Köthen Köthen: Handgemachtes aus Teig, Stein und Haaren
KÖTHEN/MZ. - "Deutschland ist handgemacht" - unter diesem Motto fand am Sonnabend erstmals bundesweit der Tag des Handwerks statt. Die Kreishandwerkerschaft Anhalt-Bernburg / Köthen taktete sich in diese Veranstaltung gern ein, können doch auch die hiesigen Handwerker auf ein beträchtliches Leistungsspektrum verweisen. Und so wurde den Besuchern auf dem Köthener Marktplatz ein buntes Programm geboten, das Frisurenschau und Krangondelfahrt in luftige Höhe ebenso beinhaltete wie Informationsstände zahlreicher Handwerksfirmen.
Nach Auskunft von Kreishandwerksmeister Fred Reimer gibt es in den Altkreisen Köthen und Bernburg zusammen rund 1 500 Handwerksbetriebe. Es seien zumeist Familienbetriebe mit ein bis drei Beschäftigten. "Das hiesige Handwerk hat rund 5 000 Beschäftigte, das ist schon eine beachtliche Größe", äußerte Reimer, der selbst in Bernburg eine Malerfirma mit sechs Mitarbeitern führt. Zu tun gibt es für das Handwerk genügend. "Die Auftragslage im Allgemeinen ist gut", befand der Kreishandwerksmeister.
Gänzlich ohne Sorgen steht das Handwerk allerdings nicht da. Schwarzarbeit ist ein Thema, das vielen Firmen zu schaffen macht. "Das ist insbesondere bei den Maurern, Malern und den Friseuren zu verzeichnen", schilderte Reimer. Die Kreishandwerkerschaft versuche, der Schwarzarbeit so gut es geht Einhalt zu gebieten, komplett auszuschließen sei Schwarzarbeit leider nicht. "Weiß der Kunde, ob er mit einem schwarz vergebenen Auftrag tatsächlich billiger kommt?", fragte der Kreishandwerksmeister. Schon wenn sich nach einer Arbeit Qualitätsprobleme ergeben, habe der Kunde das Nachsehen, denn eine Gewährleistung, wie sie Betriebe geben, sei bei Schwarzarbeit nicht drin. "Und beide - der Kunde und der Schwarzarbeiter - schädigen den Staat", machte Reimer aufmerksam.
Ein zweites Problem, das sich in jüngster Zeit aufgrund der demografischen Entwicklung herauskristallisiert habe, bestehe in der Nachwuchsgewinnung. "Friseure und Holzbaubetriebe suchen inzwischen dringend Auszubildende", nannte Reimer zwei Bereiche, die besonders betroffen sind.
Was Handwerksbetriebe zu leisten vermögen, konnten sich die Besucher an den Ständen mehrerer Firmen anschauen. Der leckere Duft von frisch gebackenem Brot strömte aus einem Holzbackofen, mit dem die Ofenbaufirma Aderstedt nach Köthen gekommen war. "Immer mehr Leute wollen wieder ihr eigenes Brot backen oder Kuchen und Pizzas. Seit vier Jahren verzeichnen wir eine zunehmende Nachfrage", berichtete Chefin Katrin Loogen. Dieser Trend freut sie natürlich, beschert er doch dem Familienbetrieb mit seinen zwei Beschäftigten volle Auftragsbücher. Nicht nur Brot kann man in diesen Holzbacköfen backen, sie eignen sich auch, um Krustenbraten oder Spanferkel zuzubereiten. Der größte Teil der Backöfen werde derzeit nach Süddeutschland geliefert, die Kunden stellen sie auf ihren Grundstücken oder ihren Gärten auf. "Aber auch bei uns sind die Backöfen im Kommen", sagte Katrin Loogen.
Wie aus einem steinernen Quader nach und nach eine Kugel entsteht, zeigten die Steinmetze der Köthener Firma Lehmann, deren Chef der Steinmetzmeister Uwe Schön ist. Das handwerkliche Geschick konnte auch an besonderen Exponaten abgelesen werden, beispielsweise einer überdimensionalen Wäscheklammer aus schwarzem Stein. "Das machen wir aus Restmaterial und eigentlich mehr aus Spaß", kommentierte Uwe Schön. Tätig ist der Köthener Betrieb auf dem Gebiet der Denkmalpflege und bei der Herstellung von Grabsteinen und Grabeinfassungen. Zwei Gesellen und eine Assistentin, die sich vor allem um das Kaufmännische kümmert, stehen Uwe Schön zur Seite. "Die Auftragslage ist gut. Man kann davon leben", resümierte der Steinmetzmeister.
Höhepunkt des Tages des Handwerks war die gemeinsame Freisprechung von 20 Gesellen aus vier Innungen, die kürzlich ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hatten. Besonders geehrt wurde bei den Friseurinnen Marleen Mey, die die Beste ihres Jahrgangs war. Und Toni Bahn von der Bäckerei Laatzsch aus Baalberge freute sich über eine Anerkennung, weil er bei der Gesellenprüfung das beste Sauerteigbrot gebacken hatte.
Marleen Mey strahlte, als sie mit ihrem Gesellenbrief von der Bühne kam. Gelernt hat sie im Haarstudio von Katrin Bischoff in Neuborna. Und die Freude bei der 21-Jährigen war auch deshalb so groß, weil es bei ihr beruflich nahtlos weiter geht. "Ich bin übernommen worden und arbeite schon", berichtete sie.
Der Köthener Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander eröffnete gemeinsam mit Dirk Neumann, Geschäftsführer der Handwerkskammer Halle, die Veranstaltung. "Das Handwerk hat dieses Land aufgebaut, und es wird auch in Zukunft eine wichtige wirtschaftliche Kraft bleiben", sagte Zander. Dessen Handwerkszeug, die Stimme, war am Sonnabend allerdings etwas beeinträchtigt, so dass sein Grußwort ganz knapp ausfiel.