Köthen Köthen: Flammen vernichten das komplette Dachgeschoß
KÖTHEN/MZ. - "Bin ich froh, dass Opa rüber gekommen ist und mich geweckt hat." Fred Mattern ist Dienstagnachmittag der Schreck tüchtig in die Glieder gefahren, als ihn "Opa", so nennt er den Mann, mit dem er sich die Wohnung in der Köthener Augustenstraße teilt, abrupt aus dem Schlaf reißt. Beide können noch rechtzeitig die zweite Etage des Hauses verlassen und müssen dann von der Straße aus zusehen, welches Vernichtungswerk die Flammen im Dachgeschoss nach und nach anrichten.
Es ist 17.18 Uhr, als bei der Rettungsleitstelle die Nachricht über den Wohnhausbrand eintrifft. Ein Nachbar, der schräg gegenüber wohnt, bemerkt die aus dem Dach heraus lodernden Flammen und greift sofort zum Telefon, um die 112 zu wählen. Danach rennt er zum Haus und schreit nach Leibeskräften. "Die dort wohnen, kenne ich seit langem", schildert er der Mitteldeutschen Zeitung. "Opa" jedenfalls hört den Ruf, weckt seinen Kumpel. Wenig später stehen beide in sicherer Entfernung vor dem Haus.
Inzwischen sind die Köthener Feuerwehr und DRK-Rettungsfahrzeuge auf dem Anmarsch. Auch die ersten Schaulustigen haben sich versammelt, ist doch der Rauch schon von weitem aus zusehen. Die Polizei greift ein, lässt nur noch die Rettungsfahrzeuge von der Leopold- in die Augustenstraße einbiegen. Und hat auch sonst jede Menge auf der um diese Zeit viel befahrenen Bundesstraße 185 zu tun. Später, als ein prall gefüllter Löschschlauch auf der Straße liegt und die Autos nur im Schritttempo über eine Brücke darüber hinweg kommen, staut sich der Verkehr zeitweilig in beiden Richtungen.
Nach der ersten Lageerkundung eilen Feuerwehrmänner mit Atemschutzausrüstung nach oben zum Brandherd. Von innen geht es gegen die Flammen, das Tanklöschfahrzeug liefert zunächst das Löschwasser. Immer mehr Dachziegel fliegen herunter auf die Straße, teilweise auch brennende Holzteile der Dachkonstruktion. Letztlich bleiben nur noch die vom Feuer angekohlten Dachbalken übrig. Das Haus, so scheint es, ist vorerst nicht mehr bewohnbar. Zwischenzeitlich macht eine gute Nachricht die Runde: Alle drei Bewohner, die sich im Haus befinden, als das Feuer ausbricht, sind auf der Straße. Verletzt wird niemand.
Was aber ist mit der großen Drehleiter der Köthener Feuerwehr? Sie steht zwar vor dem Haus, wird aber nicht eingesetzt, was viele Schaulustige schon ein wenig verwundert. "Sie hat eine kleine Macke", antwortet Wehrleiter Wolfgang Czech auf die Frage des MZ-Reporters knapp. Er hat in diesem Augenblick keine Zeit für weitere Erklärungen. Fügt aber hinzu: "Dafür haben wir auch die Wehren in Aken und Gröbzig. In solchen Situationen helfen wir uns."
Kurz vor 18 Uhr treffen die Gröbziger Feuerwehrleute mit ihrer W 50-Drehleiter ein. Sie sind aus Richtung Dreiangel zum Brandort gefahren. Kurz darauf biegt das Drehleiterfahrzeug der Akener Wehr von der Leopoldstraße aus ein. Zwei Feuerwehrmänner stehen oben im Korb und bekämpfen mit kräftigem Wasserstrahl die Flammen. Die haben bereits ein wenig auf das Dach des Nachbargebäudes übergriffen. Auch die Merziener Kameraden rücken noch in der Augustenstraße an. Gegen 20 Uhr kann der Einsatz schließlich beendet werden. Eine Brandwache verbleibt vor Ort, um eventuell noch aufglimmende Glutnester zu löschen.
Auch Mitarbeiter der Stadtverwaltung Köthen machen sich ein Bild vom Ausmaß des Brandes. Das Haus gehört der Stadt. "Es ist eine unserer Obdachlosenunterkünfte", teilt Herbert Dölle, Leiter des Ordnungsamtes, mit. Die Bewohner müssen nun anderweitig untergebracht werden. Wie Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander am Abend informiert, werden alle Bewohner vorläufig in der Angerstraße untergebracht. "Das DRK bringt Betten und anderes dorthin, damit die Räume mit dem Nötigsten ausgestattet werden können", sagt Zander.
Was das Feuer im Dachgeschoss ausgelöst hat, ist noch unklar. "Wir können erst am Mittwoch mit der Untersuchung beginnen, im Moment ist es dort oben noch viel zu heiß", teilt ein Polizei-Sprecher auf MZ-Anfrage mit. Der reine Brandschaden wird von der Polizei auf rund 60 000 Euro geschätzt. Der der durch das Löschwasser angerichtete Schaden müsse noch ermittelt werden.
Auch Fred Mattern möchte gern wissen, wie das Feuer ausbrechen konnte. "Ich wohne seit 1994 hier, noch nie ist so etwas passiert", sagt 47-jährige Hartz-IV-Empfänger.