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Kreistagsvorsitzender Veit Wolpert Kreistagsvorsitzender von Anhalt-Bitterfeld Veit Wolpert: "Der Ton ist aggressiver geworden"

Von Henrik Klemm 20.01.2018, 11:00
Veit Wolpert in seiner Rechtsanwalts-Kanzlei, die er 1992 gegründet hat, in der Bitterfelder Lindenstraße.
Veit Wolpert in seiner Rechtsanwalts-Kanzlei, die er 1992 gegründet hat, in der Bitterfelder Lindenstraße. André Kehrer

Köthen - „Eine Kreistagssitzung zu leiten, das macht mir schon Spaß“, sagt Veit Wolpert. Und wer ihn dabei beobachtet, wie er versucht, zuallererst den Bestimmungen der Geschäftsordnung und auch den Anliegen der Kreistagsmitglieder gerecht zu werden, der sieht genau das, in seinem Blick, in seinem Gestus.

„Man muss sich mit der Geschäftsordnung auskennen, sie umsetzen, das liegt wohl jedem Juristen“, fügt der 57-Jährige hinzu. Und, dass es durchaus von Vorteil sei, ein wenig Erfahrung mitzubringen.

Veit Wolpert: Seit 20 Jahren im Kreistag

Die besitzt der Rechtsanwalt mit Kanzlei in Bitterfeld ohne Zweifel. Seit 20 Jahren ist er selbst im Kreistag und seit über zehn Jahren Vorsitzender dieses Gremiums. Erst im Altkreis Bitterfeld, heute nun im schon zehn Jahre bestehenden Landkreis Anhalt-Bitterfeld.

Manchmal jedoch, da verliert selbst er die Freude am Vorsitz. Etwa im Verlauf der letzten Kreistagssitzung des Jahres 2017. Der Haushalt ist beschlossen, die Debatte zuvor hat die Gemüter erhitzt, da wird Veit Wolpert am Ende der Beratungen deutlich.

Veit Wolpert achtet auf die Einhaltung der Geschäftsordnung

Der Kreistagsvorsitzende konstatiert große Defizite bei den Haushaltskenntnissen, bemängelt, dass sich Kreistagsmitglieder augenscheinlich im Vorfeld nicht an den Diskussionen beteiligt haben, nicht informiert sind.

Im Nachhinein erklärt der 57-Jährige, dass er sich geärgert habe über aus dem Stegreif eingereichte Anträge zum Haushalt, die eigentlich und insbesondere bei diesem wichtigen Thema hätten schriftlich vorliegen müssen.

Veit Wolpert: Manche haben sich nicht mit der Materie beschäftigt

Auch über geforderte Einsparungen ohne jeden Ausgleichsversuch. Mancher habe sich nicht mit der Materie beschäftigt, einige wollten wohl nur auf einer Stimmungswelle mitschwimmen, sagt Wolpert.

Reaktionen auf seine Worte sind bislang gleichwohl nicht zu ihm gedrungen. „Die meisten denken wahrscheinlich, dass ein anderer gemeint sein muss“, sagt Wolpert und zieht einen Strich unter die konkrete Geschichte.

Veit Wolpert: Keine Anträge einreichen, die rechtlich nicht zulässig sind

Grundsätzlich aber bleibt er dabei: „Anträge, die rechtlich nicht zulässig sind, sollten gar nicht erst eingereicht werden.“ Geschieht das doch, was gar nicht selten ist, hat der Mann, der auch Kreisvorsitzender der FDP ist, schon mal einen Tipp parat.

Eine Frage könnte einen unzulässigen Antrag, der letztlich nicht behandelt werden kann, ersetzen. Dann muss der Landrat oder einer seiner Mitarbeiter antworten. Interessiert der Tipp den Antragsteller nicht, dann lässt Wolpert mit dem zu erwartenden Ergebnis abstimmen.

Demokratie muss Geduld haben

„Trotzdem“, sagt er, „sollte kein Anliegen weggebügelt werden. Es muss Möglichkeiten geben, es vorzutragen. Das möchte ich schon. Diese Geduld muss Demokratie haben.“ Kein Verständnis hat er indes, wenn Anfragen zum „Schaulaufen“ benutzt werden.

Oder, wenn sie Resultat einer „plötzlichen Eingebung“ sind. Oft geschehe das im nichtöffentlichen Teil der Kreistagssitzung, wohlgemerkt bei Themen, die in den öffentlichen gehören.

Veit Wolpert steht für zielgerichtete Arbeit

Ansonsten ist der Kreistagsvorsitzende, der selbst von sich sagt, manchmal etwas ungeduldig zu sein, für zielgerichtete Arbeit, um rasch zu Sachentscheidungen zu kommen. Er weiß, dass seine Sitzungsleitung dazu beitragen muss.

Das war schon immer so in den vergangenen zehn Jahren. Geändert hat sich trotzdem einiges. „In meiner Anfangszeit, da gab es bei der Zusammenarbeit größeres Vertrauen zwischen den Fraktionen. Da war es eher möglich, die präsidialen Verpflichtungen zu verlassen und auch mal einen Scherz zu machen“, erinnert er sich.

Durch Einzug der AfD: Ton im Kreistag ist aggressiver geworden

Besonders durch den Einzug der AfD in den Kreistag sei jedoch kaum mehr Raum für ein Augenzwinkern. „Der Ton ist aggressiver geworden.“

Wolpert kann damit umgehen. Parteiübergreifend müsse er agieren und neutral bleiben. „Das ist meine Hauptpflicht.“ Intellektuelles Geplänkel, das ihm immer viel Spaß gemacht habe, sei heute weniger angebracht, bedauert er.

Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Landrat

Mit Landrat Uwe Schulze (CDU) verbindet Wolpert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Mit ihm und den Fraktionsvorsitzenden trifft er langfristige strategische Absprachen, legt die Tagesordnung für die jeweils folgende Kreistagssitzung fest.

Die nächste ist übrigens am 15. Februar. Und obwohl Wolpert schon ab und zu mal Lust habe, selbst in die Diskussion während einer Kreistagssitzung einzugreifen, wie er sagt, wird das wahrscheinlich auch im Jahr 2018 kaum passieren.

Denn dazu müsste er die Sitzungsleitung vor dem Ausrufen des jeweiligen Tagesordnungspunktes abgeben. Irgendwie vergisst er es immer. Es macht ihm eben viel zu viel Spaß, die Sitzungen selbst zu leiten. (mz)

Veit Wolpert lebt mit seiner Frau Elke und Sohn Florian in Rösa. Politisch aktiv ist der Liberale auch im Gemeinderat Muldestausee. Als ehemaliger FDP-Landesvorsitzender und Fraktionschef im Landtag verspüre er heute keine Ambitionen mehr, in die bezahlte Politik zu gehen. „Je länger ich weg bin, desto besser finde ich es“, sagt er.