Profiturner aus Syrien in Köthen Profiturner aus Syrien in Köthen : Flüchtling hilft im Turnverein

köthen - Sein Lieblingsgerät? Abdulrhman Alomari zeigt an die Decke der Sporthalle. „Die Ringe“, sagt er und fängt an, von seiner Zeit als Profiturner in der syrischen Nationalmannschaft zu erzählen. Und von einem hochkarätigen Wettbewerb, bei dem er als Jugendlicher die Silbermedaille geholt hat.
Seit November besucht der 22-Jährige den Turn- und Sportverein in Köthen. Aber nicht, um zu turnen. Nein, er trainiert die Mädchen. Die Erfahrungen bringt er mit. Denn in seiner Heimat hat er auch Kinder trainiert.
Seine Heimat. Das ist Damaskus. Im Herbst musste Abdulrhman Alomari die Stadt verlassen. Ein Freund war getötet worden. Und auch er fühlte sich nicht mehr sicher. Der junge Mann machte sich - wie viele andere - auf den Weg nach Deutschland.
Es verschlug ihn nach Köthen. In eine Stadt, die so ganz anders ist als seine Heimat. Ob er bleiben will? „Nein“, sagt der junge Mann entschieden. „Wenn der Krieg zu Ende ist, will ich zurückgehen.“ Und er sein Studium abgeschlossen hat.
Ein absolut fähiger Mann
Dagmar Beck ist froh, Abdulrhman Alomari jetzt erst mal in Köthen zu haben. Denn er unterstützt die drei Trainerinnen, die beim Turn- und Sportverein für den weiblichen Nachwuchs zuständig sind. „Er ist ein absolut fähiger Mann“, sagt die langjährige Turnerin über den Neuzugang unter den Übungsleitern. Zunächst begleitete der Syrer die Trainerin. Mittlerweile leitet er eine eigene Gruppe. Und ist begeistert von den Leistungen der Mädchen. „Sie sind sehr gut“, sagt er. Das Training mache ihm viel Spaß. Sprachprobleme gibt’s nicht. Denn viele Worte sind ohnehin nicht nötig. „Ich zeige ihnen das Element“, sagt er auf Englisch. „Sie machen es nach.“ Das funktioniere gut. Und wenn’s doch mal hapert, ist Beate Parzich zur Stelle. Die studierte Dolmetscherin und Mutter einer jungen Turnerin kann aushelfen.
Abdulrhman Alomari turnt, seitdem er fünf ist. „Es ist ein toller und harter Sport“, sagt er. Seine große Schwester habe auch geturnt - und der beste Freund seines Vaters. Hisham Hawari sei ein Meister im Turnen - und anfangs sein Trainer gewesen.
Seit einigen Jahren ist der leidenschaftliche Sportler selbst Trainer. Und kommt damit auch in Köthen gut an. „Er kann uns viel zeigen“, sagt Johanna Franz. Das Mädchen turnt schon seit ungefähr fünf Jahren und ist begeistert von ihrem neuen Trainer. „Er kann auch schon ein bisschen Deutsch sprechen“, sagt die Elfjährige. „Und er ist lustig.“
Training wie in den DDR-Zeiten
Der junge Mann aus Syrien sei eine Bereicherung fürs Training, sagt Dagmar Beck. „Er bringt ganz andere Erfahrungen mit.“ Eben Erfahrungen aus einer Nationalmannschaft. „Er macht Training wie er es in Syrien gelernt hat“, sagt sie und merkt an, dass ihr das an einigen Stellen bekannt vorkomme. „Man kann es vergleichen mit dem Training zu DDR-Zeiten“, sagt Dagmar Beck, die selbst seit ihrer Kindheit turnt und ihre Töchter trainiert.
Sie hat den jungen Mann irgendwie auch ins Herz geschlossen. „Wir haben ihn zu Weihnachten mit eingeladen“, sagt Dagmar Beck. „Und er ist auch gekommen.“ Und habe ihr sogar ein Geschenk mitgebracht.
Abdulrhman Alomari mischt aber nicht nur beim Turn- und Sportverein mit. Fünfmal in der Woche besucht er auch den Köthener Sport Verein 2009. Dort macht er Krafttraining, ist ein gern gesehener Gast. Viel Zeit steckt der 22-Jährige, der mit einem Freund in einer Wohnung in Köthen lebt, darüber hinaus ins Deutschlernen. Er besucht das Landesstudienkolleg in Köthen - und lernt auch übers Internet Deutsch. (mz)