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Per Trabi von den Alpen nach Anhalt

Von STEFANIE GREINER 12.07.2010, 16:33

REPPICHAU/MZ. - Die Sonne sorgte in Reppichau für ein vergleichsweise kleines Teilnehmerfeld: Üblicherweise vereint die traditionelle Orientierungsfahrt für Oldtimer immer so um die 20 Teilnehmer, diesmal aber schrumpfte das Peloton in der tropischen Hitze auf nur zehn Fahrer zusammen, die sich auf die Ausfahrt ins Umland begaben. "Ein Trabi hat nun mal keine Klimaanlage", erklärte Aicke Bittner in lakonische Kürze.

Bittner war als Vorsitzender des Dessauer Trabi-Clubs einer der Organisatoren des Treffens, das zum zehnten Mal überhaupt und zum fünften Mal in Reppichau stattfand, und in erster Linie Fahrzeuge zusammenbrachte, die zu DDR-Zeiten über den IFA-Vertrieb an den Mann oder die Frau gebracht wurden: Trabi und Wartburg sowieso, aber auch andere Ost-Marken wie Skoda und Wolga und Dacia. Fahrzeuge für beinharte Fans mithin.

Volker Pörtner ist ein solcher Fan. Allerdings normalerweise für die Harley-Davidson. Das Sinnbild amerikanischer Lebensart lässt sein nordrhein-westfälisches Bikerherz höher schlagen. Mit einem Kultfahrzeug der ganz anderen Art war er am Wochenende in Reppichau: Der Trabi, die Rennpappe der DDR, fasziniert Pörtner ebenso wie das Prestigemotorrad der Vereinigten Staaten. Seit 20 Jahren ist er stolzer Trabi-Besitzer. Auf einem Schrottplatz hatte der Liebhaber kultverdächtiger Fahrzeuge damals die Rennpappe entdeckt. 350 Mark hat ihn der Trabi gekostet. In seiner Heimat ist Volker Pörtner als Tuning-Experte bekannt. Kein Wunder also, dass auch sein Trabi voller technischer Finessen steckt. "Ich wollte ein Extrem", machte der Tüftler deutlich.

Unter der Motorhaube seines Trabis kommt Polo-Technik zum Vorschein. Intensiv hat Volker Pörtner am Umbau seiner Rennpappe gearbeitet. Ein verbreiterter Kotflügel, Riesenspoiler und beachtliche Felgen sind das Resultat. Seine Renntrabi-Vision ist damit aber noch nicht erfüllt. "Ich liebäugele mit einem Turbomotor oder einer Renneinspritzung", erzählte der Besucher aus Unna. Um die neongelbe Lackierung seines Trabis müsse er sich demnächst auch kümmern. Über die Jahre ist das markante Äußere seiner Rennpappe ausgeblichen. Die bisherigen Materialkosten schätzte Volker Pörtner auf 4 000 bis 5 000 Euro. Der ideelle Wert seines Fahrzeuges ist mindestens zehn Mal so hoch. "Ich würde den nie verkaufen", betonte Volker Pörtner. Viel zu sehr hängt er an dem Trabi, der ihn seit 20 Jahren begleitet. Jahrelang fährt der Tuning-Experte mit seiner Rennpappe zum Trabitreffen nach Zwickau. In Reppichau war er in diesem Jahr das erste Mal. Mit Ehefrau Martina Pörtner und Collie-Schäferhund-Mischung Lissy hatte sich der Trabi-Fahrer auf den Weg gemacht. Die familiäre Atmosphäre unter den Kultfahrzeug-Besitzern gefiel dem Ehepaar sehr gut.

Das Gemeinschaftsgefühl lockt Yves Herold aus Artern schon seit Jahren nach Reppichau. Wenn es um seinen Trabi geht, setzt auch er auf Tuning. Sein Hobby betreibt der Tüftler auf professionellem Niveau. "Ich baue Rennmotoren", erzählte er. Beim Umbau seines Trabis stand die Fahrdynamik im Mittelpunkt. Mit seiner getunten Rennpappe nimmt Yves Herold an verschiedenen Rallyes teil. Der Kult um das DDR-Fahrzeug lässt ihn seit seinem 18. Lebensjahr nicht mehr los. Immerhin war sein erstes Auto ein Trabi. Yves Herold ist Mitglied im Sangerhausener Trabantclub "Angels of Darkness". Tuningfanatiker treffen dort auf Verfechter des Originals. Clubmitglied Thomas Heckel schwört auf den Erhalt der Historie. Den Trabi-Virus hat er im Blut. "Mein Vater ist Trabant gefahren", erinnerte sich der Besucher aus Northeim. Von Fotos wisse er, dass auch sein Großvater im Besitz einer Rennpappe war.

Von weiten Anfahrtswegen lässt sich Werner Stofer nicht abhalten. Auf dem Weg nach Berlin legte der Schweizer in Reppichau einen Zwischenstopp ein. Schließlich hatte er sich vorgenommen, unterwegs ein Trabitreffen zu besuchen, wenn sich die Gelegenheit bietet. 730 Kilometer ist Werner Stofer gefahren. Unbeschadet kam sein Trabi auf dem Sportplatz an. Ein Abstecher zum Supermarkt hinterließ seine Spuren: Die Halterung der Lichtmaschine brach ab. "Kein Problem", dachte sich der Schweizer. Auf dem Teilemarkt fand er den nötigen Ersatz. "Die Leute sind hilfsbereit", lobte Werner Stofer. Dass sich ein Schweizer als passionierter Trabant-Fahrer entpuppt, ist nicht selbstverständlich. "Trabis waren bei uns vor der Wende gar nicht bekannt", erzählte er. An seine erste Begegnung mit einer Rennpappe kann sich Werner Stofer gut erinnern. Es war ein P 60. "Der sah knuddelig aus", schmunzelte der Schweizer und fügte hinzu: "Ich liebe deutsche Fahrzeuge." Seine Lebensgefährtin Ursula Feusi brauchte etwas Zeit, um sich an den Trabi zu gewöhnen. "Ich war zuerst etwas ängstlich", verriet sie. Der Sitz habe so eigenartig gewackelt. Ständig fürchtete sie, dass das Auto auseinander fällt. "Ich fahre ein bisschen sportlich", erklärte Werner Stofer. Mittlerweile teilt Ursula Feusi seine Begeisterung für den DDR-Kult. "Hier sind viele schöne Trabis", bemerkte sie im Hinblick auf das Treffen in Reppichau. 150 Fahrzeuge standen auf dem Sportplatz. "Das ist Wahnsinn. Wir sind sehr überrascht", machte Doreen Gaebler vom Hoppelteam, einem Klub von Trabantfreunden aus ganz Deutschland, deutlich. "Jedes Jahr kommen mehr." Unter den Gästen waren diesmal Trabi-Liebhaber aus Weimar, Zwickau, Berlin, Halle und Leipzig.