1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Spiegler Eike von Repgow wird gebührend gewürdigt

Spiegler Eike von Repgow wird gebührend gewürdigt

Von UTE HARTLING-LIEBLANG 21.06.2009, 18:03

REPPICHAU/MZ. - Vor 800 Jahren wurde der Name des Spieglers erstmals urkundlich erwähnt, der vermutlich zwischen 1180 und 1190 in Reppichau geboren ist. Eikes namentliche Ersterwähnung 1209 war einer der Gründe, warum am vergangenen Wochenende ganz Reppichau in bester Feierlaune war. Mit den Einwohnern des Dorfes, das zugleich seinen 850. Geburtstag beging, würdigten zahlreiche Besucher sowie Repräsentanten aus Politik, Kirche und Justiz dieses Ereignis.

Scheck für Glockenprojekt

Bürgermeister Erich Reichert (CDU) hatte beim Festgottesdienst einige Minuten zu tun, um die lange Liste der Gäste vorzulesen. Im Anschluss daran gab es drei Grußworte, eine Laudatio von Eike-Forscher Professor Dr. Heiner Lück von der Martin-Luther-Universität Halle sowie als Höhepunkt den vielbeachteten Festvortrag von Professor Dr. Günter Hirsch, Präsident des Bundesgerichtshofes a.D. zum Thema "Gesetz-Recht-Gerechtigkeit: Von der Aufgabe des Richters in unserer Zeit". Würdig untermalt wurde die Veranstaltung mit Musik von Händel und Bach durch ein internationales Musiker-Trio, dessen Mitglieder aus Ungarn, Japan und Deutschland stammen.

Für das Ende des Festgottesdienstes hatte Reichert eine kleine Überraschung angekündigt. Die löste nicht nur bei Gemeindepfarrer Michael Bertling und beim Gemeindekirchenrat große Freude aus. Im Namen der Landkreisverwaltung überbrachte Dezernent Bernhard Böddeker einen Scheck über 2 400 Euro für das Glockenprojekt der Reppichauer Kirche. Rund 10 000 Euro werden benötigt, um das Glockenspiel vor größerem Schaden zu bewahren. Die älteste der Glocken, die aus dem frühen 13. Jahrhundert stammen dürfte, könnte schon zu Eikes Zeiten erklungen sein, wie Heiner Lück in seiner Laudatio erwähnte.

In der Festschrift, die anlässlich der beiden Jubiläen herausgegeben wurde, widmet sich der Eike-Forscher auch der Ersterwähnung des Ortes Reppichau in einer Urkunde vom 24. Dezember 1159, die unter anderem von Eyco et Arnolt Rypechowe unterzeichnet wurde, wobei es sich bei Eyco um Eikes Großvater gehandelt haben könnte. Auf diese Urkunde führt Reppichau sein 850-jähriges Bestehen zurück. Und es kann laut Heiner Lück auch daraus geschlossen werden, dass sich das Stammgut (Handgemal) derer von Repgow in Reppichau befunden hat.

Eike von Repgow soll hier also um 1180 geboren sein und nach heutigem Forschungsstand eine der Kloster- oder Domschulen in Halberstadt oder Magdeburg besucht haben. Beleg für seine Existenz sind neben dem berühmten Sachsenspiegel sechs Urkunden aus den Jahren zwischen 1209 und 1233, aus denen sein Name als Zeuge von Rechtsgeschäften der Anhaltischen und Wettiner Fürsten hervor geht, wie Lück in seiner Laudatio verdeutlichte.

Für Leser aus dem Altkreis Bitterfeld dürfte interessant sein, dass der Verfasser des Sachsenspiegels auch mit der Gerichtsstätte Mettine auf dem Quetzer Berg bei Zörbig in Zusammenhang gebracht werden kann. Diese Erhebung war die Dingstätte der Grafen von Brehna. Dort wird er 1209 als einer unter 14 Zeugen eines Gerichtsaktes genannt, bei dem es um die Veräußerung des Schlosses Spören ging.

