Nützlich für den Auenwald? Nützlich für den Auenwald rund um Dessau-Roßlau und Aken?: Zwischen Mulde und Saale entsteht neues Naturschutzgebiet

Dessau/Aken - Vom Naturschutzgroßprojekt zum Naturschutzgebiet. Das ist der Weg, den die Landesregierung Sachsen-Anhalt an der Elbe eingeschlagen hat. Und so soll im wesentlichen aus dem Kerngebiet des Naturschutzgroßprojektes „Mittlere Elbe“ nun das Naturschutzgebiet „Mittelelbe zwischen Mulde und Saale“ werden.
Geschützt wird dadurch ein Terrain am Lauf der Elbe von Dessau-Roßlau bis Groß Rosenburg sowie der Mündungsbereich der Saale mit den dazugehörigen Flussauen.
In diesem Gebiet wurde einer der größten zusammenhängenden Auenwaldkomplexe Deutschlands durch den World Wide Fund For Natur entlang von 33,5 Kilometern des Elbestroms renaturiert. Im Zentrum der von 2001 bis 2018 durchgeführten Maßnahmen stand die Deichrückverlegung im Lödderitzer Forst.
Das neue Naturschutzgebiet befindet sich vollständig im Biosphärenreservat „Mittelelbe“
Das neue Naturschutzgebiet befindet sich vollständig im Biosphärenreservat „Mittelelbe“ und liegt anteilig auf dem Territorium des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, des Salzlandkreises sowie der Stadt Dessau-Roßlau.
Insgesamt hat es eine Größe von 8.509 Hektar. Davon entsprechen etwa 4.133 Hektar der Fläche bereits bestehender Naturschutzgebiete und circa 2.360 Hektar sind Kernzonen, also sehr rigoros geschützte Flächen, welche bereits im Eigentum des Landes bzw. von Naturschutzorganisationen sind.
Weitere Flächen befinden sich in den Flora-Fauna-Habitat-Gebieten „Saaleaue bei Groß Rosenburg“ (nördlich Groß Rosenburg), „Elbaue Steckby-Lödderitzer Forst“ (nördlich der Stadt Aken) sowie „Kühnauer Heide und Elbaue zwischen Aken und Dessau“.
Wichtige Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen
„Sachsen-Anhalt wird um ein Naturschutzgebiet reicher“, erklärt Denise Vopel, Sprecherin des Landesverwaltungsamtes in Halle und verweist auf schützenswerte Weich- und Hartholzauenwälder sowie Grünlandkomplexe auf mittleren und feuchten Standorten.
Allesamt Lebensräume für an Feuchtgebiete gewohnte seltene Tier- und Pflanzenarten, deren Existenz von der immer wiederkehrenden Überflutung durch die Elbe abhängig ist. Des Weiteren werden auch der Steckbyer Forst und die Kühnauer Heide einbezogen, in denen sich neben den bestimmenden Waldkomplexen offene Binnendünen, Trockenrasen und Heideflächen befinden.
Schützenswerte Tiere sind dort etwa Biber, Fischotter, Seeadler, Rotbauchunke und Heldbock. Bei den Pflanzen wird seitens des Landesverwaltungsamtes etwa auf das Hohe Veilchen, die Pyrenäen-Sumpfkresse, das Wohlriechende Mariengras oder die Schwarzpappel verwiesen.
„Die Ausweisung des Naturschutzgebietes und die damit verbundene Sicherung des Kerngebietes des Naturschutzgroßprojektes soll jedoch nicht zur Verunsicherung der Bürger und insbesondere der Grundeigentümer und Nutzer führen“, ergänzt Denise Vopel und spricht sich für Transparenz und die Einbeziehung eines großen Personenkreises während des Verfahrens aus.
Der Verordnungsentwurf sowie die dazugehörigen Karten liegen in den betroffenen Städten aus
Zu diesem Zweck hat das Landesverwaltungsamt auf seiner Homepage Hintergründe sowie aktuelle Ergänzungen eingestellt. Außerdem wurde ein Flyer erarbeitet, der die wesentlichen Eckpunkte zusammenfasst und in den involvierten Stadtverwaltungen ausgelegt wird.
Am 9. August beginnt dann das öffentliche Beteiligungsverfahren für die Sicherung des Naturschutzgebietes. „Im Rahmen der öffentlichen Beteiligung haben Bürgerinnen und Bürger, Träger öffentlicher Belange, Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Flächen die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme“, heißt es in einer Mitteilung des Landesverwaltungsamtes.
Der Verordnungsentwurf sowie die dazugehörigen Karten liegen in den betroffenen Städten Aken, Barby, Dessau-Roßlau, Zerbst/Anhalt und im Landesverwaltungsamt (Obere Naturschutzbehörde) vom 9. August bis 10. September aus und können während der Dienst- bzw. Sprechzeiten eingesehen werden.
Viele der Anwohner leben bereits seit Jahren in bestehenden Naturschutzgebieten
Bis zum 25. September haben Privatpersonen - Eigentümer, Nutzer und in sonstiger Weise Betroffene - die Möglichkeit, ihre Stellungnahmen einzureichen. „Dadurch erhält jedermann Gelegenheit, Stellung zu nehmen und Hinweise zu geben. Aufgrund dieser Anregungen werden die Regelungen der Verordnung geprüft und gegebenenfalls geändert“, stellt Denise Vopel fest.
Die Sprecherin des Landesverwaltungsamtes erwartet indes keine gravierenden Probleme, da knapp die Hälfte des geplanten Naturschutzgebiets aus den bereits seit Jahren bestehenden NSG „Saalberghau“ und „Steckby-Lödderitzer Forst“ besteht. „Auf diesen Flächen leben und wirtschaften die Bürger, Grundeigentümer und Nutzer bereits mit den bestehenden Verordnungen, dessen Regelungen überwiegend auf die neue Naturschutzgebietsverordnung übertragen wurden.“
Der neue Entwurf enthalte zudem eine Reihe von Freistellungen, wonach insbesondere Grundeigentümer und Nutzer weiterhin in den Gebieten unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Anforderungen wirtschaften können. Kernzonen als die strengste Kategorie innerhalb der Zonierung des Gebietes würden nur auf bereits vereinbarten oder erworbenen Flächen greifen. Darüber hinaus soll das Verfahren bei der Prüfung der Hinweise und Bedenken mögliche Härten vermeiden, heißt es. (mz)
Nach Bundesnaturschutzgesetz sind Naturschutzgebiete (NSG) rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten; aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit erforderlich ist.
Die Schutzgebietskategorie „Naturschutzgebiet“ (NSG) wurde erstmals im Preußischen Feld- und Forstpolizeigesetz aus dem Jahr 1920 rechtlich verankert. Danach kann das Neandertal als das erste deutsche NSG betrachtet werden (August 1921), gefolgt von der Lüneburger Heide (Dezember 1921) und dem Siebengebirge (Juni 1922).
Im Jahre 1923 waren zwölf Gebiete als NSG gesichert. Erst mit dem Reichsnaturschutzgesetz aus dem Jahr 1935 kam die Kategorie „Naturschutzgebiet“ gesamtstaatlich zum Tragen. Im Jahre 1936 waren bereits 98 Gebiete als Naturschutzgebiet rechtlich gesichert.
In Sachsen-Anhalt gibt es laut Landesamt für Umweltschutz zum Stichtag 31. Juli 2018 immerhin 198 Naturschutzgebiete, die eine Fläche von 67.058 Hektar einnehmen.