Köthen Köthen: Mit Liebe und Leidenschaft in eigener Praxis
KÖTHEN/MZ. - Noch vor kurzem waren Nancy Loyal (32) und Mario Schimmelpfennig (35) Angestellte. Die beiden waren im Bereich Physiotherapie des Krankenhauses Köthen tätig. Seit Anfang November sind die ausgebildeten Physiotherapeuten selbst Unternehmer. Die beiden führen als Partner eine gemeinsame physiotherapeutische Praxis.
Hervorgegangen ist diese aus einem Teil ihres alten Arbeitsbereichs. "Das Krankenhaus hatte eine stationäre und eine ambulante Physiotherapie", schildert Birgit Loyal, Leiterin des Bereiches, die Hintergründe des Unternehmerwerdens der beiden jungen Menschen. Anfang November sei der ambulante Teil ausgegliedert worden. Nun ist Birgit Loyal nur noch für den stationären Teil zuständig, der weiterhin zum Krankenhaus gehört. Hier sind sechs der ehemals acht Physiotherapeuten beschäftigt.
Die übrigen zwei sind eben Birgit Loyals Tochter Nancy und Mario Schimmelpfennig, oder "Schimmel", wie der 35-Jährige im Freundes- und Kollegenkreis genannt wird. Das Duo ist keinesfalls ein Opfer der Ausgliederung. Im Gegenteil, die beiden ausgebildeten Sportphysiotherapeuten sahen in der Strukturänderung die Chance ihres Lebens. "Wir haben von der geplanten Ausgliederung gehört und beschlossen, sie zu nutzen und uns selbständig zu machen", berichtet Schimmelpfennig. "Also sind wir von uns aus zur Geschäftsführung des Krankenhauses gegangen und legten dort unser Konzept vor." Die beiden Seiten wurden sich einig, die Sache wurde vertraglich besiegelt.
"So haben die beiden Mitarbeiter die ambulante Physiotherapie auf Privatbasis als eine gemeinschaftliche Praxis übernommen", sagt Matthias Hirsekorn, Verwaltungsdirektor des Krankenhauses. In der Regel erfordert die Gründung einer Praxis ziemlich hohe Investitionen. Hier hat der ehemalige Arbeitgeber seine Angestellten nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Sie brauchten zum Beispiel die Geräte nicht selbst zu kaufen oder zu leasen. Laut dem Vertrag stellt das Krankenhaus sie den Partnern Loyal und Schimmelpfennig auf Mietbasis zur Verfügung. Das hat dem Duo den Start in die Selbständigkeit erleichtert. Die Geräte werden übrigens auch von der stationären Physiotherapie des Krankenhauses genutzt. Außerdem befindet sich die Praxis im Krankenhaus - in gemieteten Räumen in dem neu errichteten Gebäude, in das kürzlich auch verschiedene Krankenhausbereiche umgezogen sind.
Rund 350 Quadratmeter groß ist die neue Praxis. Nancy Loyal und Mario Schimmelpfennig demonstrieren mit sichtlichem Stolz ihr Reich. "Das ist unser KG-Gerät", erklärt Schimmelpfennig in einem der Räume. KG heißt Krankengymnastik, wobei das Wort "Gerät" irreführend ist: Im Raum stehen mehrere Geräte. "Es ist eine Art abgespecktes Fitness-Center", bestätigt der Physiotherapeut.
Krankengymnastik, manuelle Therapie, Lymphdrainagen, Massagen, Laserbehandlung, Sportphysiotherapie und vieles andere werden in der neuen Praxis angeboten. "Wir sind aber kein so genanntes Wellness-Center", stellt Schimmelpfennig klar. "Bei uns wird in erster Linie Patienten geholfen, nach einer Operation, einer Verletzung oder bei anderen Beschwerden wieder körperlich fit zu werden.
Deshalb arbeitet die Praxis eng mit den Bereichen des Krankenhauses und mit niedergelassenen Ärzten zusammen. Andererseits können Menschen auch ohne ärztliches Rezept die Dienstleistungspalette in Anspruch nehmen.
Nach dem bisherigen geregelten Angestelltenverhältnis in die Selbständigkeit mit all deren Risiken und Unsicherheiten zu gehen - nicht jeder wagt einen solchen Schritt. Nancy Loyal und Mario Schimmelpfennig haben ihre Entscheidung jedoch nicht bereut und fühlen sich durch die ersten vier Wochen bestätigt. "Wir können jetzt über alle Abläufe selbst entscheiden", nennt sie einen wesentlichen Vorzug ihrer Selbständigkeit. "Und wir haben mehr als ausreichend zu tun", schildert er die geschäftliche Situation.
Vielleicht hängt der Erfolg ja auch damit zusammen, dass sich die jungen Physiotherapeuten das Berufsmotto ihrer ehemaligen Chefin Birgit Loyal zu Eigen machen? "Wir müssen das mit Liebe und Leidenschaft machen", meint diese in Bezug auf ihre langjährige Tätigkeit. Die beiden nicken zustimmend. Auf jeden Fall denken die Partner bereits an eine eventuelle Erweiterung ihrer noch jungen Praxis - auch an personelle. Es gebe bereits Anstellungsgespräche, so dass zu vermuten ist, dass das kleine Unternehmen wohl nicht allzu lange ein Zwei-Mann-Betrieb bleiben wird.