Stadtrat in Köthen Stadtrat in Köthen: SPD-Fraktion erlebt ein fast komplettes Debakel

Köthen - Ob die SPD-Fraktion im Köthener Stadtrat bei dessen jüngster Sitzung mit elf eigenen Anträgen einen Rekord aufgestellt hat, ist nicht bewiesen, aber wahrscheinlich. Und rekordverdächtig ist aber auch die Zahl der Anträge, für die die Fraktion abgewatscht wurde. Vier der elf verschwanden schon wie durch Zauberhand von der Tagesordnung, als der Stadtrat über die Bestätigung derselben diskutierte.
Vier Anträge der Köthener SPD schaffen es gar nicht erst auf die Tagesordnung
Den Antrag zu Sitzgelegenheiten in der Fasanerie und zur Katzenschutzverordnung nahm Fraktionschef Sascha Ziesemeier selbst vom Programm, zwei weitere flogen auf Antrag von CDU-Mann Uwe Klimmek in den Papierkorb. Das Radverkehrskonzept und den Verkehrsentwicklungsplan, so Klimmek mit gewisser Süffisanz, behandele der Fachausschuss, dem Klimmek übrigens vorsteht.
Wo dann eben schon seit Jahren genau das getan wird, was die SPD per Antrag wünscht - zum Beispiel die Prüfung, ob das Radverkehrskonzept über Bundesprogramme gefördert werden kann. Ebenso, wenn beim Verkehrsentwicklungsplan die Anpassung an die durch die B6 und die künftige Anbindung an die A9 geänderten Verkehrsströme gefordert wird. Beide Anträge wurden durch deutliche Mehrheiten von der Tagesordnung gekippt - beim Antrag zum Verkehrsentwicklungsplan kann das SPD-Papier nicht einmal alle Stimmen aus der einbringenden Fraktion bekommen haben; gerade sechs Stadträte waren für die Behandlung des SPD-Antrags, während aber alle sieben Fraktionsmitglieder im Saal waren. Einer davon muss gegen den eigenen Antrag gewesen sein oder sich wenigstens enthalten haben.
Restliche Anträge bekommen wenig Zustimmung, aber viele kritische Nachfragen
Mit den meisten der sieben übrig gebliebenen Anträge hatte die Fraktion allerdings auch wenig Glück. Oder anders: Es gab kaum Zustimmung, dafür aber kritische Nachfragen. Vor allem Christina Buchheim (Linke) legte immer wieder den Finger auf die Wunde, aus der buchstäblich jeder Antrag blutete: Die SPD hatte sich kaum einmal Gedanken darüber gemacht, wie denn ihre Anträge finanziert werden sollten. Dies allerdings ist Usus nicht nur im Köthener Stadtrat: Wer vorschlägt, was Geld kostet, sagt auch, wo er die Knete hernehmen will.
Ein Paradebeispiel dafür lieferte der Antrag unter dem Stichwort „Kultur“, wo die SPD u.a. forderte, eine Liste der städtischen Denkmäler zu erstellen und welche Denkmäler mit welchem finanziellen Aufwand erhalten werden sollten und können. Abgesehen davon, dass es seit mehr als zehn Jahren ein 85-seitiges Denkmalverzeichnis der Stadt gibt, das seitdem der MZ vorliegt, wo man kaum glauben möchte, dass die SPD von der Existenz dieses Verzeichnisses keine Kenntnis hat, war der Antrag schlicht nicht umsetzbar, wie etwa Ronald Maaß (Linke) feststellte.
Was auch Roland Schulte Varendorf (CDU) umgehend erkannt hatte: „Soll die Verwaltung jetzt jedes denkmalgeschützte Gebäude durchkalkulieren. Das ist vom Arbeitsaufwand gar nicht machbar.“ Und auch OB Bernd Hauschild (SPD) konnte gleich doppelt den Kopf schütteln - einmal um seine Ablehnung kundzutun, zum anderen, um sein Unverständnis darüber auszudrücken, wie man so einen Antrag überhaupt stellen konnte.
„Wir sind personell nicht in der Lage, diese Kosten zu ermitteln. Dazu muss ich mich Dritter bedienen, Da habe ich also allein für die Kostenermittlung schon Kosten zu erwarten.“ Und Hartmut Stahl (IG) machte es kurz: „Der Antrag ist flach wie ein Brett.“ Der Antrag wurde in den Bauausschuss verwiesen, was allerdings die Frage nach sich zieht, was der damit eigentlich anfangen soll....
Abgelehnt wurden der Antrag zur Berichterstattung der Verwaltung an den Stadtrat, der Antrag, dass die Fraktionen auch Nichtstadtratsmitglieder in den zu bildenden Klimabeirat entsenden können (weil das ohnehin möglich ist), und der Antrag, die Verwaltung zu beauftragen, eine Konzeption und Kostenanalyse zur denkmalgerechten Sanierung von Busch- und Hubertusteich zu erstellen. „Das ist ein klassischer Antrag für die Haushaltsberatung“, ließ Christina Buchheim die SPD wissen. Und den Antrag zur Begrünung des Marktplatzes, dem Annette Gottschlich (CDU) attestierte, er berücksichtige den Markt als Wirtschaftsfaktor nicht genug, zog Ziesemeier in der Debatte selbst zurück, um ihn in den Bauausschuss verweisen zu lassen - wofür es dann eine Mehrheit gab.
Mehrheit ist für einen Antrag zum Digitalisierungszentrum
Eine Mehrheit gab es auch für den Antrag zum Digitalisierungszentrum, allerdings erst nachdem er durch Christina Buchheim ein Stück weit entschärft worden war, indem sie die finanziellen und personellen Verpflichtungen, die die SPD hatte hineinschreiben lassen wollen, quasi herausredigierte.
Und eine Mehrheit - die dann sogar vollständig, sprich: einstimmig war - gab es für den Antrag, Georg Heeg zum Bahnbeauftragten der Stadt Köthen zu berufen. Dies freilich war faktisch nur noch ein Pro-Forma-Antrag, weil Heeg dieses Amt schon vorher ausgefüllt hatte; aus schlichtem persönlichen Interesse, für das er jetzt ein starkes städtisches Mandat bekommen hat. (mz)