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Unwetter in Micheln Unwetter in Micheln: Fast ein Tornado

08.05.2013, 08:19
Eine Wolkenformation am Himmel
Eine Wolkenformation am Himmel RADEMACHER Lizenz

Micheln/MZ/jop/dpa - Eigentlich hatte Werner Rademacher gerade aus dem Auto klettern wollen, als er Dienstagnachmittag gegen 16.30 Uhr am Horizont ein seltsames Gebilde bemerkte, das in dem Mann ungute Gefühle weckte. Denn die Wolkenformation, die er beobachtete, sah aus wie ein Tornado - und das ausgerechnet in der Nähe von Micheln (Anhalt-Bitterfeld), wo schon am 23. Juni 2004 ein Tornado für erhebliche Verwüstungen gesorgt hatte.
Rademacher zückte seine Kamera und hielt das seltene Ereignis fest. „Der Tornado oder was es auch war, war vielleicht einen Kilometer von mir entfernt“, schätzt er, „und kam auf Micheln zu.“ Der Rüssel reichte aber noch nicht bis zum Boden - und nach einer Minute oder anderthalb Minuten löste sich das Ganze wieder auf.

Entwickelt 1971 vom japanischen Forscher Tetsuya Theodore Fujita.

F 0: 64-116 km/h, leichte Schäden an Schornsteinen.

F 1: 117-180 km/h, Dachziegeln werden abgehoben.

F 2: 181-253 km/h, Dächer werden abgedeckt.

F 3: 254-332 km/h, leichte Häuserwände werden abgetragen.

F 4: 333-418 km/h, schwere Gegenstände wirbeln durch die Luft.

F 5: 419-512 km/h, Holzhäuser werden aus den Fundamenten gerissen.

F 6: 513-612 km/h, bisher nicht gemessen.

Ortsfeuerwehr: Keine Schäden

Diese „Trichter-Wolken“ sind aber die Vorstufe zu einem Tornado. Entscheidend ist laut Abel für einen Tornado beziehungsweise eine Windhose der Bodenkontakt. „Dann sprechen wir von einem Tornado“, so der Meteorologe. Erst dann können Windhosen auch Schäden anrichten, Trichter-Wolken sind dagegen ungefährlich.

Nach Auskunft des Ortswehrleiters von Micheln, Robert Ernst, musste die Feuerwehr wegen des Phänomens nicht ausrücken. „Es gab keine Schäden“, sagte Ernst. Auch Rademacher, der die Trichter-Wolke zuerst gesehen hatte, war davon ausgegangen, dass der Rüssel nicht den Boden erreicht hatte. Nach einer oder anderthalb Minuten habe sich das ungewöhnliche Wolkengebilde wieder aufgelöst.

„Funnel-Clouds treten relativ häufig auf“, sagte Abel. Gerade bei schwülwarmer Luft und unterschiedlichen Windrichtungen in verschiedenen Höhen könnten sie sich bilden. Denn dadurch kommt die Luft in Rotation - der sogenannte Pirouetten-Effekt. „Das ist wie beim Eiskunstlaufen“, sagte Abel.

Die Region Köthen und Micheln ist allerdings für Tornados bekannt. Erst am 24. Juni 2004 hatte ein Tornado der Stufe drei in Micheln gewütet. Dabei wurden sechs Menschen verletzt, 265 Häuser zerstört. Es entstanden Schäden in Millionenhöhe. Warum gerade in dieser Region Tornados häufiger auftauchen, kann allerdings auch Frank Abel nicht exakt erklären.

Die häufige Vorstellungen, dass in Deutschland keine Tornados wie in den USA wüten könnten, sei falsch, sagte der Wetterexperte jedoch. „Wir hatten auch schon Tornados der höchsten gemessenen Stufe.“ So fegte am 23. April 1800 eine Windhose der Stufe fünf über die Stadt Hainichen in Sachsen und richtete schwere Verwüstungen an. Schon am 24. Juni 1764 hatte es Vorpommern erwischt.

Während Micheln in dieser Woche von einem erneuten Unwetter verschont blieb, musste andernorts in Sachsen-Anhalt die Feuerwehren wegen starker Gewitter und Regengüsse ausrücken. Allein die Magdeburger Feuerwehr war 36 Mal im Einsatz, um vor allem vollgelaufene Keller wieder leer zu pumpen.

Wasser im Klinikum

Ein Haupteinsatzort war das Klinikum der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg. Im Erdgeschoss des Hauses im Stadtteil Cracau stand das Wasser zeitweise bis zu einem Meter hoch. Bis in die Nacht zum Mittwoch musste das steigende Grundwasser aus dem Gebäude gepumpt werden. Teure Technik etwa aus dem Herzkatheterlabor sei gesichert worden. Die Patienten seien in den Stationen in den oberen Etagen untergebracht worden. Auch ein Straßenbahndepot im Magdeburger Stadtteil Westerhüsen wurde überflutet. In Halle und im nördlichen Saalekreis kamen die Kameraden der Feuerwehr in 14 Fällen zum Einsatz. Der Feuerwehr zufolge liefen auch hier Keller voll. Zudem wurden mehrere Straßen überflutet.

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Leipzig handelte es sich am Dienstag um ein frühsommerliches Gewitter mit starken Schauern. Örtlich sei dabei sehr viel Regen gefallen.

In Magdeburg waren es binnen 24 Stunden 31 Liter, in Gardelegen 30 Liter, in Born in der Börde waren es sogar 47 Liter je Quadratmeter, wie ein DWD-Sprecher sagte. An den meisten Messstationen im Land seien 15 bis 20 Liter registriert worden.