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Köthen Köthen: "Förderschulen sind ein Segen"

07.08.2013, 08:53
Edeltraud Krone ist die Vorsitzenden des Elternrates der Hahnemann-Schule
Edeltraud Krone ist die Vorsitzenden des Elternrates der Hahnemann-Schule MZ Lizenz

Köthen/MZ - Ungeachtet aller Richtlinien und Verordnungen gehen die Meinungen darüber, ob lernbehinderte Kinder in Regelschulen unterrichtet werden sollen, auseinander. MZ-Redakteur Claus Blumstengel sprach darüber mit der Vorsitzenden des Schulelternrates der Förderschule Dr. Samuel Hahnemann in Köthen, Edeltraud Krone.

Machen viele Eltern von der Möglichkeit Gebrauch, ihre lernbehinderten Kinder in eine Regelschule zu schicken?

Krone: Der Wechsel in eine Regelschule kommt selten vor. Allerdings werden Schüler nur noch auf Wunsch der Eltern in eine der Förderschule eingeschult. In diesem Jahr sind es an der Hahnemann-Schule gerade mal zwei. Noch vor wenigen Jahren waren es etwa 20.

Sind die Eltern nicht darüber informiert, dass ihre Kinder auch an eine Regelschule wechseln können?

Krone: Doch, diese Möglichkeit gab es schon immer. Aber die meisten Eltern sind realistisch und wollen das ihren Kindern nicht antun. Ich finde, Förderschulen sind ein Segen.

Könnten sie das mal erläutern?

Krone: Wir hatten zum Beispiel unseren Sohn trotz Auffälligkeiten in einer Grundschule angemeldet, weil er eine Chance bekommen sollte. Aber in Mathe wusste er gar nicht, was er da tun sollte. Er hat in diesem ersten Jahr an der Grundschule sehr gelitten, kam immer niedergeschlagen nach Hause. Und dann erziehen ja nicht alle Eltern ihre Kinder zu Toleranz ...

Was haben sie unternommen?

Krone: Wir haben ihn in die Hahnemann-Schule wechseln lassen. Da sind nur acht bis zwölf Kinder in einer Klasse. Lehrer und Schüler haben viel mehr Zeit und er hat schließlich doch die Mal-Folgen gelernt. Er hat diesen Unterricht regelrecht genossen - es sind dort ja alle so langsam wie er. Jetzt kommt unser Sohn in die 9. Klasse und hat fast nur Einsen und Zweien.

In den Grundschulen gibt es doch aber auch Förderlehrer.

Krone: Die haben für jeden Förderschüler zwei Stunden pro Woche zusätzlich, das reicht nicht aus. Und dann sind dort um die 25 Schüler in einer Klasse. Um mit Förderschülern noch unterschiedliche Lerngruppen zu bilden, brauchte man doppelt so viel Räume und Personal.

Absolventen einer Förderschule haftet doch aber irgendwie ein Makel an.

Krone: Das stimmt nicht. Nach der 9. Klasse können sie in einem weiteren Schuljahr an der Sekundarschule „Völkerfreundschaft“ den Hauptschulabschluss machen. Das schaffen fast alle. Und auf dem Abschlusszeugnis steht dann überhaupt nicht „Förderschule“.

Fürchten sie, dass es bald keine Förderschulen und damit keine Wahlmöglichkeit für die Eltern mehr gibt?

Krone: Die Hahnemann-Schule in Köthen ist nicht in Gefahr. Aber einige Förderschulen - zum Beispiel die in Wolfen - sind wegen Schülermangels tatsächlich gefährdet. Eine Wahl für die Eltern wird es trotzdem geben. Ihre lernbehinderten Kinder sind dann nur länger zu ihren Schulen unterwegs.

Ich habe dennoch Angst, dass „Inklusion“ auf dem Rücken der lernbehinderten Kinder stattfindet, dass sie in den Grundschulen auf der Strecke bleiben, weil sie überfordert sind, und dass es dadurch künftig in Deutschland noch mehr Menschen geben wird, die nicht schreiben und rechnen können. Ebenso verstehe ich die Angst der Eltern von Kindern ohne besonderen Förderbedarf, welche befürchten, dass der Unterricht für ihre Kinder nicht auf dem gewohnten Niveau stattfinden kann.