Neuer Vorsitzender geht mit Kompromiss zur Midewa
MICHELN/MZ. - Plötzlich war es still. Kein Mucks. "Nicht alle auf einmal", wurde da unter Tischnachbarn kaum hörbar getuschelt. Einer schaute zum anderen, viele einfach ins Leere. Ewald Daniel, der an diesem Vormittag den Wahlleiter gab, hatte die Versammlung der Löbitzsee-Südufer-Bewohner sprachlos gemacht. Der Grund: eine einzige Frage; die Frage. "Es wäre nett, wenn ich jetzt hören könnte, wer dieses ehrenvolle Amt übernehmen möchte." Nach dem angekündigten Rückzug von Hermann Schröder brauchte der Verein einen neuen Vorsitzenden.
Und seit Samstag hat er einen: Oliver Gottschlich. Fluggerätemechaniker ("eigentlich Flugzeugbauer", wie er sagte) aus Köthen, wohnhaft in Hamburg. 24 Jahre alt und seit seiner Kindheit oft bei der Oma am Löbitzsee. Parzelle 8 gehört heute seiner Mutter. "Herr Schröder ist unser Nachbar, und ich hatte ihm schon angedroht, bevor der Verein auseinanderbricht, mache ich es", erklärte er seinen Entschluss, sich der Wahl zu stellen.
Gottschlichs Stellvertreter ist Jörg Rödel. Ihn hatte die Versammlung vorgeschlagen. Weil er immer viel draußen sei und äußerst engagiert. Dass manch einer nicht einmal den Namen des jungen Mannes wusste, viele ihn einfach nur als Bäcker kannten, störte nicht. Nachdem sich Rödel zunächst wenig begeistert zeigte mitzumachen, ließ er sich umstimmen. Wurde sogar zur Nummer Zwei des Vereins gemacht, weil kein anderer wollte.
Den neuen Vorstand komplettiert ein alter Hase: Günter Noll. Er bleibt Schriftführer und Kassierer. Wilfried Cäsar, der in Halle lebt und ähnlich wie Rödel erst gar keine Ambitionen hatte, sich im Vorstand zu engagieren, wird dies künftig dennoch tun. Sein Thema: Ordnung und Sicherheit.
Deutlich verjüngt
Die Runde in der ausgedienten Gartenkneipe der Michelner Sparte "Lebensfreude" fand schneller einen neuen vierköpfigen Vorstand als gedacht. Mit Beifall nahmen die Vereinsmitglieder das zur Kenntnis, freuten sich. "Endlich mal was Junges", war hier und da zu vernehmen. Ewald Daniel, selbst auch vorgeschlagen, hatte zur Wahlversammlung vorsorglich das Bürgerliche Gesetzbuch in der Tasche und sich schon einmal belesen, was passiert wäre, wenn sich niemand gefunden hätte. "Dann wird von Amts wegen jemand eingesetzt, und das kostet viel Geld", klärte er die Versammlung nach der Wahl und mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht auf.
Die Tagesordnung war damit noch nicht abgearbeitet. Der Verein, so unter "Sonstiges" angekündigt, wollte sich nach langwieriger Diskussion nun positionieren, wie es mit der Wasserversorgung der Grundstücke weitergehen soll. Deutlich wurde, dass der Verein selbst als Vertragspartner der Midewa nicht zur Verfügung steht. Auf die vor zwei Wochen bereits diskutierten Varianten 2, 3 und 4, wonach der Verein einen Teil des Netzes selbst betreiben würde, wolle man sich nicht einlassen. "Das wird nichts", hieß es. Variante 1, nach der die Leitungen durch die Midewa komplett neu verlegt werden und der einzelne Anlieger die Kosten dafür trägt, fand ebenso wenig Zustimmung. Blieb Variante 5. Günter Noll und auch Harry Schlieter, der eine von insgesamt drei Musterklagen anstrengt hatte, betonten, dass es hierbei zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen könnte - auch verbunden mit Kosten. Das müsse jedem bewusst sein.
Auf Kombination verständigt
Letztlich verständigte sich die Runde auf eine Kombination aus zwei Varianten: 5 und 6. Wobei Kassenwart Noll zu letzterer Folgendes sagte: "Wir machen der Midewa einen Vorschlag, in welcher Höhe wir uns an den Baukosten beteiligen können." Eine Idee, die gut ankam. Obgleich die Runde auch Zweifler und Skeptiker hervor brachte. "Darauf werden die sich nicht einlassen. Die haben ihre Preislisten", hieß es. "Wir sollten es wenigstens versuchen", erwiderte ein Anderer.
Nun ist der Anwalt des Südufer-Vereins gefragt. Der Potsdamer Sören Rieger soll mit dem Kompromiss auf den Wasserversorger zugehen und die Verhandlungen fortsetzen. Harry Schlieter gab sich am Ende zuversichtlich: "Der Anwalt hat gesagt, dass wir zu 500 Prozent auf der richtigen Seite sind." Man werde sich nicht zum Buhmann dieser Auseinandersetzung zwischen Gemeinde und Wasserversorger machen lassen. Dort müsse man die vertraglichen Vereinbarungen zur Wasserversorgung prüfen und einhalten. Das sei nicht Sache der Anwohner.