Technik-Startup aus Köthen Technik-Startup aus Köthen: Mit schneller Datenübertragung auf der Überholspur

Köthen - Drei junge Ingenieure arbeiten in Köthen an einer Technologie um einen schnelleren Datentransport zu ermöglich.
Alle drei haben in osteuropäischen Millionenstädten Telekommunikationsfächer studiert und forschen an der Hochschule Anhalt. Was hat sie nach Köthen gebracht?
Aus Sibirien nach Deutschland
Irgendwo tief in Sibirien sei er aufgewachsen. „In einer Stadt mit 100.000 Einwohnern an der Grenze zur Mongolei“, erzählt Dr. Dmitry Kachan, der designierte Leiter des angehenden Start-up-Unternehmens „BitBooster“ an der Hochschule Anhalt.
Zum Studieren ging er dann nach Novosibirsk an die Siberian State University of Telecommunications and Informatics (Universität für Telekommunikation und Informatik).
„Ich hatte eigentlich nicht geplant nach Europa zu gehen.“ Doch sein russischer Professor habe ihn zur Forschung für seine Masterarbeit drei Monate an die Technische Universität Lulea nach Nordschweden geschickt. Dort habe er gute Forschungsbedingungen vorgefunden.
Wieder in Novosibirsk lernte er Eduard Siemens, Professor an der Hochschule Anhalt, kennen und schickt ihm eine Bewerbung. Zwei Monate später war der jetzt 28-Jährige bereits in Köthen. Ohne Deutschkenntnisse. Das war 2011. Erst später hat er dann einen dreimonatigen Deutschkurs belegt. „Das erste halbe Jahr war schwer.“
In Köthen habe er dann seine Masterarbeit geschrieben und mit Prof. Siemens das Future Internet Lab Anhalt aufgebaut. Im Februar dieses Jahres verteidigte er in Novosibirsk seine Promotion.
Warum er in Köthen forschen und entwickeln möchte? Das hat gleiche mehrere gute Gründe. Ein Punkt sei der Sicherheitsaspekt. Außerdem habe man in Köthen viel Ruhe zum Arbeiten.
Am Anfang sei es langweilig gewesen, da man in Köthen nicht viel unternehmen könne. Doch mittlerweile sei es in Ordnung. Man könne sich so gut auf das Arbeiten konzentrieren. Der Hauptgrund sei jedoch der Aufbau des Future Internet Lab gewesen. „Wir haben damit optimale Bedingungen für das Projekt geschaffen, dass wir jetzt als Team durchführen“, erklärt Kachan.
„BitBooster“ ist ein angehendes Start-up-Unternehmen an der Hochschule Anhalt. Es basiert auf den Forschungsergebnissen aus drei Dissertationen, die am Future Internet Lab Anhalt unter der wissenschaftlichen und organisatorischen Leitung von Prof. Dr. Eduard Siemens in den vergangenen fünf Jahren an der Hochschule Anhalt durchgeführt wurden.
Das Projektziel: Eine Software-Lösung für die Zustellung von großen Datenbeständen in Cloud-Umgebungen zur Produktreife und auf den Markt zu bringen.
Dazu gehört eine schnellere Übertragung großer Datenmengen, die gleichzeitig an mehrere Empfänger auch auf verschiedenen Kontinenten innerhalb von Minuten erfolgen kann. So sollen mehrere hundert Gigabytes an Daten innerhalb von wenigen Minuten übertragen werden können.
Die Technologie kann vor allem in der Film- und Fernsehproduktion zum Versenden von Videomaterial, in der Klimaforschung und Nuklearforschung sowie in global verteilten Datacentern angewendet werden.
Das Förderprogramm „ego.-Gründungstransfer“ des Landes Sachsen-Anhalt unterstützt das Projekt mit 225.000 Euro bei der Weiterentwicklung ihrer Geschäftsideen bis hin zur Firmengründung.
