Zwölf Tonnen Gold

Von Claus Blumstengel 04.11.2012, 17:45

Köthen/MZ. - Zwölf Tonnen Gold habe man 1990 in einem Depot der Abteilung von Alexander Schalck-Golodkowski gefunden. Mit deren Verkauf und mit einem Kredit von zwölf Milliarden D-Mark, aufgenommen zehn Tage vor der deutschen Einheit bei der eigenen Staatsbank, habe die DDR mit Mühe und Not ihren Arbeitern und Angestellten die letzten Gehälter zahlen können. - Davon, wie die letzte DDR-Regierung nach der friedlichen Revolution jenes aufgewühlte Land, dem die Menschen in Scharen den Rücken kehrten, 1990 einigermaßen geordnet in die deutsche Einheit geführt hat, berichtete der letzte und einzig demokratisch gewählte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maiziére am Sonnabend beim Förderverein für Sanitätswesen in Köthen. Der wieder als Jurist tätige Ex-Politiker schilderte das Ringen um ein demokratisches Wahlgesetz, hatten doch die Protagonisten am "Runden Tisch" äußerst unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft, die laut de Maiziére von einem "erneuerten Sozialismus" bis zu einem idealistischen Bild von einem Kleinstaat voll Gerechtigkeit und Gemeinschaftssinn reichten. "Sie merkten nicht, dass so viele schon an die deutsche Einheit dachten", so sein Rückblick. Diese allerdings sei anfangs auch bei den Alliierten Frankreich und Großbritannien nicht gerade auf Begeisterung gestoßen. Margaret Thatcher, damals britische Premierministerin, habe ihm das unter vier Augen in ihrer Küche in Downing Street 10, deutlich zu verstehen gegeben. Wegen eines lauten Blaskonzerts vor dem Haus zum Geburtstagsfest der Königin mussten sich die beiden dorthin zurückziehen. Und Frankreichs Wirtschaftsminister habe mit der in ihren letzten Zügen liegenden DDR sogar noch einen Vertrag über vier Jahre abgeschlossen.

"Nicht alle sahen im Mauerfall das Ende der DDR", sagte de Maiziére und stellte fest: "Für mich bleibt der 9. November einer der wichtigsten Tage in meinem Leben."

Sein Vortrag bildete mit Bedacht den Abschluss der Reihe "Wendepunkte", in der zuvor sein Vorgänger Hans Modrow, der letzte SED-Generalsekretär Egon Krenz sowie der Chef der DDR-Landstreitkräfte Heinz Stechbarth aufgetreten waren. "Wir wollten mit dieser Reihe daran erinnern, dass beide Seiten damals Besonnenheit gezeigt haben", erläuterte Organisator Raymond Schulz.

Wo ist er nun aber abgeblieben - jener berühmte Kugelschreiber, den sich de Maiziére nachweislich nach Unterzeichnung des 2+4-Vertrages eingesteckt hat? Eigentlich wollte er ihn seinen Enkeln geben. Jetzt befinde sich der Füller aber als Dauerleihgabe im Alliierten Museum in Berlin, antwortete de Maiziére und fügte zu seiner Entlastung hinzu, auch Genscher hätte seinen Füller damals eingesteckt.

Zum Schluss signierte der Gast sein im Herder Verlag erschienenes Buch "Ich will, dass meine Kinder nicht mehr lügen müssen".