Von Köthener Jakobskirche bis zum Jakobsweg nach Spanien Von Köthener Jakobskirche bis zum Jakobsweg nach Spanien: Eine Wanderung fürs Leben

Köthen/Dessau - Für sie ist es ein Experiment, für ihn die Rückkehr auf einen bekannten Weg. Ein Abenteuer ist es für Madeleine Müller und Stephan Meurisch auf jeden Fall. Die Köthenerin und der Dessauer werden in der kommenden Woche auf Wanderschaft gehen. Gemeinsam laufen sie auf dem Jakobsweg ins spanische Santiago de Compostela. Auf dem Pilgerweg, der zuletzt durch Hape Kerkeling einem breiten Publikum bekannt wurde.
Anders als der Entertainer werden die beiden nicht mit großem Budget reisen und in Herbergen oder gar Hotels übernachten. Sie setzen auf die Gastfreundschaft der Menschen, denen sie an der Strecke begegnen. „Wir wollen ohne Geld reisen“, erklärt Meurisch.
Der Dessauer hat schon viele positive Erfahrungen mit gastfreundlichen Menschen gesammelt. Der 35-jährige gelernte Elektroniker ist in den vergangenen vier Jahren von seiner Heimatstadt aus nach Tibet gelaufen. „Die Leute haben mich bereitwillig aufgenommen, vor allem in den Dörfern“, berichtet er. Oder sie gaben ihm Tipps, wie er die weitere Reise finanzieren könne. Er arbeitete auf Bauernhöfen, in Cafés oder auch als Lehrer. Manchmal verdiente er sich so Geld, manchmal bekam er für seine Arbeit Kost und Logis. „Ich bin gespannt, wie das in Deutschland funktionieren wird “, sagt er.
Straffer Zeitplan macht Studentin Sorgen
Etwas Geld haben die beiden, aber das reiche nur für einen Monat. „Wir werden zwischendurch arbeiten müssen“, weiß Meurisch. Wobei sie nicht zu lange an einem Ort verweilen dürfen. „Wir haben sechs Monate Zeit“, sagt der Dessauer.
Der Jakobsweg ist ein Pilgerweg zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela, das sich unter der dortigen Kathedralkirche befinden soll. Tatsächlich gibt es überall in Europa Jakobswege mit diesem Ziel. Im Hochmittelalter wurde die spanische Stadt Ziel der Pilger und wurde in den letzten Jahrzehnten wieder belebt. Meist ist mit dem Jakobsweg der „Camino Frances“ - der Französische Weg“ gemeint. Er beginnt in Saint-Jean-Pied-de-Port auf der französischen Seite der Pyrenäen und führt in 32 Etappen über Roncesvalles, Pamplona, Estella, Logrono, Burgos, Léon und Villafranca nach Santiago des Compostela.
Köthen liegt nach Auskunft von Pfarrer Horst Leischner nicht am Jakobsweg. Pilger können aber den Lutherweg durch Köthen gehen und sich für die Reise im Pfarramt der Jakobsgemeinde einen Pilgerausweis besorgen. In der Jakobskirche bekommen die Pilger einen Stempel mit Jakobsmuschel, dem Symbol des Apostels. Wie Pfarrer Leischner erklärt, kommen jedes Jahr einige Pilger auf dem Lutherweg nach Köthen.
In dieser Zeit wollen sie die knapp 2.800 Kilometer von Köthen bis Santiago de Compostela schaffen. Von der Bachstadt führt der Weg der beiden zunächst nach Könnern (Salzlandkreis), Hettstedt und Eisleben (Mansfeld-Südharz) und dann ins thüringische Bad Langensalza und nach Eisenach. Zwei Monate wollen sie durch Deutschland laufen. Ebenfalls acht Wochen planen sie für den „Französischen Weg“ ab Saint-Jean-Pied-de-Port in den französischen Pyrenäen ein. „Das ist schaffbar“, weiß der Weltenbummler von einer früheren Tour auf dieser Strecke. Seine Begleiterin Müller ist sich da nicht so sicher. „Ich bin noch nicht die Fitteste“, verrät die 28-Jährige. Noch fehle ihr die Wandererfahrung, doch auf dieses Abenteuer möchte die Studentin nicht verzichten. „Jetzt während des Studiums auszusetzen, geht gut“, erzählt sie.
In Köthen hat sie Lebensmitteltechnologie studiert und gerade das erste Semester im Master abgeschlossen. Nun möchte sie eine Auszeit nehmen. „Ich war sehr auf das Studium fixiert“, schildert sie. Inzwischen sei sie etwas ernüchtert und noch nicht sicher, wie ihre Zukunft aussehen soll. Darum möchte sie mit ihrem Begleiter das Experiment wagen.
Start an Köthener Jakobskirche
Vor allem Madeleine Müller musste dafür vieles vorbereiten. Zwar ist sie schon oft gereist, doch das lange Wandern ist für sie neu. Eine Ausrüstung musste natürlich her: Wanderschuhe, ein großer Rucksack, Zelt, Schlafsack, Isoliermatte und wetterfeste Kleidung. Auch mit der Hochschule musste die Studentin, die aus dem niedersächsischen Stade stammt, noch einiges klären. Und natürlich mussten die beiden auch mit den Eltern über ihre Pläne sprechen. „Sie haben positiv darauf reagiert“, berichtet Müller.
Kurz vor dem Start am Montag vor der Köthener Jakobskirche werden die Mühen der Vorbereitung wohl vergessen sein. Sie sind gespannt auf die Reise, die Erfahrungen mit den Menschen und auch darauf, wie sie gemeinsam das Experiment meistern werden.
Madeleine Müller und Stephan Meurisch werden für die MZ regelmäßig von ihrer Reise berichten. Ihre Erlebnisse schildern sie auch auf ihren Facebook-Seiten. Müller ist unter dem Stichwort headingtonorthatlantic zu finden und Meurisch unter longtrailhome. (mz)