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Sieben Steine der Erinnerung Sieben Steine der Erinnerung: In Aken wurden die ersten Stolpersteine verlegt

Von Sylke Hermann 24.06.2018, 12:00
Der Künstler Gunter Demnig bei der Arbeit. Vor dem Haus in der Bahnhofstraße 15 in Aken werden fünf Stolpersteine verlegt: für Isidor Leib und Gitel Wilkenfeld sowie deren Kinder Berta, Norbert und Gerhard.
Der Künstler Gunter Demnig bei der Arbeit. Vor dem Haus in der Bahnhofstraße 15 in Aken werden fünf Stolpersteine verlegt: für Isidor Leib und Gitel Wilkenfeld sowie deren Kinder Berta, Norbert und Gerhard. Heiko Rebsch

Aken - Kaum hörbar nähert sich der Künstler im roten Transporter der Bahnhofstraße 15. Gunter Demnig, wie gehabt mit Hut, klettert aus dem Fahrzeug und nimmt sofort die beiden Männer vom Akener Betriebshof in Beschlag. Sie warten nur darauf, einige Pflastersteine zu lösen, um Platz für die Stolpersteine zu schaffen. Für fünf Stolpersteine. Für fünf Mitglieder der Familie Wilkenfeld, die jüdischen Glaubens war.

An diesem Dienstagvormittag treffen sich viele Menschen vor dem Haus, wo die allerersten Stolpersteine verlegt werden. Für Jana Müller „ein sehr wichtiger Schritt, dass nun in meiner alten Heimatstadt der Menschen gedacht wird, die Widerstand geleistet haben“. Jana Müller, die Tochter des früheren Bürgermeisters, forscht in ihrer Freizeit viel zu diesem Thema.

Dass drei Kinder Gerhard Wilkenfelds aus Sydney und New York nach Aken gekommen sind, um dabei zu sein, als die Stolpersteine verlegt werden, berührt sie. Dies sei „eine großherzige Geste gegenüber uns Nachfahren der Täter, Mitwisser und Zuschauer“.

Fünf Stolpersteine erinnern an Schicksal der Akener Familie Wilkenfeld, die jüdischen Glaubens war

Im Erdgeschoss der Bahnhofstraße 15 lebten Isidor Leib und Gitel Wilkenfeld mit ihren Kindern Gerhard, Berta und Norbert. Eine der wenigen jüdischen Familien in Aken. An ihr Schicksal erinnern nun fünf Stolpersteine. Für Judy, David und Simon ist dies ein besonderer Moment, den sie mit der Kamera festhalten.

Karl Falkenberg kam am 5. Februar 1904 in Aken auf die Welt. Er blieb seiner kommunistischen Überzeugung auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten treu, verteilte illegale Flugblätter. Er lebte mit seiner Frau und den beiden Söhnen in der Angerstraße 2 in Aken - dem Ort, an dem nun ein Stolperstein liegt.

Am 18. Mai 1936 wurden elf Personen, darunter Karl Falkenberg, verhaftet und in Magdeburg inhaftiert. Im Konzentrationslager Sachsenhausen wurde er seit 1941 als Häftling 37 648 geführt. Nach fünf Monaten überstellte man ihn in ein Konzentrationslager nahe Breslau. Hier starb er am 5. Mai 1942 an Durchfall und Herzinsuffizienz, wie der Lagerkommandant seiner Frau per Telegramm mitteilte.

Schüler sollen von den Schicksalen erfahren

Ein weiterer Stolperstein liegt seit diesem 19. Juni 2018 in Dessauer Landstraße vor dem Haus Nummer 28. Er erinnert an Friedrich Franz Zeibig. Geboren am 18. Mai 1885 in Aken gehörte er seit den 1920er Jahren zur Religionsgemeinschaft der Bibelforscher, später Zeugen Jehovas. Er starb 64-jährig am 7. März 1940 im Lager Sachsenhausen, wo er fast zwei Jahre misshandelt wurde.

Gunter Demnig, der Künstler, sagt der MZ zur Stolperstein-Aktion in Aken: „Es ist immer wieder anders; es gibt keine Gewohnheit dabei.“ Ihm ist wichtig, dass vor allem Schüler („für sie machen wir es“) von den Schicksalen erfahren. In Aken sind viele Sekundarschüler vom Burgtor dabei. (mz)

Noch mehr Informationen der Akener Initiative und Biographisches auf der Seite stolperninaken.de im Internet.

Mit Stolpersteinen will Gunter Demnig an die Opfer der Nationalsozialisten erinnern. Es handelt sich um kleine Messingtafeln, die vor dem letzten, selbst gewählten Wohnort in den Gehweg eingelassen werden. Mittlerweile liegen in 23 Ländern Europas mehr als 69.000 Stolpersteine, wie der 1947 in Berlin geborene Initiator der Kunstaktion berichtet.

Mehr zu diesem Kunstprojekt gibt es im Internet auf der Seite www.stolpersteine.eu