1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Schweinehochhaus in Maasdorf: Schweinehochhaus in Maasdorf: Tierschützer in der Kritik

Schweinehochhaus in Maasdorf Schweinehochhaus in Maasdorf: Tierschützer in der Kritik

Von Helmut Dawal 29.07.2015, 09:19
Im März hatte das „Deutsche Tierschutzbüro“ eine Demonstration vor dem Schweinehochhaus initiiert.
Im März hatte das „Deutsche Tierschutzbüro“ eine Demonstration vor dem Schweinehochhaus initiiert. Rebsch Lizenz

Maasdorf/Köthen - Jan Peifer, Gründer des Vereins „Deutsches Tierschutzbüro“, hält daran fest: Das Schweinehochhaus in Maasdorf soll geschlossen werden. Die Tiere dort, so Peifers Auffassung, werden gequält. Nach einem Fernsehbericht und einer Demonstration vor dem Schweinehochhaus erstattete er bei der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau Strafanzeige gegen die JSR Hybrid Deutschland GmbH, die die Maasdorfer Anlage betreibt, wegen Verstoßes gegen den Paragraf 17 Nr. 2b des Tierschutzgesetzes. Danach kann mit Freiheits- oder Geldstrafe bestraft, werden, wer einem Wirbeltier „länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt“. Im Konkreten bemängelt der Tierschützer die aus seiner Sicht zu kleinen Kastenstände, in denen die Zuchtsauen gehalten werden. Was ist aus der Anzeige geworden?

Mängel beseitigt, „zu 100 Prozent“

„Die Ermittlungen laufen noch. Ihr Abschluss hängt davon ab, wie schnell sich alle äußern“, teilte Oberstaatsanwalt Christian Preissner auf MZ-Anfrage mit. Welche konkreten Maßnahmen die Staatsanwaltschaft unternommen hat, ob es beispielsweise ihrerseits Kontrollen im Schweinehochhaus gab oder noch geben wird, dazu wollte sich Preissner nicht äußern. „Wir stellen keine Ermittlungsschritte in der Öffentlichkeit dar.“ Gleichwohl sprach er von einer „diffizilen Sache“. Es müssten viele Beteiligte gehört werden - diejenigen, die die Fotos im Schweinehochhaus gemacht haben, diejenigen, die den Betrieb leiten, diejenigen, die in der Anlage arbeiten und die Behörden, die sich dort umgeschaut haben.

JSR-Geschäftsführer Michiel Taken sieht den Ermittlungen mit einer gewissen Gelassenheit entgegen. „Wir sind momentan die am besten geprüfte Anlage in Sachsen-Anhalt“, äußerte er. Das Schweinehochhaus sei in den letzten fünf Monaten vier mal kontrolliert worden. „Was die Veterinäre dabei bemängelt haben, wurde behoben, und zwar zu 100 Prozent“, sagte Taken. Er betonte, „dass nichts Gravierendes passiert ist und von Tierquälerei keine Rede sein kann“. Bei den kritisierten Platzverhältnissen sei es um jeweils zehn Zentimeter gegangen, die in der Länge fehlten. „Die festen Flächen haben wir in 64 Buchten verlängert“, nannte er ein Detail.

Dass die Anlage verdreckt sein soll, wie es die Tierschützer dargestellt haben, weist Taken ebenfalls zurück. Die Mitarbeiter säubern zweimal täglich das Schweinehochhaus. Es passiere schon, dass kurz nach der Reinigung eine Sau wieder Kot hinterlasse, was aber nicht zu verhindern sei. „Wir können nicht alle zehn Minuten durch die Buchten gehen, das ist nicht zu schaffen.“

Im Landwirtschaftsministerium sieht man keine Veranlassung, weitere Schritte gegen das Schweinehochhaus zu unternehmen. „Am 2. April, am 4. Mai und zuletzt am 8. Juli 2015 fanden amtliche Kontrollen des Landkreises Anhalt-Bitterfeld statt. Diese sollten dazu dienen, die schrittweise Abstellung aller im März erhobenen Mängel zu überwachen und zu überprüfen. Nach der letztgenannten Kontrolle sind nunmehr alle Mängel beseitigt“, teilte Jeanette Tandel, Pressesprecherin im Landwirtschaftsministerium, mit. Das Ministerium hatte bereits nach der im März stattgefundenen ersten Kontrolle darauf hingewiesen, dass es zwar Verstöße gegeben habe, man aber „nicht von gravierenden Mängeln“ reden könne.

Tierschützer in Kritik

Tierschützer Jens Peifer ist unterdessen im Zusammenhang mit einer anderen Aktion selbst ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Nach einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg darf er kein Foto- und Videomaterial mehr verbreiten, das Aktivisten rechtswidrig bei einem nächtlichen Hausfriedensbruch in einem Legehennenstall in Baden-Württemberg beschafft hatten. Nach MZ-Recherchen soll auf den Aufnahmen u.a. zu sehen gewesen sein, wie ein von den Scheinwerfern der Aktivisten aufgeschrecktes Huhn kopfüberhängend qualvoll verendete, nachdem es sich bei dem Versuch zu fliehen mit einem Fuß zwischen einer Stange und einem Blech verfangen hatte. Die Aktivisten sollen das Huhn bei seinem Todeskampf gefilmt haben, anstatt es zu befreien.

Das Schweinehochhaus wurde in den Jahren 1969 und 1970 gebaut. Der Zentrale Landwirtschaftsrat der DDR unterstützte diesen Experimentalbau, um den Verbrauch hochwertiger Ackerfläche zu minimieren. So entstand ein Gebäude mit einer Grundfläche von 45 mal 16 Metern mit Kellergeschoss und fünf Etagen. Ausgelegt war es für 500 Zuchtsauen und bis zu 2.000 Ferkel.

Peifer hat den Vorwurf, er oder Mitglieder seines Vereins seien in dem Stall gewesen, zurück gewiesen. Er habe nur das Videomaterial veröffentlicht, hieß es in Medienberichten. Dass dieser Vorfall der Arbeit seines Vereins schaden könnte, sieht Peifer nicht. „Dem Tiere wurde übrigens direkt, nachdem festgestellt worden ist, dass es noch lebt, geholfen“, teilte er auf MZ-Anfrage mit. Das Tierschutzbüro akzeptiere die Verfügung nicht und sei bereits dagegen vorgegangen. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass die nächste Instanz die Verfügung aufheben wird.“ Peifers Zuversicht stützt sich darauf, dass kein anderes Landgericht in Deutschland die Rechtsauffassung vom Landgericht Hamburg teile. Dieses Gericht sei der Meinung, dass Aufnahmen, die durch einen Hausfriedensbruch entstanden sind, nicht in die Öffentlichkeit gehörten.

Bei den Berichten über seinen nächtlichen Streifzug durch das Schweinehochhaus Maasdorf legt Peifer übrigens großen Wert auf eine Formulierung: Er sei nicht eingebrochen, sondern reingeschlichen. Ein Hausfriedensbruch war es aber allemal. Mögliche Konsequenzen befürchtet Peifer aber nicht, da, wie er mitteilte, „hier die Abwägung des öffentlichen Interesses höher zu bewerten ist als der mögliche Hausfriedensbruch“. Er sei schon 400 mal wegen Hausfriedensbruchs angezeigt worden, alle wurden eingestellt. „Ich habe keine Vorstrafen“, betonte Jan Peifer. (mz)

Das Schweinehochhaus
Das Schweinehochhaus
Archiv Lizenz