Gnadenhochzeit in Köthen Gnadenhochzeit in Köthen: Ein seltenes Jubiläum

köthen - Welches Jubiläum als nächstes ansteht, darüber hat sich Fritz Lärm schon vor fünf Jahren informiert. Damals blickten er und seine Frau auf 65 Ehejahre zurück - und feierten damit Eiserne Hochzeit. Jetzt sind es 70 Jahre. Die sogenannte Gnadenhochzeit.
Täglich kleine Wege erledigen
Was die beiden seitdem gemacht haben? Rentnerleben, bringt es der 91-jährige Fritz Lärm auf den Punkt. Und das heißt? Er geht in der Woche jeden Tag in die Stadt, erledigt kleine Wege. „Ich habe auch noch ein Stück Garten“, sagt er. Da wachsen ein paar Blumen. Astern, Gladiolen, Narzissen, Tulpen. Und drei Tannen. „Die haben wir mal aus dem Urlaub mitgebracht“, sagt Johanna Lärm.
Zur Eisernen Hochzeit war die heute 91-Jährige noch gut zu Fuß. Das ist nun nicht mehr so. Muss sie heute einen Weg erledigen, lässt sie sich mit dem Taxi abholen. Ihr Körper - und vor allem ihr Rücken - machen nicht mehr so mit. Ihren Humor und ihre Lebensfreude hat die Seniorin dennoch nicht verloren.
Gemeinsames Putzen
Einmal in der Woche kommt ihre Tochter vorbei. Zum Erzählen. Elke Noack wohnt auch in Köthen, telefoniert jeden Tag mit ihren Eltern. Sie würde ihnen gern auch mal zur Hand gehen. Das ist aber gar nicht nötig. Denn das Ehepaar macht seine Wohnung selbst sauber. Zusammen. Und das jeden Tag. Das gehört einfach dazu, finden die beiden. Sie wohnen seit 1960 in einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung unweit der Fasanerie.
Kennengelernt hat sich das Paar übrigens auf dem Weg ins Kino in Radegast. Sie lebten damals in Gnetsch beziehungsweise Weißandt-Gölzau. Und Radegast war sozusagen ein kultureller Anziehungspunkt. Wenige Monate später - am 24. Februar 1946 - haben Fritz Lärm und Johanna Mandler geheiratet. Im August kam ihre Tochter zur Welt, 1951 dann ihr Sohn.
Enkel großgezogen
Gute, aber auch schlechte Zeiten haben die beiden seitdem durchgemacht. Als ihre eigenen Kinder bereits aus dem Haus und sie schon Großeltern waren, starben Sohn Frank und dessen Frau bei einem Verkehrsunfall. Ihre sechs und zehn Jahre alten Söhne überlebten. Die Großeltern nahmen die Jungs zu sich. Und fingen mit der Kindererziehung noch mal neu an. Keine leichte Zeit.
Doch nun zurück zum Rentnerleben. Was noch dazu gehört? Kreuzworträtsel. Zumindest für Fritz Lärm. „Das interessiert mich nicht so“, sagt dagegen seine Frau. Sie sehe lieber fern. Am liebsten die Polizeisendungen am Nachmittag. Die guckt sich auch Fritz Lärm gern an.
Gnadenhochzeiten sind wirklich seltene Ehejubiläen. Immerhin müssen Paare dazu 70 Jahre verheiratet sein. Fritz und Johanna Lärm sind - nach Angaben der Stadt - seit drei Jahren das erste Ehepaar in Köthen, das dieses Jubiläum feiert. Gratuliert haben Alexander Frolow, amtierender Oberbürgermeister von Köthen, und Anja Krämer, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Anhalt-Bitterfeld.
Der Gnadenhochzeit folgt übrigens die Kronjuwelenhochzeit. Sie wird nach 75 Ehejahren gefeiert. In den meisten Listen mit Ehejubiläen ist an dieser Stelle dann Schluss. Einige gehen aber noch weiter: Wer 80 Jahre verheiratet ist, feiert demnach die Eichenhochzeit. Nach 85 Jahren folgt die Engelhochzeit. Auch für 100 Ehejahre gibt es noch einen Namen. Sie wird Himmelhochzeit genannt.
Früher hat er Fußball gespielt. Und zwar in Weißandt-Gölzau. „Früher waren die klasse“, sagt er. Heute guckt er in der Zeitung, wie die Mannschaft gespielt hat. Johanna Lärm hat mal gestrickt - neben Socken auch Schlaghosen. „Die waren damals sehr modern“, erinnert sich ihre Tochter.
Gearbeitet hat Johanna Lärm als Kindergärtnerin, zeitweise auch in der Säuglingsfürsorge im Krankenhaus. „Das hat Spaß gemacht“, sagt sie. Fritz Lärm war Dreher in Weißandt-Gölzau. Das Ehepaar hat heute eine Tochter, vier Enkel und drei Urenkel. (mz)