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Steuern per Stimme, Hand, Auge Steuern per Stimme, Hand, Auge: Altenpflege-Schüler aus Köthen konzipieren App für Schwerkranke

Von Doreen Hoyer 28.03.2019, 06:00
Die Altenpflegeklasse mit Lehrerin Laura Höltge freut sich über den Gewinn von 1.000 Euro.
Die Altenpflegeklasse mit Lehrerin Laura Höltge freut sich über den Gewinn von 1.000 Euro. Ute Nicklisch

Köthen - Intensivpflege-Patienten im Alltag helfen: Eine Klasse des Instituts für Weiterbildung in der Kranken- und Altenpflege (IWK) in Köthen hat eine App konzipiert, die genau das können soll.  Das kleine Programm zum Beispiel für Smartphones sei in sechs Kategorien gegliedert, berichtet die Klassenleiterin Laura Höltge: Gesundheit, Familie, Freunde, Pflegepersonal, Selbsthilfegruppen und Smart Home. Letzteres bezeichnet die Möglichkeit, daheim Funktionen wie Rollos und Licht mittels digitaler Technik zu steuern.

Für ihre Idee wurde die 15-köpfige Klasse jüngst bei einem Fachkongress des Pflegeunternehmens „Advita“ unter dem Motto „Zurück zur Normalität“ in Leipzig mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnet, der mit 1.000 Euro dotiert ist.

Bedienung wahlweise mit den Fingern, per Sprache oder mittels Augenbewegungen

Die Nutzer sollen die App unter anderem verwenden, um mit Freunden, Verwandten und Pflegepersonal in Kontakt zu bleiben und ihnen bei Bedarf medizinische Informationen mitteilen zu können. Auch eine Funktion, um Termine zu verwalten - zum Beispiel beim Arzt - ist vorgesehen.

Das Konzept der App sieht vor, dass die Patienten sie wahlweise mit den Fingern, per Sprache oder mittels Augenbewegungen bedienen können - je nachdem, in welcher Art und in welchem Umfang sie körperlich eingeschränkt sind.  „Wir haben uns dabei ein bisschen an Stephen Hawking orientiert“, sagt Laura Höltge. Der kürzlich verstorbene Astrophysiker litt an der Krankheit ALS, saß im Rollstuhl und konnte nicht sprechen.  Um sich  zu verständigen, nutzte Hawking einen Sprachcomputer, der mit einem Infrarotsensor in seiner Brille verbunden war. Seine Augenbewegungen wurden so in Worte umgewandelt.

Die Klasse ist auf der Suche nach Sponsoren

Die Idee für die App habe man seit Dezember entwickelt, berichtet Laura Höltge. Noch allerdings gibt es das Programm nicht. Die Klasse ist auf der Suche nach Sponsoren, die helfen, die technische Entwicklung zu finanzieren. Und die Patentierung, die nicht eben günstig zu haben ist. Mindestens 1.800 Euro koste die Anmeldung des Patents, erzählt die Klassenleiterin. „Wenn es weltweit gelten soll, ungefähr das Zehnfache. Solche Summen sind vom Gehalt als Altenpfleger  jedenfalls nicht zu bezahlen.“

Ein Gesprächstermin mit Vertretern der Malteser ist geplant, vielleicht kann die Organisation bei der App-Entwicklung behilflich sein. Wenn nicht, macht Laura Höltge klar, müsse man weitersuchen. Denn das beste Konzept nützt nichts, wenn es nicht in die Tat umgesetzt wird.

Bei der IWK-Klasse handelt es sich um eine 15-köpfige Gruppe, die eine verkürzte, berufsbegleitende Ausbildung zum Altenpfleger macht. Zwei Tage die Woche haben sie Berufsschule, sonst arbeiten sie. Die Truppe ist dabei bunt gemischt, die Schüler sind zwischen 23 und 56 Jahren alt und kommen unter anderem aus Köthen, Bernburg, Staßfurt und Calbe. Die 1.000 Euro Preisgeld wollen sie für eine Klassenfahrt nutzen und zur Finanzierung ihrer Abschlussfeier. Im Oktober 2020 wollen die 15 ihre Ausbildung beenden. (mz)