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Schifffahrt Schifffahrt: 71-Jähriger Akener ist immer auf Reisen

Von sylke Hermann 13.05.2014, 19:37
So lange er gesund und fit ist, gibt Klaus Kober seine „Ostmark“ nicht her.
So lange er gesund und fit ist, gibt Klaus Kober seine „Ostmark“ nicht her. Heiko Rebsch Lizenz

aken/MZ - Es ist, als könnte man die frische, norddeutsche Luft hören, die die „Ostmark“ umweht. „Wir sind auf der Rückfahrt von Bremen“, gibt Klaus Kober seine Koordinaten durch. „Meine Güte, war das ein Wetter. Nicht mal unser Felix wollte vor die Tür.“ So viel hat es hier oben in den letzten Tagen geregnet. Doch Kobers Laune ist bestens: „Wir lagen in der Einflugschneise des Flughafens“, schildert der letzte aktive Akener Schiffer, der es ziemlich spannend fand, den großen Jumbo-Jets mal so nah zu sein. Und dann war da noch die Schleusensperre auf der Weser, die den Elbestädter ein paar Tage zurückgeworfen hatte; am Dienstagmorgen konnte er sie passieren. Ohne Eile, ohne Stress. „Zum Glück ist uns das auf dem Rückweg passiert“, lacht er ins Mobiltelefon. Den 87 Tonnen schweren Trafo hat er selbstverständlich pünktlich abgeliefert.

Früher hat Klaus Kober mit seinem Schiff drei Mal die Woche Kies nach Berlin gefahren. Er transportierte Getreide, Sojaschrot oder Weizen bis Köln, Holz nach Königs Wusterhausen, Schrott nach Lingen an der Ems oder Aluminiumbarren nach Berlin. Seit Jahren wird die 67 Meter lange und 7,10 Meter breite „Ostmark“ vor allem als Schwerlasttransporter genutzt, zum Beispiel für eine Kranbrücke, die nach Dillingen musste. (her)

Wenn Klaus Kober eine Reise tut, passiert immer was. Und meistens spielt Kater Felix die Hauptrolle. „Einmal“, muss Herma Schege, die Lebensgefährtin von Klaus Kober, herzlich lachen, „wollte er sich eine Bachstelze holen; aber er hat sie verfehlt und ist durch’s Geländer in die Schleuse gefallen - obwohl er angeleint war.“ „Vögel reizen ihn eben“, relativiert Herrchen augenzwinkernd. Bei Dornburg, am Elbekilometer 300, ist ihnen der heute 13-jährige Vierbeiner auch schon über Bord gegangen. „Wir haben erst mal gedreht und ihn gesucht.“ Ohne Erfolg. „Euer Kater“, erfahren sie Tage später von einem Kollegen, „sitzt da hinten auf der Buhne und putzt sich.“

Kober ist jetzt 71 und hat die Welt gesehen - die Welt, die er mit seiner „Ostmark“ erreichen konnte. Antwerpen, Rotterdam, das Ijsselmeer, Hamburg, Bremen, Bremerhaven - mehr muss, mehr will er gar nicht sehen. Eine Woche Spanien mit dem Bus und fünf Tage Ungarn mit dem Auto: Klaus Kober lacht, aber er sei nun mal Schiffer und müsse keine langen Strecken im Auto oder gar im Flieger absolvieren.

Vater war auch Schiffer

Kober wird in Stettin geboren, seine Kindheit verbringt er fast ausschließlich auf dem Schiff, eingeschult wird er in Schwerin. 1955, erzählt er, war er schon mal in Aken, von Anfang Januar bis Mitte März; „wir lagen damals in der Werft“, erinnert er sich. Alles, was er über den Beruf eines Schiffers wissen musste, hat er vom Vater gelernt. „Was sollte ich denn sonst anderes werden“, zuckt er mit den Schultern. Schlosser vielleicht. Mag sein. Aber er tritt in die Fußstapfen, die ihm die Männer in seiner Familie über mehrere Generationen hinterlassen. Rund 200 junge Burschen besuchen mit Kober die Berufsschule in Frohse bei Schönebeck. „Da gab’s noch genug Schiffe.“ Soll heißen, es sei gar nicht so ungewöhnlich gewesen, Schiffer werden zu wollen.

Als sein Vater 1986 stirbt, übernimmt er dessen Gewerbe - und das nach ihm, dem Junior, benannte Motorschiff „Klaus“. Mit einer Ladekapazität von 310 Tonnen. Es ist 42 Meter lang, 5,10 Meter breit. 1992 kauft er schließlich die „Ostmark“. Für 375 000 D-Mark. Er verschuldet sich, doch er hat Glück: „Ich musste an der Maschine noch nie etwas machen.“ Außer die guten alten Dieselmotoren ordentlich zu pflegen. Die „Ostmark“, die früher einmal „Lusitania“ hieß, wird 1958 in der Lauke-Werft in Spandau gebaut. Kober verliebt sich in Lauenburg in das gute Stück, übernimmt es später in Hamburg und sagt bis heute: „Ich kann nicht meckern. Die ist noch richtig gut in Schuss.“

Trotzdem denkt er ans Aufhören, daran, die „Ostmark“ zu verkaufen. „Aber die wollen alle nichts zahlen.“ Also, kündigt der 1,63 Meter große Wahl-Akener an, käme sie irgendwann auf den Schrottplatz. „Ich darf gar nicht daran denken“, schaltet sich Herma Schege ein. „Wir fühlen uns wohl an Bord.“ Im Grunde genommen sei es ganz wie zu Hause - nur nicht so groß. Sogar eine Wanne steht an Bord, es gibt eine grüne Wiese mit Liegestühlen zum Ausspannen gleich hinterm Steuerhaus und eine Tischtennisplatte, damit Kober auch unterwegs seinem Hobby nachgehen kann. „Wir sind den ganzen Tag an der frischen Luft“, schwärmt sie; „und wir machen Feierabend, wann wir lustig sind“, ergänzt er.

Der Heimathafen ruft. „Wenn’s gut läuft, sind wir Freitagabend zurück“, schätzt Klaus Kober. Wie lange die „Ostmark“ dann in Aken liegt, ist ungewiss. „Bloß nicht so lange“, lacht er.

Eine Menge Platz: Klaus Kobers Schiff wird vor allem als Schwerlasttransporter genutzt.
Eine Menge Platz: Klaus Kobers Schiff wird vor allem als Schwerlasttransporter genutzt.
Heiko Rebsch Lizenz