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Ohnmacht der Einsatzkräfte Seelsorger bei der Feuerwehr: Wer hilft den Helfern?

Von Stefanie Greiner und Matthias Bartl 16.02.2019, 18:00
Mit Schaum haben die Feuerwehrleute das brennende Fahrzeug gelöscht, für drei Insassen des Pkw kam jedoch jede Hilfe zu spät.
Mit Schaum haben die Feuerwehrleute das brennende Fahrzeug gelöscht, für drei Insassen des Pkw kam jedoch jede Hilfe zu spät. ffw Köthen

Reinsdorf - Sie retten Menschen aus brennenden Häusern. Sie befreien eingeklemmte Personen aus Unfallfahrzeugen. Und trotzdem gehen manche Einsätze nicht spurlos an Feuerwehrleuten vorbei - auch nicht an den erfahrensten. Der Einsatz am Donnerstagabend war einer davon. Bei dem schweren Autounfall bei Reinsdorf in der Stadt Südliches Anhalt sind zwei Erwachsene und ein Kind gestorben. Ein Baby konnte in letzter Sekunde von einem Ersthelfer gerettet werden.

Ratlosigkeit bei den Helfern

Einsätze mit Todesopfern würden auch erfahrene Feuerwehrleute beschäftigen, sagt Polizei-Seelsorger Michael Bertling. Vor allem, wenn diese Opfer noch Kinder seien. „Die meisten Einsatzkräfte sind selbst Eltern oder Großeltern.“

Normalerweise kümmert sich Michael Bertling um Polizisten, die nach schweren Einsätzen seelsorgerisch betreut werden müssen. Am Donnerstagabend war er aber auch für die Einsatzkräfte der Feuerwehr da. Er ist selbst Feuerwehrmann und weiß, wie schwer solche Einsätze sein können. Am Freitagabend hatten die Feuerwehrleute außerdem ein Treffen in Görzig anberaumt, bei dem die Einsatzkräfte mit ihm sprechen konnten.

Vertrauen in die Kameraden

„Wir haben darauf gedrängt, dass das genutzt wird“, sagt Bjoern Neiseke, Feuerwehrsprecher in der Stadt Südliches Anhalt und Einsatzleiter vor Ort. Er findet es wichtig, dass es solche Angebote gibt. Diese wahrzunehmen, habe nichts mit Schwäche zu tun. Im Gegenteil. Solche Gespräche seien wichtig. Für den einzelnen, aber auch für das Team. Über das Erlebte zu sprechen, habe etwas mit Vertrauen zu tun. Genauso wie jeder Einsatz mit Vertrauen zu tun habe. Mit Vertrauen in die Kameraden. Auch die Kameraden aus Baasdorf und Arensdorf wollten an dem Gesprächskreis teilnehmen, wie Köthens Stadtwehrleiter Heiko Schmidt informierte. Schmidt, der selbst an dem Einsatz am Donnerstagabend teilgenommen hatte, machte den psychologischen Druck deutlich, unter dem die Kameraden standen: „Wir wollen helfen, das ist unser Anspruch. Und dann steht man machtlos davor und kann nichts tun.“

Bjoern Neiseke nennt den Unfall bei Reinsdorf einen der schlimmsten Einsätze der Feuerwehrleute im Südlichen Anhalt. Die Führungskräfte seien auf solche Einsätze vorbereitet - darauf, die eigenen Gefühle für einen Moment auszuschalten und handeln zu können - und darauf, einschätzen zu können, wie sie ihre Kameraden einsetzen können. Wer traut sich den Einsatz zu und wer nicht? Diese Frage steht immer zu Beginn eines solchen Einsatzes. Lehne ein Kamerad ab, werde das akzeptiert.

(mz)