Als Wirkungsbereich des Spieglers wird das Gebiet zwischen Magdeburg und Halberstadt, Dessau und Halle bis hin nach Meißen und Naumburg angenommen, so dass "der Sachsenspiegel sehr wahrscheinlich auf dem Territorium des heutigen Sachsen-Anhalt entstand", wie Staatsminister Rainer Robra im Vorwort zur Festschrift schreibt. Robra ist zugleich Geschäftsführer der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt, die die Publikation zusammen mit dem Land Sachsen-Anhalt und der Gemeinde Reppichau finanziert und gefördert hat. In seinem Grußwort sagte er beim Festakt am Samstag: "Reppichau ist ein herausragendes Beispiel für einen gefestigten Bürger- und Gemeinschaftssinn und ein wachsendes Geschichtsbewusstsein."

Bürgermeister Erich Reichert erwähnte bei der Eröffnung der Festlichkeiten am Freitagabend im Rückblick, dass es in Reppichau auch 1934 (mutmaßliches 700. Todesjahr Eike von Repgows) und 1984 ein Fest gegeben hat, welches die Ideologen der jeweiligen Zeit allerdings für ihre Zwecke missbraucht haben. Waren es anfangs nur einzelne Reppichauer, die das Andenken an Eike von Repgow bewahrten - darunter Kantor Oskar Mansfeld, der 1934 die Aufstellung des Denkmals an der Kirche bewirkte - so konnte Bürgermeister Erich Reichert nach 1992 immer mehr Bürger dafür begeistern, das Erbe jenes Mannes zu bewahren, der zu seinen Lebzeiten das Rechtsverständnis im mittel- und osteuropäischen Raum so nachhaltig geprägt hat.

Am 8. September 2000 wurde der Förderverein Eike von Repgow gegründet, dessen Mitglieder an der Vorbereitung der 850-Jahr-Feier und am Eike-Jubiläum tatkräftig mitgewirkt haben. In historischen Kostümen verkörpern sie unter anderem Eike von Repgow, Heinrich I. von Anhalt und seine Gattin Irmgard von Thüringen, Erzbischof Wichmann von Magdeburg oder Eikes Förderer Graf Hoym von Falkenstein. Die etwa 50 Reppichauer führten auch am Sonntag den historischen Festumzug an. Dieser gliederte sich in drei große Themenblöcke: "Wie alles begann", "Größen von Anhalt" - darunter Johann Sebastian Bach, der Dessauer Fürst Leopold, die Grafschaft Brehna, Albrecht der Bär und Till Eulenspiegel - und der Block "Das heutige Reppichau", vertreten durch Reppichauer Vereine und Kinder.

Bitterfeld-Wolfens Oberbürgermeisterin Petra Wust, Mitglieder des Amateurtheaters Wolfen, vom Jugendclub 84 und vom Kultur- und Heimatverein Wolfen waren ebenso ins Eike-von-Repgow-Dorf gereist wie der Naturfanfarenzug Wolfen, die Rolandbrüder und der Zerbster Heimatverein, die den bunten Zug mitgestalteten.

Weit über 4000 Besucher

In der Dorfmitte wurde den Gästen vor und nach dem Umzug auf einem mittelalterlichen Markt allerhand an Unterhaltung aber auch an Kulinarischem und Handwerkskunst geboten. Die Türen weit geöffnet hatte auch die erst kürzlich eröffnete Gaststätte "Zur Morgengabe", auf die die Gemeinde besonders stolz ist. Sie konnte mit Unterstützung der Arbeitsagentur eröffnet werden. Wie schon an vielen anderen Stellen im Ort haben der Reppichauer Kunstschmied Frank Schönemann und der Köthener Kunstmaler Steffen Rogge die Ausgestaltung übernommen. Die Gaststätte bietet nun auch Besuchern des Reppichauer Freilichtmuseums die Möglichkeit, sich nach einer Besichtigungstour zu stärken.

Immerhin kommen jährlich weit über 4000 Gäste in das Eike-von-Repgow-Dorf und das einzigartige Mühlenmuseum, in dem mehrere Exemplare des Sachsen-Spiegels ausgestellt sind.