Damit sollen die Personalausgaben des Gründerteams und Sachkosten gedeckt werden. Es erlaubt die Forschung, Entwicklung und das Marketing. Die Vermarktung der Technologie ist bis zum Ende der Förderung Ende des Jahres 2017 nicht möglich. Danach ist die Finanzierung nicht gesichert; das Projekt muss sich selbst finanzieren. (mz/jr)
Drei Nationen in einem Team
Zu seinem Team des Start-up’s „BitBooster“ gehören Irina Fedotova und Sergii Maksymov.
Fedotova, Managerin des Projektes, stammt aus Kasachstan und ist 2012 für Ihre Masterarbeit nach Köthen gekommen. Nach Abschluss dieser ist sie dann ein Jahr später als Doktorandin zurückgekehrt, nun steht sie vor dem Abschluss ihrer Promotion an der Universität in Novosibirsk.
Sergii Maksymov ist mit 22 Jahren der Jüngste im Team und der Hauptentwickler der Software-Anwendung. Er stammt aus einer kleinen Stadt in der Ukraine und hat an der National Telecommunications Academy in Odessa (Nationale Akademie für Telekommunikation) studiert.
Während seines Masterstudiums kam er 2014 für ein Semester nach Köthen. Im Januar 2016 hat er dann seinen Master-Doppelabschluss in Köthen und im ukrainischen Odessa erlangt. Seine Masterarbeit hat er bei Dmitry Kachan geschrieben und ist danach zum Team dazugestoßen.
Kommunikation auf Englisch
Die schriftliche Kommunikation und Dokumentation des Projekts findet nur auf Englisch statt. Mündlich würden sie ab und an auch auf Russisch kommunizieren, erzählen alle drei.
Das hat einen ganz wesentlich Grund: Sowohl das Studium als auch die Konferenzen seien zum Großteil auf Englisch. Das ist global verständlich. Nur in Köthen sei Kachan damit auch nicht sehr weit gekommen.
Um sich weiterzubilden hat man außerdem eine Seminarreihe ins Leben gerufen. Hier halten die Professoren und Mitarbeiter Vorträge, zumeist auf Englisch.
Wenn das Trio mal nicht vor den Bildschirmen oder in Seminarräumen sitzt, dann machen sie gern zusammen Sport. Neulich waren Kachan und Maksymov mit dem Fahrrad im Gartenreich Dessau-Wörtliz unterwegs.
Pläne aus Köthen wegzugehen hat keiner der drei. „Die Bedingungen hier sind einfach sehr gut. Wir haben viele Themen für mögliche Masterarbeiten und viel Unterstützung. Ohne diese wäre das Projekt kaum möglich“, erklärt Kachan. So könne man das Zehn-Gigabit-Labor der Hochschule nutzen.
Bis Ende 2017 wird das Projekt noch im Rahmen des Förderprogramms „ego.-Gründungstransfer“ durch das Land Sachsen-Anhalt unterstützt.
Präsenz auf Messen zeigen
Um ihr Produkt vorzustellen und Kontakte zu knüpfen sind sie auch auf Messen unterwegs. Im Frühjahr waren sie auf der CeBIT in Hannover. „Das war interessant, aber dort waren hauptsächlich Endkunden.“ Zumeist würde den Verbraucher allerdings nicht interessieren wie die Datenübertragung abläuft, wie Dmitry Kachan erläutert.
„Dem Endkunden ist wichtig, dass er die Daten überall zu Verfügung hat und sie schnell versenden kann.“ Aus diesem Grund richte sich ihr Produkt an Unternehmen, die große Datenmengen versenden. „Wir wollen unter der Haube arbeiten.“ Deswegen seien sie auf Messen wie der Internationalen Ausstellung für Funk, Film und Fernsehen in Amsterdam besser aufgehoben.
„Dort zeigen wir, was wir bis jetzt schon erreicht haben und bekommen gute Resonanz,“ verdeutlicht Kachan. Ihre Familien seien sehr stolz auf sie. „Doch unsere Arbeit verständlich zu machen ist gar nicht so einfach“, geben alle drei zu. (mz)