Schloss Köthen Schloss Köthen: Rückkehr nach 468 Jahren
Köthen - Die Schlacht war schon verloren, bevor sie an diesem 24. April 1547 begonnen hatte. Die vom Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen geführten Truppen des Schmalkaldischen Bundes rasteten bei Mühlberg noch in ihrem Feldlager, als sie plötzlich über die Elbe hinweg von einer Übermacht kaiserlicher Reisiger angegriffen und letztlich vernichtend geschlagen wurden. Der Schmalkaldische Krieg zwischen protestantischen Fürsten und Kaiser Karl V. war vorüber - die Protestanten hatten eine schwere Niederlage erlitten.
Unter den Männern, die nun vor der Rache des Kaisers flüchten mussten, war auch Fürst Wolfgang von Anhalt-Köthen. „Der Bekenner“, ein Freund Luthers, hatte in seinem Land schon 1525 die Reformation eingeführt - als drittes Land der Welt hinter Kursachsen und Preußen. Kein Wunder also, dass der Kaiser ihn besonders verfolgen ließ und unter Acht stellte.
Dass Wolfgang bei seiner Flucht (er durfte erst 1552 wieder in seine Besitztümer zurückkehren), seinen Prunkharnisch nicht mitgenommen hatte, ist nur logisch. Wer wird sich mit 27 Kilogramm Metall belasten, wenn ihm feindliche Reiter im Nacken sitzen? Wahrscheinlich ist auch, dass dieser Harnisch zur Kriegsbeute wurde.
Und jetzt ist diese Rüstung nach 468 Jahren nach Köthen zurückgekehrt und wird ab dem 13. Juni in einer Ausstellung gezeigt, die die Köthen Kultur und Marketing GmbH derzeit aufbaut und die sich unter dem Arbeitstitel „Personen der Köthener Stadtgeschichte“ mit verschiedenen Aspekten der 900-jährigen Geschichte Köthen befasst.
Und Wolfgangs Prunkharnisch wird dabei die größte museale Attraktion sein. Normalerweise befindet sich das seltene Stück in der Rüstkammer der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden. Aber KKM-Chef Michael Schuster hatte die Idee, den Harnisch für die Ausstellung auszuleihen - „und dagegen hatte man in Dresden nichts“, wie Schuster sagte, als der Harnisch in der Vitrine aufgebaut war, die für die nächsten Monate sein Platz sein wird.
Die Bedeutung des Stückes („Wir sind in Ehrfurcht erstarrt“ - Museumsmitarbeiter Jan W. Howard) wird auch durch den Aufwand deutlich, der mit Transport und Aufbau betrieben wurde. Denn der Riefelharnisch - so die offizielle Bezeichnung - kam nicht im Stück nach Köthen, sondern in etwa 40 Einzelteilen, die von den sächsischen Fachleuten vor dem Zusammenbau noch einmal minuziös auf eventuelle Beschädigungen untersucht wurden. Kein Wunder bei einem so kostbaren Stück.
Zur Geschichte des Harnischs kann man im übrigen nur wenig sagen. Fest steht, dass es sich um eine süddeutsche Arbeit handelt, die irgendwann in den Jahren zwischen 1520 und 1530 erledigt wurde, also zur Hochzeit der Bauernkriege in Deutschland. Der Harnisch besteht aus Burgunderhelm (auch Bourguignotte genannt), Kragen, Brust mit Rüsthaken (der damals zum Halten der Lanze diente) und Bauchreifen. Weiterhin gehören dazu ein Rücken mit Gesäßreifen, Schultern mit Vorder- und Hinterflügen sowie angesetzten Brechrändern, rechter Schwebescheibe kompletten Armzeugen mit Henzen, Beintaschen, Diechlingen (eine textile Zusatzpanzerung) mit Kniekacheln sowie Beinröhren mit Kuhmäulern. Zum Verständnis: Mit letzterem sind die Schuhe des Ritters genannt, die der Form nach einem Rindermaul gleichen sollen. Wer in der Auflistung der Stücke, aus denen die Leihgabe besteht, die Panzerhandschuhe vermisst - sie fehlen nicht, sie werden nur anders genannt: Es sind die oben erwähnten Henzen.
Vermutet werden darf, dass der Riefelharnisch eher repräsentativen als kriegerischen Zwecken diente. Allerdings sind an einigen Stellen Abnutzungen sichtbar; nur in der Ecke gestanden hat der Harnisch wohl doch nicht. Übrigens kann man aus der Größe des Harnischs keine Rückschlüsse auf die Größe Wolfgangs ziehen, wie Museumschef Daniel Spielau erklärt: Brust und Rücken können auch tiefer gesetzt werden und dadurch die Beinröhren stärker abdecken: „Wir haben ihn so groß hingestellt, dass er eben noch in die Vitrine gepasst hat“, erklärt Spielau. (mz)