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Musikschule „Johann Sebastian Bach“ Musikschule in Köthen: Die Jüngsten ziehen wieder ins „Digitale Musikhaus“

Das Weihnachtskonzert ist abgesagt. Dennoch soll es Gelegenheiten geben vor Publikum zu spielen.

Von Sylke Hermann 02.12.2021, 10:43
Musikschulleiter Andreas Hardelt unterrichtet wieder einmal verstärkt online - und es funktioniert.
Musikschulleiter Andreas Hardelt unterrichtet wieder einmal verstärkt online - und es funktioniert. (Foto: Ute Nicklisch)

Köthen/MZ - „Es wird immer verrückter“, sagt Andreas Hardelt in diesen Tagen wieder häufiger. Bis zuletzt hofft der Leiter der Musikschule „Johann Sebastian Bach“, das große Weihnachtskonzert am 19. Dezember aufführen zu können. Mit vielen, vielen Mitwirkenden. Doch Anfang der Woche ist die Absage da. Gar nicht so überraschend, muss sich Andreas Hardelt eingestehen.

Vom Kinderchor über das Blechbläser-Quartett, das Geigen-Ensemble bis hin zur Musikschulband – sie alle hätten auf der Bühne im Veranstaltungszentrum gestanden. Dass das nun coronabedingt erneut nicht funktioniert, grämt den Leiter der Musikschule spürbar, doch er weiß auch, alles andere wäre bei den aktuell hohen Infektionszahlen nicht vertretbar. Zudem bliebe bei den Beteiligten vermutlich bis zur letzten Minute die Frage im Hinterkopf, ob man tatsächlich würde singen und spielen dürfen.

Vieles wird auf Distanz und online organisiert

Doch niemand steckt an der Musikschule nun ob der verzwickten Lage den Kopf in den Sand. Auch wenn die Lehrer wissen, dass den Kindern während der Pandemie vor allem die Erfolgserlebnisse fehlen. Der Applaus nach einem gelungenen Auftritt. Selbst das Lampenfieber bleibt den Schülern nun ein weiteres Mal erspart. „Trotzdem fällt ja nicht alles aus“, betont Geigenlehrerin Regina Baufeld, „wir finden andere Wege und nutzen andere Formate.“

Darin ist die Musikschule in Zeiten mit Corona längst eingespielt. Vieles wird auf Distanz und online organisiert. Angebote, wie die musikalische Früherziehung oder die Eltern-Kind-Gruppen, werden in größere Räume verlegt, damit alle genügend Abstand zueinander halten können – und trotzdem üben.

Inzwischen sind auch die Zusammenkünfte der Jüngsten ausgesetzt

Bis zur letzten Woche habe das auch wunderbar funktioniert. „Problematisch ist nur, dass bei uns Kinder aus vielen verschiedenen Einrichtungen und Orten zusammenkommen – und wenn wir Pech haben, verbreitet sich das Virus dadurch in Windeseile“, weiß Regina Baufeld, dass es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ein riskantes Unterfangen bliebe.

Doch inzwischen sind auch die Zusammenkünfte der Jüngsten ausgesetzt, und Regina Baufeld lädt wieder ins „Digitale Musikhaus“ ein. Ein Format, das sie sich schon im vergangenen Jahr, als das gesellschaftliche Leben komplett heruntergefahren war, überlegt hatte. Mit viel positiver Resonanz der Eltern und Kinder – auch jetzt wieder.

Mini-Vorspiele ausschließlich vor den Eltern, Geschwistern, Großeltern

Seit wenigen Tagen sind die Türen zum „Digitalen Musikhaus“ weit geöffnet und die Jüngsten eingeladen, sich dort zu tummeln. Regina Baufeld hat – sorgfältig nach Gruppen sortiert – verschiedene Arbeitsblätter hineingepackt, kleine Stücke zum Üben, ein paar Weihnachtslieder, die man zu Hause gemeinsam singen kann. Es sei „einfach vernünftig“, jetzt in diesen Modus umzuschalten, weiß Regina Baufeld, da die Corona-Lage stellenweise außer Kontrolle geraten sei oder eine große Unsicherheit herrsche.

Trotzdem sei es wichtig, dass die Musikschüler ihre Leistungen abrufen können. Deshalb organisiere man Mini-Vorspiele, berichtet die Geigenlehrerin. „Der Aufwand ist sicherlich größer, aber es hat auch Vorteile“, findet sie. Während jeder sonst bei einem großen Konzert vielleicht nur ein Stück präsentieren könnte, seien es jetzt vier oder fünf, die man allerdings ausschließlich vor den Eltern, Geschwistern, Großeltern – also in ganz kleinem Rahmen – aufführe. Auf diese Weise könnten sich die Kinder „wenigstens ein bisschen Applaus abholen und stolz auf ihre Leistungen sein“.

Geigenlehrerin Regina Baufeld setzt auf den Jahresanfang und hofft, dass man dann einigermaßen normal wieder starten könne

Andreas Hardelt, der Leiter der Musikschule, beobachtet trotz der schwierigen Bedingungen keine Kündigungswelle. „Ich bin froh, dass unsere Schüler sehr eifrig sind und etwas lernen wollen.“ Dass jemand die Schule verlasse, käme natürlich vor, aber weil man woanders studiere oder eine Ausbildung beginne, kaum wegen Corona. Andreas Hardelt glaubt sogar, dass den Schülern der Unterricht in diesen Zeiten helfe, weil sie mit ihrem Talent etwas Sinnvolles anfangen könnten, „außerdem macht Musik einfach Spaß“.

Regina Baufeld setzt auf den Jahresanfang und hofft, dass man dann einigermaßen normal wieder starten könne – und das bedeutet: im Präsenzunterricht. Bis Weihnachten ist eben wieder einmal alles ein bisschen anders.