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Süße Expertise Jean Titze leitet das Süßwarenlabor an der Hochschule Anhalt in Köthen

Jean Titze, Leiter des Süßwarenlabors, gibt einen Einblick in die heiligen Hallen und zeigt, worauf man beim Kauf von Süßigkeiten achten sollte.

Von Jessica Vogts 25.12.2021, 12:00
Seit 2021 ist  Jean Titze neuer Prüfbevollmächtigter   für die Qualitätsprüfung von Süßwaren.
Seit 2021 ist Jean Titze neuer Prüfbevollmächtigter für die Qualitätsprüfung von Süßwaren. (Foto: Hochschule Anhalt)

Köthen/MZ - Es ist wohl der Traum eines jeden Kindes: Den ganzen Tag Süßigkeiten in allen Farben und Formen essen. Jean Titze lebt diesen Kindheitstraum - aber im Dienste der Wissenschaft. Er leitet das Süßwarenlabor der Hochschule Anhalt. Von außen ist es als solches zunächst nicht erkennbar.

Es versteckt sich inmitten einer großen Fabrikhalle, in der obersten Etage. Es ist recht klein, bietet aber genug Platz für zahlreiche Experimente. Hier wird an der Konsistenz von Gummibärchen getüftelt oder etwa Lebkuchen nach Farbe und Form bewertet. Und eins weiß Titze sicher: „Süßwaren mag jeder, jeder kann sie konsumieren und sie erhöhen die Lebensqualität.“

Im Oktober ist Titze als neuer Prüfbevollmächtigter beid er DLG berufen worden

Die Zahl 21, oder besser gesagt das Jahr 2021, hat für ihn eine besondere Bedeutung. Im Oktober ist Titze als neuer Prüfbevollmächtigter für die Qualitätsprüfung bei der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) berufen worden. Und was prüft er? Natürlich Süßwaren. Und zwar vor allem die, die wir täglich im Handel kaufen - ganz gleich ob Gummibärchen, Fondantprodukte oder Schokolade. „Die objektive Qualität muss stimmen“, erklärt der Professor. Gemeinsam mit Studenten hat er in der Vergangenheit etwa Karamellbonbons und Lakritzbärchen untersucht.

„Die kauft man so im Laden. Die schmecken auch zweifelsohne. Das Problem: Es sind gar keine Bären als solche erkennbar“, erklärt Titze. Und er weiß, der Verbraucher entscheidet zu 70 Prozent wegen der Optik. Bei den Karamellbonbons sticht ihm direkt ein weiterer Fehler ins Auge: Die Bonbons bleiben am Papier kleben. „Sie ziehen zu viel Wasser “, erklärt er die Ursache. Getestet wird immer von außen nach innen, das sei ganz entscheidend. Und er macht klar, dass das nichts mit einer Nascherei zwischendurch zu tun hat. „Es ist keine Laienverkostung“, so Titze.

„Ohne Gelatine ist das Mundgefühl schon anders“

Alle Fehler werden genaustens notiert und an den Händler weitergegeben. Im Rahmen der Vorlesung „Qualitätsprüfung“ können sich auch seine Studenten in dem Süßwarenlabor austoben. Die 23-jährige Melina Krause studiert Lebensmitteltechnologie im fünften Semester. In ihrer Projektarbeit hat sie versucht, vegane Fruchtgummis, also ohne Gelatine, mit angenehmer Konsistenz herzustellen.

Einmal mit und einmal ohne Gelatine: Klosterbier-Gummibärchen
Einmal mit und einmal ohne Gelatine: Klosterbier-Gummibärchen
(Foto: Vogts)

„Ohne Gelatine ist das Mundgefühl schon anders. Die Elastizität geht verloren“, erklärt Titze die Schwierigkeit dahinter. Für die typisch braune Farbe wurde Karamellzuckersirup verwendet. Faktisch müssten sie also auch nach Karamell schmecken, oder? Beim Test vor Ort bekommt man zumindest kurz den Eindruck, doch der täuscht. „Für den Geschmack der Fruchtgummis wurde Klosterbier verwendet“, erklärt er.

Unser Gehirn lässt sich, zumindest was den Geschmack angeht, täuschen

Kurz vor Weihnachten ging er mit seinen Studenten folgender Frage auf den Grund: „Was ist, wenn Farbe und Geschmack nicht zusammenpassen?“, wollte er wissen. Die Antwort ist laut dem Professor recht simpel: Der Verbraucher fühlt sich verschaukelt und kauft das Produkt nicht mehr. „Vor Jahren gab es einmal grünen Ketchup zu kaufen. Das war ein totaler Flop. Das funktioniert vielleicht noch an Halloween. Aber grüne Tomaten sind prinzipiell ja unreif, deswegen möchte auch keiner grünen Ketchup haben“, erklärt er.

Eine Studentin füllt die Gummibärenmasse in eine Vorrichtung.
Eine Studentin füllt die Gummibärenmasse in eine Vorrichtung.
(Foto: Vogts)

Unser Gehirn lässt sich, zumindest was den Geschmack angeht, täuschen. Die Studenten haben im Süßwarenlabor gelbe und rote Gummibären hergestellt. Beim Geschmackstest ergibt sich aber kein Frucht-, sondern Kokos-Geschmack!