Landkreisverwaltung Landkreisverwaltung in Köthen: Naphthalin-Belastung sorgt für immer mehr Kosten beim Landkreis

Köthen - Es hat ja immer mal wieder Kritik an der Größe der Landkreisverwaltung auf dem Flugplatz zu geben. Manchem erschien der Bau als überdimensiert - bezogen auf die Gesamtzahl der Beschäftigte und darauf, dass seit 2007 die Landkreisverwaltung ja gleich auf drei Standorte verteilt ist: Neben Köthen noch Bitterfeld und Zerbst.
Jetzt aber, so könnte man sarkastisch sagen, erweist es sich regelmäßig als Segen, dass das Haus so üppig Platz bietet: Nicht wenige Mitarbeiter mussten in der zurückliegenden Zeit innerhalb des Gebäudes umziehen.
Aus schlechtem Grund: Die Landkreisverwaltung leidet unter Naphthalinbelastung. Das ist in dem Objekt nicht ganz neu - schon 2008 hatte es drei Räume gegeben, deren Nutzer unter Napthtalindünsten litten. Damals schon wurde das Problem mit dem probaten Mittel des Umzugs bekämpft: Aus den belasteten Räumen wurde ein Archiv gemacht.
Bereits 22 Räume mussten aufgrund der Naphthalinbelastung geräumt werden
Inzwischen freilich hat das Problem Dimensionen angenommen, die über den Bereich der Lappalie hinausgehen. Aktuell mussten schon 22 Räumen im Gebäude am Flugplatz 1 aufgrund der Naphthalinbelastung geräumt werden. „Davon sind bislang 24 Mitarbeiter betroffen“, sagt Landkreissprecher Udo Pawelczyk.
„Zehn der Kollegen sind in Räume in der Zeppelinstraße umgezogen, die anderen 14 hier im Haupthaus.“ Pawelczyk weiß, wovon er redet - auch er und die andere Landkreissprecherin Marina Jank mussten ihre Büros naphthalinbedingt räumen.
Das Ganze hat auch eine finanzielle Dimension. Zwar sind die Umzugskosten eher zu vernachlässige n, weil vieles davon mit „Bordmitteln“ erledigt werden konnte.
Überprüfung auf Naphthalin hat bislang rund 150.000 Euro gekostet
Dafür aber ist die Analytik ins Geld gegangen. „Der Landkreis hat bereit vor zwei Jahren ein unabhängiges Analytik und Prüfunternehmen mit Raumluftmessungen im gesamten Haus beauftragt“, so Pawelczyk. Kostenpunkt: bislang rund 150.000 Euro.
Das Geld war aber gut angelegt, die Ergebnisse waren hilfreich. Insgesamt sind im Erdgeschoss 86 Räume auf Naphthalin und naphthalinähnliche Verbindungen getestet worden. Zwar wurde dabei in 82 von 86 beprobten Räumen eine Belastung festgestellt, aber nur ein Raum davon landete nach den Messwerten in der Richtwertklasse II, wo man bei Daueraufhalt gesundheitliche Schäden davontragen kann, „insbesondere empfindliche Personen“, wie es im Gutachten heißt.
Im Obergeschoss, wo 98 Räume untersucht wurden, ergab sich bei vier Räumen Handlungsbedarf. Im Dachgeschoss fand sich nichts.
Sollte die Belastung zu stark sein, muss man sich nach einem neuen Gebäude umsehen
Wichtig war auch, nach den Quellen für die Belastung zu suchen. Die Ergebnisse in diesem Punkt waren eher deprimierend, denn die Firma fand sowohl im Erdgeschoss als auch Obergeschoss „flächige Schadstoffe im Fußboden- und Wandaufbau“.
Erforderlich wäre ein Komplettrückbau der betroffenen Bereiche bis auf die Rohwand bzw. die Rohdecke. Allerdings hat die Sache einen Haken: Eine Garantie, dass danach das Gebäude schadstofffrei ist, gibt es nämlich nicht. Ein klein wenig aber hat man in der Landkreisverwaltung noch Glück im Unglück: Der Estrich über den flächendeckenden Teerschichten ist so stark dimensioniert, dass er wohl größtenteils den Austrag verhindert, wie der Gutachter feststellt.
Dennoch muss der Landkreis sich zumindest Gedanken über mögliche Entscheidungen machen, falls das größte anzunehmende Bauunglück tatsächlich eintreten würde, wie auch Landrat Uwe Schulze weiß.
„Wir werden demnächst alle bereits getesteten Räume noch einmal testen, um ganz sicherzugehen und um eine mögliche Tendenz erkennen zu können.“ Würde der Umstand eintreten, dass das gesamte Gebäude saniert werden müsste, muss man mit Kosten in - geschätzt - Höhe von mehreren Millionen Euro rechnen. Oder gleich über ein neues Köthener Quartier für die Landkreisverwaltung nachdenken. (mz)
Naphthalin ist ein farbloser Feststoff mit der Summenformel C10 H8 , der schon bei Raumtemperatur in den gasförmigen Aggregatzustand übergeht. Es ist ein bicyclischer aromatischer Kohlenwasserstoff mit charakteristischem Geruch nach Mottenpulver und/oder Teer. Naphthalin ist gesundheitsschädlich und umweltgefährlich.
Naphthalin kommt u.a. in Teer vor, der seinerseits in Fußbodenbelägen oder in der Baustoffbeschichtung eingesetzt wurde - bei entsprechenden Schäden kann daher Naphthalin ausgasen. Im Altkreis Köthen hatten auch schon andere Einrichtungen Ärger mit Naphthalinausgasungen, z.B. die Ratkeschule in Köthen und die Görziger Schule.