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Kampf um eine Tanne Kampf um eine Tanne: Heinz Schröder aus Radegast soll 25 Jahre alten Baum fällen - und weigert sich

Von Helmut Dawal 10.10.2018, 05:00
Man könnte meinen, diese stattliche Tanne gehört zu dem Grundstück des danebenstehenden Hauses. Doch der Schein trügt. Die Tanne steht auf dem Gelände der Radegaster Kleingartenanlage. Der Vorstand möchte, dass der Baum bis zum Jahresende gefällt wird.
Man könnte meinen, diese stattliche Tanne gehört zu dem Grundstück des danebenstehenden Hauses. Doch der Schein trügt. Die Tanne steht auf dem Gelände der Radegaster Kleingartenanlage. Der Vorstand möchte, dass der Baum bis zum Jahresende gefällt wird. Helmut Dawal

Radegast - Heinz Schröder hat sich entschlossen, seinen Kleingarten in der Radegaster Gartensparte „Franz Ebert“ aufzugeben. „Ich bin jetzt 83 Jahre alt. Es wird mir langsam zu viel, zumal ich ja auch hinter meinem Wohnhaus noch einen Garten habe“, erzählte der frühere Bergmann. Schröder kündigte also rechtzeitig im Juli den Pachtvertrag zum Jahresende.

Der Vereinsvorstand bestätigte die Kündigung, knüpfte an sie aber eine Bedingung. „Der Pachtvertrag endet am 31.12. 2018. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Sie die Tanne, die wenige Meter von Ihrem Grundstück bzw. Haus entfernt steht, auf Ihre Kosten fällen lassen. Wir sichern uns hiermit nur ab, dass eventuell bei einem Sturm die Tanne entwurzelt werden kann und Schaden an Ihrem Haus verursacht, wo Sie uns dann Schadensersatzansprüche geltend machen könnten“, heißt es im Schreiben des Vorstandes.

Heinz Schröder freilich will nicht, dass der Baum der Kettensäge zum Opfer fällt. Er sieht keinen vernünftigen Grund dafür. Denn die Parzelle 88, die er bislang bewirtschaftete und auf der sich die Tanne befindet, dürfte kaum wieder einen Nutzer finden. Was am Grundriss der Parzelle liegt. Sie ist zwischen sieben und acht Metern breit, ist das, was man volkstümlich ein langes Handtuch bezeichnet, wo einer Gartengestaltung Grenzen gesetzt sind.

„Es täte mir sehr weh, sollte sie gefällt werden“

Dass Heinz Schröder im Jahr 1980 diesen Garten dennoch zur Bewirtschaftung übernahm, lag daran, dass sein Grundstück direkt an die Parzelle 88 angrenzt. „Und diese Parzelle war damals völlig verwahrlost. Diesen Anblick wollte ich nicht mehr ertragen und bin der Gartensparte beigetreten“, blickte der Radegaster zurück. Heinz Schröder brachte Ordnung in die Parzelle, gestaltete sie ansehnlich - und pflanzte vor 25 Jahren die Tanne, die zu einem schönen Baum herangewachsen ist. „Wenn man nach Radegast reinfährt, ist diese Tanne ein Hingucker. Es täte mir sehr weh, sollte sie gefällt werden.“

Schröder unternahm zwei Versuche, sich mit dem Vereinsvorstand in Sachen Tanne zu einigen. Er erklärte sich bereit, die Parzelle dem Kleingartenverein abzukaufen. „Das wurde vom Vorstand abgelehnt“, berichtete Heinz Schröder. Dann habe er eine Vereinbarung entworfen, die zwischen ihm und dem Gartenverein abgeschlossen werden sollte.

Heinz Schröder hat inzwischen die Parzelle 88 weitgehend beräumt

„Wenn mit dem Baum etwas passiert, wenn er also gegen mein Haus stürzen sollte, dann würde ich selber für den Schaden aufkommen. Das sollte der Inhalt dieser Vereinbarung sein. Aber auch da führte kein Weg rein.“

Heinz Schröder hat inzwischen die Parzelle 88 weitgehend beräumt, Gehwegplatten, die er einst verlegt hat, herausgenommen. Einer neuen Nutzung ab dem nächsten Jahr steht nichts im Wege. Aber angesichts der Tatsache, dass in der Radegaster Gartenanlage die Hälfte aller Parzellen nicht mehr genutzt wird, glaubt er nicht, dass sich für Parzelle 88 jemand finden wird. „Die wird verwildern.“ Und er hofft, dass sich der Vorstand das mit dem Fällen der Tanne nochmal überlegt. Die MZ hat mehrfach versucht, mit dem Vereinsvorsitzenden zu sprechen, allerdings vergeblich. (mz)