Traditionsbetrieb mit neuem Chef
Köthen/MZ. - Drei Generationen Dörr haben in Köthen in mehr als einem Jahrhundert den Kutschen den richtigen Farbanstrich verpasst, Küchenmöbel und Wohnzimmerschränke gespritzt und natürlich Autos lackiert. Eben alles zu seiner Zeit. 51 Jahre war die Werkstatt für Wolfgang Dörr Teil seines Lebens. Jetzt spürt er nicht mehr jeden Tag den Farbgeruch in der Nase. Doch zugegeben, ab und zu schaut der Ex-Chef am Wattrelosring vorbei, um mit seinem Nachfolger und den ehemaligen Kollegen zu plaudern. "Wir verstehen uns gut", betont Dörr und Andreas Neumann nickt. Und das seitdem alles begann.
Nach seiner Lehre bei der PGH "Gute Fahrt" wurde Neumann von Wolfgang Dörr übernommen. Im Jahr 2000 legte er seine Meisterprüfung ab. Und nun ist er Chef und Meister in einem. "Im Namen von Wolfgang die Werkstatt weiterführen", das hat sich der 36-Jährige vorgenommen. 15 Mitarbeiter vertrauen ihm. "Und die will ich nicht enttäuschen", sagt er. "Meine Kollegen immer zu bezahlen", das habe bei ihm oberste Priorität, betont der Jungunternehmer des traditionsreichen Betriebes. Wichtig sei für ihn auch Lehrlinge auszubilden, seit Jahren wurde das im Hause Dörr schon praktiziert. Fast alle von ihnen haben hier in der Werkstatt eine Festanstellung bekommen. Das, so blickt Neumann optimistisch in die Zukunft, soll auch so bleiben. Über die Auftragslage könne er nicht klagen. 98 Prozent aller Autoreparaturen seien Unfallschäden. Es passiert viel auf den Straßen, weiß der Fachmann.
Und während Andreas Neumann wieder an seine Arbeit geht, ist Wolfgang Dörr auf dem Heimweg. Natürlich sei dies schon ein komisches Gefühl. Irgendwann müsse man doch loslassen, gesteht der 66-Jährige ein. Andreas Neumann genieße sein vollstes Vertrauen, so Dörr. Er sei einer, der seine Arbeit liebt. Das bestätigt auch Lebensgefährtin Mara Helm. Aber er sei auch immer für die Familie da, zu der die Töchter Vivian (11) und Alia (3) gehören. "Familie und Arbeit, das muss stimmen", meint der 36-Jährige.
Wolfgang Dörr hat zum Abschied in den Ruhestand von seinen Kollegen eine Liege geschenkt bekommen. Doch "Abmatten", das war noch nie sein Lebensstil. Denn mit 66 Jahren, da fängt das Leben. Oder?