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Viele morsche Dielen Viele morsche Dielen: Schäden am Boden werden für Kührens Heimatstube zum Problem

Von Sylke Hermann 11.01.2020, 11:00
Auf Entdeckertour: Frank Lehmann präsentiert den Damen einen alten Kachelofen im Obergeschoss – Babett Lehmann und Michaela Rehse sowie Liselotte Rose und Ingeburg Kapuhs (v. li.) genießen die amüsante Vorstellung.
Auf Entdeckertour: Frank Lehmann präsentiert den Damen einen alten Kachelofen im Obergeschoss – Babett Lehmann und Michaela Rehse sowie Liselotte Rose und Ingeburg Kapuhs (v. li.) genießen die amüsante Vorstellung. Sylke Hermann

Kühren - Es ist frisch an diesem Sonntagmorgen. Und still im Dorf. Kein Lkw braust die Landesstraße entlang, nur ein paar Pkw rollen durch Kühren.

Der Radfahrer kreuzt die ansonsten so viel befahrene Landesstraße, ohne anhalten zu müssen; er hat es scheinbar eilig, ruft trotzdem „ein gesundes Neues“ Richtung Heimatstube, wo sich Ortsbürgermeisterin Babett Lehmann gerade mit ein paar Dorfbewohnern trifft. Es geht um das kleine Museum in der früheren Schule.

Der Akener Ortsteil Kühren ist 1755 gegründet worden - vom Preußenkönig Friedrich dem Großen. Viel Geschichte, die es zu erzählen gibt. In der Heimatstube steht und liegt und hängt eine Menge an Exponaten, die vielleicht über kurz oder lang erst einmal verstaut werden müssen. Doch so weit will Ortsbürgermeisterin Babett Lehmann im Moment noch gar nicht gehen.

Irgendwann sind die Schäden am alten Dielenfußboden im Erdgeschoss aufgefallen

Man wisse schließlich noch gar nicht, wie es um den baulichen Zustand der Heimatstube bestellt sei. Zumindest hat sie die entdeckten Schäden bei der Stadt erst einmal angezeigt und um Unterstützung gebeten. Nun werde man sich zusammensetzen und gemeinsam überlegen, wie es weitergehen kann, wünscht sich die seit 2019 im Amt befindliche Ortsbürgermeisterin.

Irgendwann sind die Schäden am alten Dielenfußboden im Erdgeschoss aufgefallen. Durch Zufall. Als man einen kleineren Tisch mit quadratischer Platte kurzzeitig umstellen will und ihn in eine Ecke schiebt, sackt ein Stuhlbein etwas ab. Wie lange das jetzt her ist, das weiß Kührens frühere Ortsbürgermeisterin Ingeburg Kapuhs zwar nicht mehr. Aber sie ist sicher, dass es ein Folgeschaden vom Hochwasser 2013 ist, „den wir leider zu spät bemerkt haben“. Zu spät für die Fördermittel vom Land.

Unter dem Linoleum-Belag liegen alte Holzdielen. Und die scheinen nun etwas morsch geworden zu sein. Die Heimatstube ist nicht unterkellert. In Kühren kennt man das Phänomen spätestens seit dem Juni-Hochwasser, das bald sieben Jahre zurückliegt; „irgendwo muss die Nässe ja hin“, sagt Frank Lehmann, Mitglied im Ortschaftsrat und im Heimatverein.

„Die Dielen werden nicht besser - und die Exponate leiden auch darunter“

Den leitet seit Mai 2012 Michaela Rehse, der wichtig ist, die Heimatstube immer mal wieder zu öffnen. Das geschieht zu besonderen Anlässen. Doch kürzlich sei im Dorf auch überlegt worden, ob man nicht regelmäßiger die Möglichkeit bieten sollte, die rund 400 Exponate ansehen zu können. Vielleicht einmal im Quartal.

Doch im Moment beschäftigen Heimatverein und Ortschaftsrat erst einmal die Schäden. „Die Dielen werden nicht besser - und die Exponate leiden auch darunter“, sagt Ingeburg Kapuhs. Im schlimmsten Fall bilde sich noch Schimmel an den Wänden.

In Kühren sieht man, dass etwas getan werden muss. Unabhängig davon, dass man ohne Begehung mit Fachleuten das Schadensausmaß nicht einschätzen kann, weiß Babett Lehmann: „Wir müssen zusehen, dass die Arbeiten nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen.“ Daran, dass man die Heimatstube womöglich komplett ausräumen muss, wollen die engagierten Dorfbewohner im Moment noch gar nicht denken. Aber sie sehen auch eine Chance darin, die alten Holzdielen wieder sichtbar zu machen und den Linoleum-Belag komplett zu entfernen.

Eine Fahne des Turnvereins Friesen aus dem Jahr 1905

Zum Ringreiten Anfang Juni würden sie die Räume gern öffnen, blickt Michaela Rehse schon ein paar Monate voraus. Dann will man in der einstigen Dorfschule, in die später eine Arztpraxis eingezogen ist, auch jene Schätze präsentieren, auf die der 26 Mitglieder zählende und am 5. März 1998 gegründete Verein besonders stolz ist.

Vor allem die historischen Schulakten. Außerdem wäre da eine Fahne des Turnvereins Friesen aus dem Jahr 1905. Die habe man Alfred Keller, dem früheren Vorsitzenden der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, zu verdanken, erinnert sich Ingeburg Kapuhs. Wie so viele Stücke sei auch diese Fahne beim Entrümpeln auf dem Dachboden gefunden worden.

Auch Wirtin Margarete Meyer ist hier im Erdgeschoss der Heimatstube einige Male verewigt. Zum Beispiel in Form eines Klaviers, das in der Gaststätte gestanden hat. Aus dem Nachlass der Familie Pforte stammt eine Siedlertruhe, die bereits im Jahr 1796 genutzt worden war, um sich in Kühren anzusiedeln. Im Obergeschoss, das man mittlerweile auch nutzt, um Sehenswertes aus Kührens Geschichte zu zeigen, hängt ein Stück aus jüngeren Jahren, an das sich viele gern erinnern: die Lampe aus dem Kindergarten „Mischka“, der 1992 schließen muss. Aber die Lampe, die hält die Erinnerung an schöne Zeiten frisch, wie es übereinstimmend heißt. (mz)

Im Jahr 1786 stammt jeder fünfte Preuße aus einer Kolonisten-Familie, ist in einer Chronik zu lesen, die 250 Jahren Kührener Geschichte erzählt. Ein Dorf, das der Preußenkönig Friedrich der Große, auch bekannt als der Alte Fritz, 1755 gründet. Zahlreiche Familien siedeln sich auf dem Lande an.

Kühren sei ein Ergebnis dieser „inneren Kolonisation“, schreibt Herausgeber Hartmut Lehmann. 36 Kolonisten siedeln sich in Kühren an und bewirtschaften ihr Land. Das Dorf, gelegen im Elbtal und umgeben von einem Schutzdamm, ist eine Ackerbausiedlung, erinnert Lehrer Otto Krickau in einem Aufsatz 1938.

Schon ein Jahr nach der Besiedlung Kührens beginnt man über den Schulgebäudebau nachzudenken - und ist damit weiter als andernorts. In dem Eckhaus ist heute die Heimatstube untergebracht. Seit 1967 wird dort nicht mehr unterrichtet.

Kührens Heimatstube zählt fast 400 Exponate.
Kührens Heimatstube zählt fast 400 Exponate.
Sylke Hermann