Historisches Ereignis Museum in Köthen sammelt kuriose Gegenstände vom Leben in der Corona-Pandemie
Das Historische Museum in Köthen sammelt Kurioses und Gebräuchliches aus dem Corona-Alltag. Einige Artefakte sind bereits zusammengekommen.

Köthen/MZ - Knapp zwei Jahre ist es her, dass das Coronavirus erstmals in Europa nachgewiesen wurde. Was folgte, ist bekannt. Ländergrenzen konnten die Ausbreitung der Krankheit kaum bremsen; nach und nach beschlossen die Regierungen der Staaten Regelungen, um das Voranschreiten des Virus, wenn schon nicht zu stoppen, so doch zumindest zu verlangsamen. Regelungen, die zum Zeitpunkt ihrer Einführung fremd und wie aus einer anderen Zeit wirkten, die unseren Alltag aber bis heute nachhaltig bestimmen.
Im Historischen Museum der Stadt Köthen wurde man sich früh der epochalen Tragweite der Ereignisse bewusst. So entwickelten Mitarbeitende der Einrichtung bereits im Juli 2020 das Vorhaben, skurrile und alltägliche Gegenstände aus dem Leben unter Pandemiebedingungen zu sammeln. „Die Idee ist entstanden, als sich die Schwere dieser Pandemie abzeichnete, als wir gesehen haben: Das wird einen Einfluss auf die weitere Geschichte haben und reflektiert werden müssen“, sagt Christian Ratzel, der das Projekt mitbetreut.
Das Museum startete einen Aufruf, typische Objekte des Corona-Alltags einzureichen
Also startete das Museum einen Aufruf, typische Objekte des Corona-Alltags einzureichen. Mit Erfolg: „Wir waren überrascht von der positiven Resonanz“, sagt der Museumsmitarbeiter. Auch über die Region hinaus habe es Rückmeldungen gegeben, unter anderem aus Bayern. Jedoch hätten viele potenzielle Spender darauf hingewiesen, dass die Pandemie ja noch aktuell sei. „Schilder, Masken, Teste, Verordnungen: Das ist alles noch in Benutzung“, fasst Ratzel zusammen. Aus diesem Grund wird aus der Sammlung wohl auch zunächst keine eigene Ausstellung werden.
„Es geht nicht darum, sofort auszustellen“, betont der Museumsmitarbeiter. „Wenn die Pandemie vorbei ist, werden die Menschen erstmal andere Sachen im Kopf haben. Wer hat denn gerade nicht die Nase voll.“ Auch seien Künstlerinnen und Künstler, die ihre Gegenwart normalerweise in ihren Werken aufarbeiteten, „in erster Linie mit dem Überleben beschäftigt“, konstatiert Christian Ratzel. „Da ist die Zeit zum Reflektieren wahrscheinlich gar nicht so gegeben.“
Ein „Prunkstück“ der bisherigen Sammlung ist für Christian Ratzel ein Papiermodell des Corona-Virus
Die Sammlung verfolge daher primär das Ziel, späteren Generationen Forschungsmaterial zur Verfügung zu stellen, damit diese „einen unmittelbaren Einblick gewinnen“ können. „Geschichte muss in all ihren Aspekten reflektiert werden“, sagt Ratzel.
Ein „Prunkstück“ der bisherigen Sammlung ist für ihn ein Papiermodell des Corona-Virus, das die Dessauer Künstlerin Angelika Spindler gefertigt hat und das bereits in der Ausstellung Brauart zu sehen war. Zu den eher absonderlichen Stücken zählt ein Warnhinweisschild mit Totenkopf und Handschellen, das die selbsternannte „Harzhexe“ Corinna Mertsch gebastelt hat. Ein weiteres Kuriosum ist das „Sächsische Decamerone“, eine Reminiszenz an das mittelalterliche Decamerone, eine Sammlung von 100 Geschichten, die der Schriftsteller Giovanni Boccaccio aufschrieb, als die Pest in Florenz wütete.
Die gesammelten Gegenstände lagern im Depot des Museums
Mit diesem Vorbild vor Augen hätten sich die Mitglieder des Borsdorfer Literaturstammtisches daran gemacht, ein ähnliches Werk vor dem Hintergrund der Coronapandemie zu schaffen, berichtet Christian Ratzel. Der Initiator der Idee und Vorsitzende des Stammtischs, Uwe Bismark, habe das „Sächsische Decamerone“ schließlich dem Köthener Museum übergeben.
Die gesammelten Gegenstände lagern im Depot des Museums. „An Depots entzündet sich immer die Fantasie“, sagt Christian Ratzel. Wo genau das Depot sich befindet, möchte er daher nicht verraten. Eines aber verspricht er all jenen, die der Sammlung eigene Gegenstände aus der Pandemie hinzufügen wollen: „Eine selbst gebastelte Maske wird bei uns genauso behandelt wie ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert.“
Wer zur Corona-Sammlung beitragen möchte, kann sich an folgende Mailadresse wenden: [email protected].