Sonderfahrt der Eisenbahnfreunde Sonderfahrt der Eisenbahnfreunde: Ohne Halt von Aken nach Leipzig

aken/Leipzig/MZ - „Kann ich denn hier mitfahren?“ Selbst der Weihnachtsmann wollte sich diese Premiere nicht entgehen lassen, die die Akener Eisenbahnfreunde am ersten Advent auf die Schienen gestellt hatten. Gab es doch erstmals in der 123-jährigen Streckengeschichte einen durchgehenden Personenzug von Aken nach Leipzig.
„Wie genial ist das denn?“, „Von Aken in die weite Welt, ohne Umsteigen…“ sind nur einige der begeisterten Kommentare ob dieser Fahrt, die – Akener Hafen-Chef Peter Ziegler sei Dank – neben dem Lokschuppen um 11.25 Uhr starten kann. Die KKM hatte Deko geliehen, und so ist schon Adventsstimmung, als der Rotberockte hinter dem Hafentor zusteigt. „Ulfs kleine Blasmusik“, diesmal schlagwerkunterstützt sogar zu viert. Vereins-Chef Holger Fuchs verteilt Plätzchen. Überdies sind Brausen, Kinderpunsch und Glühwein im Angebot, Stolle steht bereit, als die Rangierfahrt aus dem Hafen sich ab Bahnhof Aken in einen Sonderzug wandelt und mit 60 Stundenkilometern die wenigen Minuten bis nach Köthen fährt – allein schon dies sind Erlebnisse, die bei Bahnenthusiasten die Herzen höher schlagen lassen. Die Ankunft auf Bahnsteig eins, fast pünktlich um 11.50 Uhr. Schnell ein Erinnerungsfoto mit rotem Weihnachtsmann neben rotem Triebwagen – und der Zuruf: „Mach doch mal eine Schlagzeile! Weihnachtsmann kommt in Köthen an – und keiner holt ihn ab!“ Er hat ja auch keine Zeit für Köthen heute. Denn als sich 12.20 Uhr der Zug über seltene Fahrwege des Bahnhofs Köthen wieder in Bewegung setzt, beginnt er seine Adventsarbeit.
Unter weihnachtlichen Blechblasklängen beginnt er schwer beladen seinen Weg im hinteren Zugteil und arbeitet sich nach vorn, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, für jeden aufmerksame Augen – und natürlich einen Griff in den Geschenke-Sack. „Je tiefer ich greifen muss, desto besser werden ja die Geschenke“ wundert sich der Weißbart, unter dem Andreas Reim aus Aken steckt, und erheischt sich so trotz seiner „Nötigungen“ zum Vortrag von Liedern und Gedichten manch schallendes Gelächter.
Unterdes hat der Zug nach dem Köthener Rangierfeld Fahrt aufgenommen und rattert mit 120 durch die Lande – Hauptbahnhof Halle/Saale passiert er ohne Halt und fährt, eine geringe Verspätung mehr als wieder aufholend, über Leipzig-Flughafen auf den großen Hauptbahnhof zu. Es ist noch nicht halb zwei, da können am Außengleis 18a alle aussteigen – und schaffen es auch trotz des vorangekündigten „Höhenunterschieds zwischen Ausstieg und Bahnsteigkante“.
Vier Stunden später kehren die ersten zurück. Ute und Dieter Raschke sind mit Enkelin Sania (zweieinviertel) das erste Mal im Weihnachtszug und begeistert. „Wir sind gerne wieder mit dabei, wenn es klappt!“ Auch Anton Hoppe (10), Annalena (5) und Dominic Senfftleben (14) sind mit ihren Eltern an Bord und finden die Sache „eine schöne Idee“, Elsa Lill und Erika Zielske sind Neulinge: „Wir haben uns alles angeguckt, den Weihnachtsmarkt, das Riesenrad, den Bahnhof…“, und: „Wir sitzen genau richtig!“ Haben die beiden Damen sich doch genau neben der Blaskapelle platziert. Holger Rössing ist mit Tochter Pauline und ihrer Freundin Fabienne (beide 6) im Abteil und outet sich: „Mir war der Weihnachtsmarkt zu stressig. Ich war bei der großen Modellbahnausstellung. Hab aber auch ’ne Bratwurst und ’ne Waffel gegessen – und denne war mir schlecht!“ Er lacht. Und auch Lokführer Michael Jungfer wird es am Ende „jut“ finden und sich freuen, dass „sein“ Verein in Wittenberg am kommenden Wochenende ebenfalls weihnachtliche Sonderzüge startet.
Ab Leipzig 17.50 Uhr, an Aken-Hafen 19.25 Uhr, man ist wieder zu Hause. Und im nächsten Jahr? „Vielleicht wieder Leipzig? Oder mal Quedlinburg? Vielleicht mit zwei Triebwagen?“ Da werden die Bahnfreunde um Holger Fuchs noch die Köpfe zusammenstecken.