Hochwasser im Wulfener Bruch Hochwasser im Wulfener Bruch: Erschöpfte Rinder werden gerettet

Wulfen/MZ - Das Drama um eine Herde von Heckrindern, die zwischen Wulfen und Diebzig von den Saalefluten überrascht wurde und tagelang im Wasser ausharren musste (die MZ berichtete), hat am Freitag ein Ende gefunden - allerdings kein besonders glückliches. Von den 13 Tieren konnten acht lebend geborgen werden. Für fünf weitere Heckrinder, darunter zwei Kälber, kam die Hilfe zu spät.
Die 13-köpfige Herde gehört zum Bestand der Primigenius gGmbH im Rahmen eines Beweidungsprojektes am Standort Wulfener Bruch. Während die anderen Heckrinder von zahlreichen Helfern aus der Umgebung schon am Mittwoch aus dem rasch zunehmenden Wasser getrieben werden konnten, befanden sich die 13 Rinder weit weg von der Straße nördlich des tiefen Landgrabens. Für Helfer war es nicht möglich, sie dort wegzutreiben - zum einen, weil der Leitbulle der Herde noch aggressiv war , und zum anderen, weil die Gefahr bestand, dass die Tiere es nicht schaffen, die lange Strecke bis zum Ufer durchzuschwimmen. Da die Tiere auf einer Erhöhung standen, wurde beschlossen, sie erst einmal dort zu lassen und zu beobachten. Es wurde gehofft, dass das Wasser zurückgeht.
Diese Hoffnung wurde enttäuscht. Die Lage der eingeschlossenen Rinder wurde immer prekärer. Durch das lange Ausharren im Wasser waren die Tiere stark unterkühlt. Sie standen unter Stress und haben kaum etwas gefressen. Dieses traurige Bild bot sich Lothar Huth vom Ordnungsamt der Einheitsgemeinde Osternienburger Land, als er am Donnerstagabend mit Begleitern in einem Boot zu den Rindern hinausfuhr. Da es bereits spät war, konnte an diesem Tag nichts mehr unternommen werden. Es war aber klar, dass nur eine schnelle Bergung den Tieren ein jammervolles Ende ersparen kann. Noch einen Tag zu warten war nicht möglich.
So startete am Freitagvormittag eine Rettungsaktion, an der das Technische Hilfswerk, die Wasserwacht, Primigenius-Leute und freiwillige Helfer aus der Umgebung, vor allem aus Diebzig, teilnahmen, denen das Schicksal der Tiere nicht gleichgültig war. Mit vier Booten ging es hinaus zu der Herde. Es wurde beschlossen, die Rinder auf dem kürzesten Weg zur Straße Wulfen-Diebzig zu bringen. Sie zu treiben war nicht mehr möglich, da die Tiere total erschöpft waren. Einige trieben bereits tot im Wasser.
Also schleppten die Boote die Heckrinder eines nach dem anderen an die Straße, die allerdings auch ziemlich tief unter Wasser steht. Tiere, die noch stehen konnten, wurden an die Straßenbäume angebunden, bei den anderen mussten die Helfer die Köpfe über dem Wasser halten, damit sie nicht im letzten Augenblick ertrinken.
Der Diebziger Christoph Butzmann von der Agrargenossenschaft Wulfen spielte im Finale der Rettungsaktion eine entscheidende Rolle. Er holte mit seinem Traktor aus Drosa schnell einen Vieh-Hänger, um die Rinder in Richtung Diebzig abzutransportieren - auf einen Straßenabschnitt, der auf einer Anhöhe liegt und deshalb trocken ist.
Eines nach dem anderen wurden die Heckrinder aus dem Wasser gebracht, was die Helfer viel Kraft gekostet hat. Wären die sehr scheuen Rinder bei voller Kraft, hätte man sie auf diese Weise nie auf den Hänger verladen können. Doch erschöpft durch die Strapazen, waren sie zu keinem Widerstand mehr fähig. Einige konnten nicht einmal mehr stehen und mussten vorsichtig aus dem Hänger halb gezogen, halb getragen werden.
Nun standen sie oder lagen da auf dem Asphalt und zitterten vor Kälte. Bei einer Kuh tropfte es aus den Zitzen weiß auf die die schwarze Asphalt-Decke: Es war Milch. Die Kuh war das Muttertier eines der Kälbchen, die in den Fluten ertrunken sind. Werden die geretteten Tiere überleben? Am Freitagabend rief Lothar Huth von Diebzig aus bei der MZ an und teilte den neuesten Stand mit. „Eine Tierärztin hat sie versorgt, nun soll sich ihr Zustand ein wenig stabilisieren“, sagte er. „Dann werden sie zur Domäne Bobbe gebracht, wo sie sich von den Strapazen erholen können.“