Quellendorf feiert seine Feuerwehr
QUELLENDORF/MZ. - In Quellendorf sah man am vorigen Wochenende Rot. Drei Tage lang - von Freitag bis Sonntag - hat die Freiwillige Feuerwehr des Ortes mit den Einwohnern ihr 125-jähriges Bestehen gefeiert. Nach der Feierstunde am Freitag in der Fahrzeughalle waren am Sonnabend ein Umzug durch den Ort, Einsatz-Vorführungen und ein öffentlicher Kameradschaftsabend mit Tanz die Höhepunkte.
In einer langen Reihe standen am Sonnabend 30 Einsatzfahrzeuge von heute und "anno dunnemals" im Berglindenweg für den Umzug bereit. Die Technik stammte freilich nicht allein aus dem Depot der Quellendorfer Wehr. Befreundete Feuerwehren aus der Umgebung, von Aken und Görzig über Gnetsch, Maasdorf, Radegast und Mosigkau bis Riesdorf, Weißandt-Gölzau und Libbesdorf hatten sich in die Schar der Gratulanten wie auch in den Umzug eingereiht.
Sie hätten alle spontan zugesagt, berichtete Ernst Hoffmann (65), bis Mai 43 Jahre lang Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Quellendorf und Stadtwehrleiter der Stadt Südliches Anhalt, zu der die Ortschaft gehört. "Langjährige Kontakte" nannte er als Grund dieser Verbundenheit und meinte damit die gemeinsamen Ausbildungen im 1998 bezogenen Feuerwehrgebäude und in technischer Hilfeleistung auf dem Gelände der Quellendorfer Wehr. Das haben die Feuerwehrleute mit Unterstützung örtlicher Unternehmen überwiegend selbst hergerichtet. So findet sich dort unter anderem ein Tankwagen, eine Schachtanlage mit Rohrleitungen, an der das Abdichten von Kanälen mit Dichtkissen geübt wird, eine Anlage aus Betonplatten, auf der die Feuerwehrleute die Rettung von Verschütteten und eingeklemmten Personen trainieren und vieles mehr.
Bei den Einwohnern fanden aber naturgemäß nicht die neuesten Ausrüstungen wie ein Gefahrgut-Abrollbehälter, sondern die Fahrzeug-Veteranen das größte Interesse. Bestaunt wurde zum Beispiel der von Karl-Heinz Sitte gefahrene, mit Blaulicht und Anhalt-Fahne ausgestattete "Löschtraktor" des Typs "Fahr" aus dem Jahr 1959, den die Freiwillige Feuerwehr Hinsdorf für den Umzug beisteuerte, und ein LF 8 des Typs "Garant" der Reupziger Wehr.
Bevor sich der vom Einsatzleitfahrzeug unter zünftiger Blasmusik angeführte Tross in Bewegung setzte, bat Ortswehrleiter Rico Berger alle Teilnehmer, einzusteigen. In der großen Hitze - es waren immerhin 38 Grad im Schatten - wolle man niemanden durch Quellendorf laufen lassen, erklärte er. Wie Michael Wichmann, Stadtwehrleiter der Stadt Südliches Anhalt und Bergers Stellvertreter in Quellendorf, informierte, hat die Wehr in ihren Reihen auch Rettungssanitäter. Vorsichtshalber habe man aber noch einen Krankenwagen angefordert, der mit durch den Ort fuhr.
Mit einem dreifachen "Gut Wehr" wurde zu Beginn des Umzugs das Mitglied der Akener Wehr, Michael Kiel, von seinen Kameraden zur Übernahme der Funktion des Landesjugendfeuerwehrwarts beglückwünscht. Anschließend begrüßten Wehrleiter Berger und Stadtwehrleiter Wichmann herzlich 35 Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr Hat mit ihrem Leiter Milan Vaclavik und dem Bürgermeister Pawel Kodlarsch. Seit 33 Jahren pflegt die Quellendorfer Wehr freundschaftliche Kontakte zu ihren aktuell 101 Kameraden in dem 2600 Einwohner zählenden tschechischen Ort nahe Ostrava. Bei einem touristischen Ausflug in die Quellendorfer Gaststätte "Harmonie" haben die tschechischen Brandschützer 1977 die ersten Kontakte zur hiesigen Feuerwehr hergestellt. Seither besuchen sich die Feuerwehrleute gegenseitig bei freudigen, aber auch traurigen Anlässen. Angehörige beider Wehren wurden vom Landesfeuerwehrverband Sachsen-Anhalt mit der Medaille für internationale Zusammenarbeit ausgezeichnet.
"Wir haben viele kompetente Leute in unserer Wehr, es ist eine der aktivsten im Landkreis", schätzte der Quellendorfer Helmut Pietsch am Rande des Umzugs ein. Der ehemalige Quellendorfer Herbert Adolf, der die Entwicklung der Wehr seit den 90er Jahren fotografisch dokumentiert, merkte an: "Dieser Ort lebt mit seiner Feuerwehr."
Der Gründungstag der Freiwilligen Feuerwehr Quellendorf am 3. Oktober 1885 ist in einer Urkunde dokumentiert. Verheerende Brände hatten den damaligen Gemeindevorstand zu diesem Schritt bewogen. Die Quellendorfer Wehr hat heute 38 Mitglieder, darunter sechs Frauen, sowie eine Altersabteilung mit sechs Mitgliedern. In der von Florian Fräßdorf und Sabine Hillig betreuten Jugendfeuerwehr sind rund 20 Kinder und Jugendliche aktiv.
Ob zu Kleinpfingsten, beim Osterfeuer, beim Fackelumzug, bei Kindergarten- und Schulfesten, stets helfe die Feuerwehr mit Mann und Technik, berichtete Veteran Ernst Hoffmann. "Die Einwohner sind mit ihrer Feuerwehr verbunden, das sieht man auch an diesem öffentlichen Kameradschaftsabend", sagte er. Mancher jedoch denke erst im Ernstfall daran, wie wichtig so eine Ortsfeuerwehr ist, kritisierte er.
Beim Ball am Abend jedoch waren solch düstere Gedanken vergessen, zumal es nach dem Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Argentinien doppelten Grund zum Feiern gab.