Köthen Köthen: Güstener «Schotten» sorgen für temperamentvolles Finale
KÖTHEN/MZ. - "Wetten, dass wir's noch können?" lautete das Motto des 10. Köthener Kleinkunsttages. Gezweifelt hat daran am Samstagabend vermutlich keiner. Immerhin gehörten die meisten Gäste des Varieté- und Showabends im Johann-Sebastian-Bach-Saal des Veranstaltungszentrums zum Stammpublikum. "Das Programm ist immer bunt gemischt", weiß Sandy Weise. Bei fast allen Kleinkunsttagen war die Köthenerin dabei.
Nicht nur, weil sie vom breiten Unterhaltungsspektrum des federführenden Vereins "rondo la kulturo coethen" begeistert ist. Sandy Weise ist schon allein deshalb zum Stammgast geworden, weil ihr Lebensgefährte Dirk Hammer auf der Bühne steht. Dieses Mal machte sogar Tochter Emelie mit. Mit Elias Feldhaus zeigte das Mädchen verschiedene Turnübungen.
Dass selbst Ü40-Männer noch akkurat über einen Kasten springen können, stellte die Turnerriege unter Beweis. Nach einer leichtfüßigen - gänzlich tänzelnden - Aufwärmung belebten die Männer einen Klassiker aus der Geschichte des Kleinkunsttages wieder. Ein halbes Jahr haben die "Turner" trainiert. Dieses Mal machte auch Henning Zinner mit, der sonst immer hinter der Bühne stand.
Mit Hausmeister Horschte ließ sich am Samstagabend auch ein alter Bekannter blicken. "Früher war der mal Traktorfahrer bei ne janz große LPG in Köthen", kündigte Putzfrau Maritta Vetter ihren "Kollegen" an. Seinen Traktor hat er stehen gelassen. Jetzt putzt Horschte in der Musikschule. Er säubert die Räume der Polizei und schreckt selbst vor einer Sauna nicht zurück. "Was denkt ihr, was da für Bären rumlungern", plauderte der Hausmeister.
Unterhaltungsgarant Max
Mit ihrem Aussehen und ihrer Stimme verzauberten Zuckerfee, Noemi Silverstar und Lady Maxime als "Dreamgirls" das Publikum. Drei hinreißende junge Frauen. Nicht ganz. Eine Frau war ein Mann. Ein Engelmann. Und zwar kein Geringerer als Unterhaltungsgarant Max. Der stand auch mit dem Ensemble "F.O.T. - future of theater" auf der Bühne.
Mit Auszügen aus ihrem Musical "Ball der Vampire" - eine Adaption des bekannten Musicals "Tanz der Vampire" - sorgten die Laiendarsteller für Gänsehautatmosphäre. Vor vier Jahren wurde das Stück im Theater erstmals aufgeführt. Aus dem Gründer-Duo Max Engelmann und Stefan Pohle ist über die Jahre eine Gruppe junger Leute geworden, die sich in Köthen und Umgebung etabliert hat. Zum fünften Mal stand F.O.T. beim Kleinkunsttag auf der Bühne.
Ein Lachgarant war auch in diesem Jahr das "Theater Planlos". In ihrem Stück "Schaufenster 2.0" entpuppten sich vermeintlich leblose Figuren als gewitzte Provokateure. Mit ulkigen Einlagen punktete auch das "Duo 112" beim Publikum. Dirk Hammer und Tino Sachse glänzten als Extremitätenwunder und sonderbare Hippiemusiker.
Dieter Becker am Keyboard
Ägyptisches und argentinisches Flair versprühten die Tänzerinnen von "Harissa". Das Morgenland holten "Sahira" auf die Bühne des Johann-Sebastian-Bach-Saals. Mit einem "Can Can", als Matrosinnen und Bollywood-Schönheiten wickelten die "Danzdeivel" ihr Publikum um den Finger.
Wortwitz und Rhythmusgefühl bewiesen die "Vokal-Holiker". Im Stil der Comedian Harmonists stimmten die akkurat gekleideten Männer bekannte Rock- und Rock'n'Roll-Nummern an. Mit dem Flair einer Ära, in der Gelfrisuren, Lederjacken und Petticoats in Mode waren, endete der Varieté- und Showabend. Musik im Stil der 50er und 60er Jahre spielten "Big Böörnd & His Soundshreckers". Mit Dieter Becker hatten sich die Musiker einen Mann mit "biblischem Alter" als Unterstützung auf die Bühne geholt, wie Moderator Ulrich Zauleck gewohnt schnippisch bemerkte. Ein geschätzter Keyboardspieler mit langjähriger Erfahrung - dieser Zusatz dürfte angemessener sein.
Sie können es noch. Das stand am Ende des vierstündigen Programms fest. Der Kleinkunsttag, dem vor zehn Jahren ein schnelles Ende prophezeit worden war, ist zu einer festen Größe im Köthener Kulturprogramm geworden. Und das zu Recht. "Hier präsentieren Laien ihr Können", bringt die Vereinsvorsitzende Maritta Vetter den Erfolgsfaktor auf den Punkt. Die Akteure von "rondo la kulturo coethen" sind authentisch und bodenständig. Zum Kleinkunsttag stehen die Formationen gemeinsam auf der Bühne. "Die Veranstaltungen sind immer ausverkauft", weiß Vereinsmitglied Ulla Schöbel. Mehr als 200 Gäste waren es auch dieses Mal.
Eine weitere Wette wurde am Samstag erfüllt. "Wetten, dass wir länger überziehen können als Thomas Gottschalk?" Selbstverständlich. Das Programm endete eine Stunde später als geplant. Maßgeblich dafür verantwortlich waren die Showgäste aus Güsten. Übel nehmen konnte es den "Schotten" aber keiner. Mit Schalmeien und Trommeln spielten sie Rock'n'Roll-Nummern und machten selbst vor Samba und griechischer Musik nicht Halt.