Köthen Köthen: Abschied von «ihrem» Servicecenter
KÖTHEN/MZ. - Donnerstagabend wird Gerda Kemsies wie immer die Tür zum MZ-Servicecenter am Köthener Marktplatz abschließen. Das hat sie jahrelang gemacht. Möglicherweise rollen ihr aber am Donnerstag einige Tränen übers Gesicht. Denn sie schließt zum definitiv letzten Mal die Tür zu, um danach in den Ruhestand zu treten.
Der Abschied fällt der Köthenerin nicht leicht. "Ich verlasse mein Servicecenter", sagt sie und legt die Betonung auf "mein". Schließlich habe sie es im Jahr 1990 mit aufgebaut, war die erste Mitarbeiterin der Köthener Geschäftsstelle des Verlages der Mitteldeutschen Zeitung. 21 Jahre hat sie hier als Verlagsangestellte gearbeitet, ist mit den Aufgaben gewachsen und mit "ihrem Servicecenter" besonders eng verbunden. Dass sie jetzt gehe, tue ihr in der Seele weh. Und wehmütig verabschiedet sie sich von ihren Kollegen. "Wir haben uns immer gut verstanden."
Beruflich kommt Gerda Kemsies aus einem völlig anderen Metier. Sie hat Zierpflanzengärtnerin gelernt. Der Lehre schließt sich ein Studium in Dresden an, das sie als Zierpflanzeningenieurin beendet. Ihr wird danach angeboten, die Leitung des Köthener Friedhofes zu übernehmen. Das will sie nicht. "Es war mit der Bedingung verknüpft, dass ich in einem Haus auf dem Friedhof wohnen sollte, um dort immer abrufbar zu sein", erzählt sie. Doch ihre Familie hat bereits ein Haus und will es nicht aufgeben.
So ist sie mehrere Jahre als Sachbearbeiterin in verschiedenen Abteilungen des damaligen VEB Stadt- und Gemeindewirtschaft tätig,
Wie so viele andere Menschen, ereilt auch Gerda Kemsies bereits im Jahr 1990 das Schicksal der Arbeitslosigkeit. Doch sie hat Glück, erhält im Oktober 1990 die Chance, im Verlag der Mitteldeutschen Zeitung zu arbeiten. Und kniet sich in ihren neuen Job hinein. Anzeigenwerbung ist für sie ansolutes Neuland. Das theoretische und praktische Rüstzeug holt sie sich in der Geschäftsstelle in Halle. Dann ist sie in Köthen auf sich allein gestellt, beginnt, die Geschäftsstelle in der heutigen Dr.-Krause-Straße einzurichten., mit denkbar ungünstigen Voraussetzungen. "Ohne Telefon, ohne Registrierkasse, ohne Kopierer und ohne PC. Einen Ofen habe ich im Winter noch selbst beheizt", blickt sie auf die Anfänge zurück.
Die Anzeigentexte von Privatkunden werden in dieser Zeit noch per Hand in ein Formular eingetragen und über den Kurier zum Verlagshaus nach Halle zum Druck geschickt. Traueranzeigen mit dringenden Terminen müssen in der ersten Etage in der Lokalredaktion telefonisch durchgegeben werden.
Es dauert nicht lange, und bald halten auch im MZ-Verlag moderne Kommunikationstechnik und Computer Einzug. "Die Umstellung vom Handmanuskript zur Computerarbeit fiel mir schwer. Ich hatte Angst vor dieser unbekannten Technik", räumt Gerda Kemsies ein. Heute habe sie keine Probleme mehr. Trauer- und Kleinanzeigen werden per Computer gestaltet, der Kunde habe die Möglichkeit, seine Wünsche mit einzubringen.
Anfangs ist Gerda Kemsies sowohl für Privat- als auch Gerwerbekunden zuständig. Sie erlebt in den ersten Jahren nach der Wende eine rasante Entwicklung. "Immer mehr Gewerbetreibende versuchten, ihr Geschäft durch Werbung anzukurbeln. Das Aufkommen der Gewerbeanzeigen war kaum noch zu bewältigen. Das war die Geburtsstunde unserer Mediaberater", schildert sie. Für alle Mitarbeiter reicht der kleine Raum der Anzeigenannahme nicht mehr aus. Weitere Räume werden bezogen. Mitte der 90er Jahre zieht das komplette MZ-Team in das Gebäude Neustädter Platz 1 um. Ende Januar 2001 folgt der Umzug in das jetzige Domizil am Buttermarkt 1.
Auch der Arbeitsumfang nimmt in den Jahren zu. "Erst war es nur die Annahme von Anzeigen. Heute sind wir wirklich ein echtes Servicecenter", betont Gerda Kemsies. Buchverkauf, Annahme und Service rund um das Abonnement der MZ, Beratung zu den Leser-Reisen, der Verkauf von Veranstaltungstickets, all das gehöre dazu.
"Meine Arbeit war nie langweilig. Ich hatte jeden Tag mit anderen Menschen und ihren verschiedensten Anliegen zu tun. Das hat den besonderen Reiz ausgemacht. Ich danke allen Chefs, Mitarbeitern und alen meinen Kunden für die gemeinsame Zeit", resümiert Gerda Kemsies.