

Während das Tatgeschehen klar war, hatte das Gericht am Mittwoch die Frage von Schuldfähigkeit und Reife des Angeklagten zu klären. Dieser hatte erklärt, an dem Abend eine Flasche Whiskey, vier Bier sowie Whiskey-Cola getrunken zu haben. Er hätte demnach zur Tatzeit 3,2 bis 3,7 Promille intus gehabt, rechnete ein Rechtsmediziner der Uni Halle vor.

Das hielt er für unrealistisch, weil keiner der Zeugen Ausfallerscheinungen beim Angeklagten beobachtet hatte. Laut der jungen Frau habe er noch deutlich gesprochen. Auch das Gericht nahm an, dass er sicherlich Alkohol getrunken hatte, aber nicht in dem von ihm angegebenen Umfang. Die Steuerungsfähigkeit sei nicht eingeschränkt gewesen.

Jugendstrafe: Angeklagter ist mit 15 aus Afghanistan geflohen und hat Erfahrung als Kindersoldat

Die Einschätzung der Reife des 20-Jährigen war für die Frage entscheidend, ob er nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen ist. Die Nebenklagevertreterin hatte für letzteres plädiert: „Sie sind ein Heranwachsender, der weiß, was er tut“, hielt sie dem Angeklagten vor. Die Verteidigerin argumentierte dagegen für das Jugendstrafrecht und verwies auf die Biografie des jungen Mannes, der in Afghanistan, einem Land im Krieg, geboren und zunächst aufgewachsen sei.

Mit zehn Jahren sei er geflohen, mit 15 in Deutschland angekommen. Zwischendurch habe er wohl Erfahrungen als Kindersoldat gemacht. „Das entschuldigt nicht, was er getan hat“, sagte die Verteidigerin, aber die gängigen Maßstäbe für die Reife von Jugendlichen könnten hier nicht zur Anwendung kommen.

Die Kammer urteilte letztlich nach Jugendstrafrecht, weil auch sie angesichts der Biografie einen Entwicklungsstand bei dem 20-Jährigen sah, der noch nicht dem eines Erwachsenen entspreche. Die von der Verteidigerin geforderte Bewährung lehnte das Gericht angesichts der Tat und der Folgen für die junge Frau, die noch immer mit psychischen Folgen zu kämpfen hat, jedoch ab. (mz/Robert Briest)