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Köthen Köthen: Anhalt-Bitterfeld liegt in Angriffsposition

Von MATTHIAS BARTL 23.11.2010, 18:19

KÖTHEN/MZ. - Uwe Schulze hat mit Lorbeeren nichts im Sinn. Jedenfalls nicht, wenn es um die Wirtschaft geht. Da nimmt er aktuelle Stände eher als Startplatz für künftige, noch bessere Platzierungen wahr. Insofern freut den Landrat von Anhalt-Bitterfeld zwar, dass der Landkreis im Zukunftsatlas der Prognos AG den dritten Platz in Sachsen-Anhalt erreicht hat, aber er leitet daraus schon den nächsten Anspruch ab: "Jetzt wollen wir die überholen, die in Sachsen-Anhalt vor uns liegen. Und dann sehen wir weiter." In Sachsen-Anhalt sind das der Bördekreis und Magdeburg - und weiter: Da hat ABI, bundesweit gesehen, noch allerhand Gebietskörperschaften vor sich. Der Landkreis rangiert im Zukunftsatlas auf dem 351. Platz von insgesamt 412 Kreisen und kreisfreien Städten. Status: mit Zukunftsrisiken behaftet.

Die Prognos AG wurde im Jahr 1959 als eine Ausgründung der Universität Basel ins Leben gerufen. Von Anfang an war Prognos stark auf deutsche Beratungsbedürfnisse ausgerichtet. Alle drei Jahre legt Prognos einen Zukunftsatlas für Deutschland vor. Dieser analysiert aus 29 Indikatoren aus den Bereichen "Demografie", "Arbeitsmarkt", "Soziale Lage & Wohlstand" sowie "Wettbewerb & Innovation" den Ist-Zustand (Kategorie: Stärke) und sich verändernde Kriterien (Kategorie: Dynamik) und bildet daraus den Zukunftsindex.

Im Fall von Anhalt-Bitterfeld ist der Vergleich mit zurückliegenden Jahren schlechterdings nur schwierig möglich. Der Landkreis existiert erst seit 2007 - die jetzige Bewertung ist somit seine erste. Dass der Landrat das Tableau mit Interesse beobachtet und es als Nachweis für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik betrachtet, ist verständlich. Und hat weniger mit dem 351. Platz im Gesamtranking zu tun, sondern mit anderen Platzierungen.

In punkto Dynamik etwa hat ABI den 112. Platz bundesweit erobern

können. Zum Vergleich: Magdeburg steht auf dem 65. Platz, der Burgenlandkreis auf Rang 288, Dessau auf 357, Halle auf 365 und Mansfeld-Südharz auf 405. Noch besser steht Anhalt-Bitterfeld da, wenn es um den Themenbereich "Wettbewerb und Innovation"

geht. Da ist keine Region in Sachsen-Anhalt besser, der 63. Platz ist auch im bundesdeutschen Maßstab aller Ehren wert. Zum Vergleich im Land: Nächstfolgender Kreis ist der Burgenlandkreis auf Rang 286, gefolgt vom Bördekreis (300). Magdeburg (322), Dessau (357) und Halle (409) sind da weit abgeschlagen. "An diesen guten Ergebnisse hinsichtlich der Dynamik und der Innovation haben viele ihren Anteil", bewertet der Landrat die Ergebnisse. Ihm sei Kenntnis geworden von Veröffentlichungen, die die guten Bitterfelder Platzierungen einzig auf dem Vorhandensein des Chemieparks gründen. "Der Chemiepark ist natürlich sehr wichtig für uns", bestätigt Schulze, "es zeugt aber von einer eingeschränkten Sicht auf die Realität, ihn als unseren einzigen Zukunftsfaktor zu benennen." Anhalt-Bitterfeld habe noch viele weitere Wirtschaftsfelder bestellt: die Solarindustrie nicht zu vergessen, die Logistik, die mittelständischen Firmen in Zerbst, Kesselbau und Kranbau in Köthen, die Akener und Weißandt-Gölzauer Unternehmen. "Und wenn wir von Dynamik und Innovation reden", so der Landrat, "dann darf man zwei wichtige Faktoren nicht vergessen: die Hochschule Anhalt und die Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises." Beide hätten an wichtigen Stellen dazu beigetragen, dass der Landkreis in der Prognos-Analyse gut dastünde.

Allerdings gibt es auch Bereiche, die von Prognos untersucht wurden, in denen Anhalt-Bitterfeld nicht nur nicht glänzt, sondern unübersehbar auch innerhalb des Landes Nachholbedarf hat. Dramatisch schlecht beispielsweise steht man zwischen Fläming und Fuhne in Sachen Demografie da: Mit Platz 403 ist man allerdings nicht mal Schlusslicht in Sachsen-Anhalt, da folgen noch Wittenberg (407) und Mansfeld-Südharz (411). Nach der aktuellen Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes wird Anhalt-Bitterfeld bis zum Jahr 2025 genau 21 Prozent weniger Einwohner haben als noch heute. Und nicht nur das: Gleichzeitig steigt der Anteil der Einwohner, die älter sind als 65 Jahre von 24,5 Prozent im Jahr 2008 auf 32,2 Prozent und der Anteil der Erwerbsfähigen (20-65 Jahre) fällt von 61 auf 53,2 Prozent. Das ist ein Trend, der den von Prognos erteilten Status "Zukunftsrisiken" in drastischer Weise flankiert.