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Jubiläum Messwärme-Firma in Porst: Vor 30 Jahren vom Vater gestartet, ist jetzt die Tochter Chefin

Von Sylke Hermann 03.04.2022, 12:00
Günther Deutschbein gründete seine Firma am 1. April 1992. Seine Tochter, Julia Deutschbein, übernahm  sie am 1. April 2018.
Günther Deutschbein gründete seine Firma am 1. April 1992. Seine Tochter, Julia Deutschbein, übernahm sie am 1. April 2018. (Foto: Sylke Hermann)

Porst/MZ - „Bundesdeutsches Unternehmen sucht für den Bereich Energieeinsparung und Heizkostenabrechnungen Damen und Herren aus der DDR mit besten Verbindungen zu Projektierungs-, Wohnungsverwaltungs- und sonstigen Kombinaten. Wir bieten vorerst eine freie Mitarbeit, die jeweils nach Engagement eine sichere Existenz werden kann.“

Eine Firma aus dem westdeutschen Fröndenberg hatte auf diese Weise Unterstützung im Osten gesucht. Günther Deutschbein erfüllte zwar die Einstellungskriterien nicht, bewarb sich trotzdem – und war plötzlich freier Mitarbeiter. Über 30 Jahre ist das inzwischen her. Am 1. April 1992 öffnete die Gebietsleitung der Firma „müller mess wärme gmbh“ in Köthen. Aufgebaut von dem heute 69-Jährigen.

„Ich hatte weder Verbindungen in große Kombinate noch Erfahrung auf dem Gebiet“

„Das war für mich völliges Neuland“, berichtet er. „Ich hatte weder Verbindungen in große Kombinate noch Erfahrung auf dem Gebiet.“ Allerdings war er damals auf der Suche nach einem neuen Tätigkeitsfeld. Er wusste, dass es die Kulturstätten nach der Wende schwer haben würden. Der gelernte Kfz-Schlosser kümmerte sich federführend über zehn Jahre um die Veranstaltungen im Kreiskulturhaus, dem Theater in Köthen.

Nun eröffnete sich mit der Energiebranche eine berufliche Perspektive, die er aus eigenen Stücken vermutlich niemals in Erwägung gezogen hätte, wie er sagt. Doch ein Freund arbeitete an der Hochschule und der habe ihn ein wenig neugierig auf das Metier gemacht. „Es gab diese Messeinrichtungen in der DDR nicht; es spielte keine Rolle, wie viel Energie man verbrauchte – mit einem Mal wurde das relevant. Der Markt war da.“

26 Jahre lang war Günther Deutschbein Inhaber der Firma

Anfangs bestand seine Arbeit viel aus Akquise. Er suchte Kunden, die er über Heizungsfirmen vor allem im privaten Bereich fand. Er stattete die Wohnungen mit den Messgeräten der Firma aus und las fortan jährlich den Wärmeverbrauch ab. Die Abrechnung erfolgte letztlich über den Hauptsitz der Firma. Bis heute ist das so.

Dass er das Jubiläum der Messwärme-Firma an diesem 1. April gemeinsam mit seiner Tochter feiern kann, freut ihn besonders. Julia Deutschbein sprang ein, als ihr Vater krank wurde und nicht stundenlang im Auto sitzend durch die Lande fahren konnte. Sie übernahm spontan die Gebietsleitung, koordinierte vor allem die Termine.

26 Jahre lang war Günther Deutschbein Inhaber der Firma. „Wir haben dann in der Familie überlegt, was wir machen, wenn er in Rente geht“, erinnert sich Julia Deutschbein. „Da ich bereits Unternehmerin war und mit der Firma seit meiner Kindheit vertraut war, habe ich mich entschieden, sein Unternehmen zum 1. April 2018 zu übernehmen.“

„Unsere Kunden schätzen es, dass ihr Ansprechpartner seit 30 Jahren mit dem Namen Deutschbein verbunden ist“

Sie habe sich neue Räume suchen müssen, um alle Aktivitäten an einem Ort bündeln zu können. Als Fachhändler für Bürosoftware hatte sich die heute 43-Jährige mit ihrer Firma bwats Business-Ware and Trainings bereits einen Kundenstamm erarbeitet. In einem alten Bauernhof in Porst, einem Ortsteil von Köthen, konnte sie Arbeiten und Wohnen unter einem Dach vereinbaren.

Sachsen-Anhalt, Teile von Sachsen und Berlin, inzwischen auch Frankfurt/Oder werden von Julia Deutschbeins Leuten betreut. „Unsere Kunden“, sagt sie, „schätzen es, dass ihr Ansprechpartner seit 30 Jahren mit dem Namen Deutschbein verbunden ist.“ Sie freut sich, das Erbe ihres Vaters fortführen zu können und tut dies mit Leidenschaft.