Landwirtschaft Landwirtschaft: Alles wächst im Schaltjahr
Köthen/Uli/WKL/Uni/MZ. - "Schaltjahr ist Kaltjahr", sagt eine Bauernweisheit. Manche Gärtner glauben, dass in solchen Jahren Obst und Gemüse schlechter gedeihen. "Da ist was dran", sagt zum Beispiel der Köthener Pomologe Manfred Ruppert.
Auch wenn das Schaltjahr 2012 in den letzten Tagen alles andere als kalt ist, waren die ersten sechs Monate eher unterkühlt. Die MZ fragte bei Hobby-Gärtnern nach, wie es mit den Erträgen aussieht. Ruppert nennt als Beispiel für die Richtigkeit des Spruchs vor allem die Aprikosen. Just als die Bäumchen in voller Blüte standen, kam Frost. Das Ergebnis: eine totale Missernte. Auch die Apfelernte falle schlechter aus, als 2011 - zumindest auf Obststreuwiesen.
Bei der Köthener Gärtnerei Pechmann, die ihr Gemüse und Obst auch auf dem Köthener Markt verkauft, gab es in diesem Jahr Tomaten deutlich später im Angebot. "Das liegt aber eher daran, dass zu spät gepflanzt wurde", erklärt Sieglinde Zwicker, die der Familie Pechmann hilft. "Dafür gibt es jetzt einiges im Doppelpack". Sieglinde Zwicker zeigt zwei "siamesische Zwillinge" - zusammengewachsene Äpfel und ebensolche Tomaten.
Felicitas Luzemann aus Görzig ist mit den Erträgen hochzufrieden. "Alles wächst wie verrückt, obwohl ich nicht dünge", sagt sie. "Die Erdbeeren waren gut, die Kartoffeln sind groß, die Zwiebeln riesig." Auch der Wein wachse viel besser als im vergangenen Jahr, die Beeren seien viel größer.
Über schlechte Ernte kann sich auch Dirk Peter aus Osternienburg nicht beschweren. Ob Apfel- oder Birnbaum - die Zweige hängen voller Früchte. "Ich habe so viele Äpfel, dass ich viele verschenke", erklärt Peter, Mitglied in der Michelner Gartensparte "Lebensfreude". Ein Rezept für seine gute Ernte hat er nicht: "Ich kann nur sagen, die Pflanzen kriegen regelmäßig ihr Wasser und keinen Kunstdünger." Er verwendet Rinderdung.
"Unser Albrechtsapfel hängt in diesem Jahr übervoll", erzählt Elli Müller, die ihren Garten in der Köthener Sparte "Wagner" zusammen mit ihrem Ehemann seit 1985 bearbeitet. Auf rund 400 Quadratmeter hat Elli Müller in diesem Jahr wieder grüne Bohnen, Gurken, Kartoffeln und Tomaten angebaut. "Es wächst alles gut", sagt Elli Müller zufrieden. Anfangs seien die Bohnen zwar zuerst sehr ins Kraut geschossen, nun aber gebe es wohl eine Bohnenschwemme. Auch viele Weintrauen werden die Müllers vermutlich ernten.
"Meine Tomaten sehen dieses Jahr bescheiden aus", bedauert Gieslinde Wenzel aus der Edderitzer Sparte. "Das liegt aber daran, dass ich nicht so oft kommen und gießen kann, da ich in Halle wohne. Meine Nachbarn haben schöne Tomaten."
Also scheint Prof. Wolfram Kircher vom Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung der Hochschule Anhalt recht zu haben. "Mit dem Schaltjahr, das ist Quatsch", so Kircher. "Es gibt solche und solche Jahre."