Köthen Köthen: Aus Gast wurde Mitstreiter
KÖTHEN/MZ. - Besucher wie Rando Steffen sind für die "Modellbahnfreunde Altkreis Köthen / Anhalt" ein wahrer Glücksfall. Im vergangenen Jahr schlenderte der Wulfener noch als Gast durch die Räume der Villa Naumann, die sich für zwei Wochenenden in ein Paradies für Modellbahnfans verwandelt hatte. Dieses Mal war der 21-Jährige als Aussteller dabei. "Ich habe damals gesehen, dass sie nach dem gleichen Maßstab bauen wie ich", erzählt Rando Steffen. Und da nicht nur die Spurbreite H 0, sondern auch die Chemie stimmte, war die Gemeinschaft bald um ein Mitglied reicher.
Der Wulfener entdeckte bereits im Alter von sechs Jahren seine Leidenschaft für Eisenbahnen im Miniaturformat. Auf authentische Nachbildungen von Orten und Landschaften legt Rando Steffen großen Wert. "Es muss wirken wie echt", hebt der junge Mann hervor. Inspirieren lässt er sich von Zeichnungen und historischen Fotografien.
Da der Modellbahnfan in seiner Neubauwohnung nicht viel Platz hat, arbeitet er mit Sperrholzplatten, die 1,25 Meter lang und 0,5 Meter breit sind. "Ich sehe die Anlage heute das erste Mal am Stück", erzählte Rando Steffen am Samstag.
Auf handliche Module, die bei Belieben miteinander kombiniert werden können, schwören auch Thomas Hafermalz und Wolfgang Fürderer. Ihre Gemeinschaftsanlage wächst von Jahr zu Jahr. Da die Räume der Villa in der Friedrichstraße derzeit anderweitig belegt sind, mussten sich die Modellbahnfreunde des Altkreises Köthen dieses Jahr nach einer Alternative umsehen. "Wir wollen präsent sein", betont Wolfgang Fürderer. Das Peus-Haus in der Dr.-Krause-Straße war die Rettung. Aus Platzgründen konnten allerdings nicht alle Teile der Gemeinschaftsanlage gezeigt werden. Dem Ambiente tat dies keinen Abbruch.
Wolfgang Fürderer beweist, dass der Ideenreichtum von Modellbahnfans nahezu unerschöpflich ist. Die Strecke von Köthen nach Radegast, wie sie die Menschen der 30er Jahre kannten, hat der Köthener anhand historischer Gleispläne bereits nachgebaut. Nun plant er - angelehnt an die Eisenbahn-Ära der 80er Jahre - eine zweigleisige elektrische Anlage. Maßstabsgerechte Entwürfe auf Papier sind nötig, um dabei so authentisch wie möglich zu arbeiten.
"Es werden exakte Zeichnungen angefertigt", macht Wolfgang Fürderer deutlich. Vom ersten Entwurf bis zur fertigen Konstruktion können durchaus fünf bis zehn Jahre vergehen. Immerhin haben die Modellbahnfreunde hohe Ansprüche, wenn es um ihre Anlagen geht. "Das Gesamtbild muss stimmen", betont Wolfgang Fürderer. Billige Plastikbäume kommen für ihn ebenso wenig in Frage wie für Rando Steffen. Kaum verwunderlich also, dass neben neuen Lokomotiven auch hochwertige Landschaftselemente auf den weihnachtlichen Wunschzetteln vieler Modellbahnfans stehen.
Christian Fischer muss nach Hamburg fahren, um sich seinen großen Traum zu erfüllen. Einen Abstecher zum dortigen Miniatur-Wunderland plant der junge Mann schon seit einigen Jahren. Vom "Modellbahn-Virus" wurde er bereits als Säugling infiziert. Das jedenfalls ist seine Erklärung für die grenzenlose Faszination. Kürzlich hat Christian Fischer mit einem Gleichgesinnten eine sanierungsbedürftige TT-Anlage in Schuss gebracht. Zahlreiche Arbeitsstunden waren nötig, um die Gleise des "Kellerkindes" von Rost zu befreien.
"Der Charme der Anlage sollte erhalten bleiben", erklärt der junge Mann. Deshalb kehrten alle Elemente nach der Sanierung an ihren angestammten Platz zurück. Die Platte steht nun zum Verkauf. Der Erlös fließt in ein neues Großprojekt. Den Eindruck, dass Modellbahnfans nie rasten, erweckt auch André Franck. Seit einigen Jahren tüftelt der Köthener an seiner Anlage. Bei genauem Hinsehen konnten die Besucher der Ausstellung sogar Graffitis an Häuserwänden und Zügen erkennen. Neben stillgelegten Gleisanlagen zeugen auch Parkhaus und Nachtclub von der angestrebten Authentizität.
Mit den Besucherzahlen der vergangenen Jahre ist André Franck äußerst zufrieden. Was sich der Modellbahnfreund allerdings wünscht, sind Gäste wie Rando Steffen. Immerhin bereichert jedes neue Mitglied die Gemeinschaft.