Nahverkehr in Anhalt-Bitterfeld Nahverkehr in Anhalt-Bitterfeld: ÖPNV wird neu aufgestellt

Köthen/MZ - Die drei Nahverkehrspläne im Landkreis Anhalt-Bitterfeld, die nach der Kreisreform angepasst wurden, laufen im Jahr 2017 zusammen mit der Verkehrskonzession aus. Grund genug, sich frühzeitig Gedanken zu machen, wie der Öffentliche Personennahverkehr in Anhalt-Bitterfeld künftig gestaltet werden soll.
Weniger Linienbündel
Am 1. Juli 2017 wird die Konzession für den ÖPNV durch den Landkreis als Genehmigungsbehörde für die nächsten sechs bis zehn Jahre neu vergeben. Bisher lief es in Anhalt-Bitterfeld so, dass der Landkreis einen Finanzierungsrahmen vorgegeben hat (Mittel von Land und Landkreis für den ÖPNV), und die Unternehmen dazu ihre Angebote unterbreiten konnten. Grundlagen dafür bilden die Schülerbeförderungssatzung und die ÖPNV-Finanzierungssatzung, die der Kreistag 2015 beschließen soll. Als wichtigste Frage im Vorfeld tut sich dabei für die Verwaltung die nach der künftigen Bündelung von Buslinien auf, was in der letzten Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses im alten Jahr schon einmal grob erörtert wurde.
Um zu verhindern, dass sich ein Verkehrsunternehmen nur die ertragreichsten Linienverbindungen heraussucht, sei die Bündelung sinnvoll, erklärte der zuständige Amtsleiter Uwe Hippe, unterstützt vom Sachgebietsleiter ÖPNV, Hans-Olaf Quasdorf, den Ausschussmitgliedern. Bisher gibt es im Landkreis sieben solcher Linienbündel, drei im Raum Köthen, drei in Bitterfeld und eines in Zerbst. Bedient werden sie von zwei Unternehmen, der Vetter GmbH für Köthen und Zerbst, und von der Regionalverkehr Bitterfeld-Wolfen GmbH (RVB).
Gebe es künftig nur ein Linienbündel, wäre das für den Landkreis und die Bürger positiv, weil es nur einen Ansprechpartner gebe, glauben die Vertreter der Kreisverwaltung. Vorteile sehen sie auch für den Personaleinsatz und den Einsatz der Fahrzeuge. Insgesamt rechne man mit einem „geringeren finanziellen Aufwand für den Landkreis.“ Bisher seien sieben Bescheide zur Finanzierung des ÖPNV notwendig. Andererseits: Bei einem Linienbündel käme nur ein großer Anbieter infrage, bei drei Bündeln wäre das für kleinere Unternehmen besser, so Hippe. Man könne aber auch mit der zweiten Variante leben, die drei Linienbündel, eines für jeden Altkreis, vorsieht.
Ein wichtiger Aspekt bei allen Überlegungen ist die Bevölkerungsentwicklung. Laut Statistik werden die Einwohner im Landkreis Anhalt-Bitterfeld immer älter. Bis zum Jahr 2017 wird sich die Zahl der 20- bis 24-Jährigen zum Beispiel um rund 61 Prozent reduzieren. Das hat zur Folge, dass auch weniger Kinder geboren werden. Der Anteil der Null- bis Fünfjährigen sinkt bis 2015 um 41 Prozent. Langfristig sinkt auch die Zahl der Erwerbstätigen, die der über 65-Jährigen wird weiter steigen.
Das hat auch Auswirkungen auf den Öffentlichen Personennahverkehr sowie auf den Schüler- und Ausbildungsverkehr. Hier ist vor allem die Altersgruppe sechs bis neun Jahre rückläufig. Hinzu kommt, dass sich die Bevölkerungsdichte im Landkreis Anhalt-Bitterfeld im Vergleich von Stadt und Land stark unterscheidet. 56 Prozent der Menschen leben in den Städten Köthen, Bitterfeld-Wolfen, Raguhn-Jeßnitz und Sandersdorf-Brehna, heißt es dazu im Entwurf zum Nahverkehrsplan.
Im zuständigen Fachausschuss stellten die Abgeordneten eine ganze Reihe Fragen. So wollte der Ausschussvorsitzende Bernhard Northoff (CDU) zum Beispiel wissen, wie bei mehreren Linienbündeln die Abstimmung unter den künftigen Bedienern des ÖPNV an den Schnittstellen erfolgen soll. „Die Tarifhoheit und die Fahrplanhoheit liegt bei den Verkehrsunternehmen“, stellten Hippe und Quasdorf klar. Probleme seien da nicht völlig ausgeschlossen.
Diskussion in den Fraktionen
Marina Hinze (Die Linke) wollte von der Verwaltung wissen: „Was ist für den Bürger günstiger?“ Jetzt klappe die Sache, weil RVB und Vetter GmbH ein gemeinsames Management haben, so die Antwort. An der Fahrplandichte werde sich nichts ändern, egal ob man sich für ein oder drei Bündel entscheide.
Bernhard Northoff hakte nach, ob mehrere Bündel dazu führen könnten, dass es weniger Bewerber gebe und damit am Ende weniger Service herausspringe.
Quasdorf brachte den Landkreis Wittenberg als Beispiel, wo es derzeit um zwei Linienbündel geht. In jedem Falle müsse es aber eine europaweite Ausschreibung geben. „Verkehrsunternehmen aus Frankreich drängen schon auf den Markt“, schilderte der Sachgebietsleiter. Möglich seien aber auch Verkehrskooperationen zwischen kleineren Unternehmen. Rolf Sonnenberger (Freie Wähler) erklärte, dass er ein Linienbündel für die „einfachste Variante“ hält. Zu einer eindeutigen Positionierung kam es im Fachausschuss aber nicht. Bernhard Northoff schlug vor, die Fragestellung mit in die Fraktionen zu nehmen, um sie dort zu erörtern.